Ausgebrannt

Mit vollem Engagement stürzte sich Polat Maklunson in seine Traumposition und schlitterte auf direktem Weg in den Albtraum Burnout. In einem persönlichen Erfahrungsbericht schildert er, wie er in der neuen Führungsposition sein Team einerseits zu Erfolgen und verbesserter Leistung führen konnte, sich andererseits aber in Konflikten mit seinen Vorgesetzten aufrieb, die keine Veränderungen wollten. Ohne es bewusst zu bemerken, durchlief er alle Phasen eines Burnouts, bis nur noch die Notbremse half. Danach begann er beruflich wie privat einen Neustart seines Lebens. Er beschreibt konkret die Konsequenzen, die er für seinen Arbeitsstil, seine persönliche Prioritätensetzung und seine Lebensweise aus diesen Erfahrungen zog.

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Ausgebrannt

Mit vollem Engagement stürzte sich Polat Maklunson in seine Traumposition und schlitterte auf direktem Weg in den Albtraum Burnout. In einem persönlichen Erfahrungsbericht schildert er, wie er in der neuen Führungsposition sein Team einerseits zu Erfolgen und verbesserter Leistung führen konnte, sich andererseits aber in Konflikten mit seinen Vorgesetzten aufrieb, die keine Veränderungen wollten. Ohne es bewusst zu bemerken, durchlief er alle Phasen eines Burnouts, bis nur noch die Notbremse half. Danach begann er beruflich wie privat einen Neustart seines Lebens. Er beschreibt konkret die Konsequenzen, die er für seinen Arbeitsstil, seine persönliche Prioritätensetzung und seine Lebensweise aus diesen Erfahrungen zog.

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Vorbemerkung des Autors

Mein Name ist nicht Polat Maklunson, aber ich habe alles, was ich hier erzähle, selbst erlebt. Aus Ihnen hoffentlich leicht nachvollziehbaren Gründen nehme ich das Recht auf Anonymität für mich in Anspruch. Den Namen "Polat Maklunson" habe ich frei erfunden. Auch die Rahmenbedingungen meiner Geschichte habe ich so verändert, dass keine Rückschlüsse auf mich möglich sind. Sollten dabei ohne meine Absicht Ähnlichkeiten mit anderen Personen oder Situationen entstanden sein, so sind diese rein zufälliger Natur und ausschließlich dadurch bedingt, dass Burnout weiter verbreitet ist, als viele denken. Die Ereignisse liegen nun schon einige Zeit zurück, aber erst jetzt bin ich in der Lage, darüber zu reden bzw. zu schreiben, so gravierend war dieser Einschnitt in meinem Leben.

Blackout am helllichten Tag

Ich zog meine Laufschuhe an, um morgens vor der Arbeit zu laufen. In der Nähe meines Büros gab es eine wunderbare Strecke in der Natur, die ich gerne und oft lief.

Ich hatte mir zum Ziel gesetzt, bei einem Marathon mitzulaufen. Heute stand ein lockerer 90-Minuten-Lauf auf dem Programm. Ich startete um 7 Uhr auf der mir bestens bekannten Strecke. Nach 45 Minuten piepste meine Pulsuhr zur Halbzeit. Ich blieb stehen, schaute mich um und wusste plötzlich nicht mehr, wo ich war. Ich hatte einen vollständigen Blackout und war orientierungslos. Verwirrt fragte ich mich: "Wie komme ich jetzt zurück?" Vor allem aber: "Wohin muss ich überhaupt zurück?" Die einzige Lösung, die mir einfiel, war, einfach umzudrehen und den Weg, auf dem ich mich gerade befand, zurückzulaufen. Ich hoffte, mich entweder wieder an einen Orientierungspunkt erinnern zu können oder zumindest an den Ausgangspunkt zurückzukommen, vorausgesetzt natürlich, dass ich keine Abzweigung genommen hatte.

Beim Zurücklaufen begann ich, an meinem Verstand zu zweifeln. Fing so Demenz an? Zum Glück fand ich den Weg zurück und als ich mich dem Bürogebäude näherte, erinnerte ich mich auch wieder daran, dass dort mein Arbeitsplatz war. Den ganzen Tag über war ich sehr schweigsam und grübelte über dieses Erlebnis nach.

Natürlich erzählte ich niemandem davon. Ich war 42, körperlich fit, Single, verdiente gut und hatte eine Führungsposition. Der Job machte mir Spaß, abgesehen vom beständigen Ärger mit meinem Vorgesetzten. Dieser ließ mich regelmäßig spüren, dass mein Aufgabengebiet nur eine für das Unternehmen unbedeutende Nische war. Zudem mussten aufgrund einer Krise viele Mitarbeiter entlassen werden und einige Kündigungsrunden standen an. Da ich neu im Unternehmen war, beunruhigte mich dies zwar etwas, ich war mir jedoch sicher, dass ich im Falle einer Entlassung mit meinen Qualifikationen jederzeit eine neue Anstellung finden könnte. Aus meiner Sicht gab es also nichts, worüber ich mir ernsthaft Sorgen hätte machen müssen. Oder doch?

Der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte

Am nächsten Tag kam mein Vorgesetzter zu mir und forderte mich auf, den Vertrag eines Freiberuflers in meinem Team nicht zu verlängern. Nun handelte es sich aber bei diesem Teammitglied um einen besonderen Fall. Er litt an einer chronischen Krankheit, die seinen Gesundheitszustand beständig verschlechtern würde. Um zu akzeptablen Bedingungen die Berufsunfähigkeitsversicherung in Anspruch nehmen zu können, benötigte er noch dringend ein paar Monate Beitragszahlungen. Mein Vorgesetzter hatte vor vier Monaten versprochen, dass dieser Mitarbeiter während der benötigten Zeit für einen geordneten Berufsausstieg noch Aufträge bekommen sollte, sofern es dessen Leistungsfähigkeit zuließ.

Ich hatte mich damals über seine soziale Einstellung sehr gefreut und gemeinsam mit dem Team die Aufgabenstellung des Mitarbeiters sukzessive an seinen Krankheitsverlauf angepasst, so dass er sie einerseits gut erledigen konnte, andererseits aber stets einen soliden Mehrwert für das Projekt erbrachte. Und dies war immer noch der Fall – es gab daher aus meiner Sicht keinen Grund, ihn freizustellen.

Gegenüber meinem Vorgesetzten vertrat ich klar die Position, dass wir zum einem im Wort stünden und zum anderen auch das Unternehmen noch einen Mehrwert durch die Leistungen des Mitarbeiters hätte. Mit Rückendeckung des Teams bot ich sogar an, dass jeder zur Finanzierung des letzten Monats unseres langjährigen und beliebten Teammitglieds einen Tag unbezahlten Urlaub nehmen würde. Aber alle Argumente halfen nichts, mein Vorgesetzter setzte die Beendigung des Vertrags durch. Im Team begann es zu gären. Die Diskussionen drehten sich nur noch um den Vorfall, die schwierige Situation des Mitarbeiters und die schlechte Unternehmenskultur. Im Team wurden Vorwürfe gegen meinen Vorgesetzten und mich laut. Die Leistungsfähigkeit des Teams sank spürbar.

Nach einer Woche kam mein Vorgesetzter auf mich zu. Er habe mitgekommen, dass es in meinem Team wegen der Entscheidung Unmut und Diskussionen gäbe. Ich sollte mit dem Team einen Termin vereinbaren, bei dem er seine Entscheidung begründen wollte. Ich begrüßte das und organisierte noch für den Nachmittag des gleichen Tages ein Team-Meeting.

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Alle Kommentare (6)

Kay
Schulz

der Artikel stimmt mich sehr nachdenklich

 

Robert
Flachenäcker-Leuz

Liebe Chefs & Projektleiter mit obligatorischem 12-Stunden-Tag, liebe Projekthelden mit permanenter Erreichbarkeit: Bitte sind Sie sich bewusst, dass Sie als Vorbild dienen - auch wenn es um das Verhältnis von Arbeit (Spannung) und Freizeit (Entspannung) geht. Die Entstehung von Burnout ist komplex. Die Arbeitsbedingungen sind zwar "nur" ein Teil davon - aber ein wesentlicher. Burnout-Prävention ist eine Führungsaufgabe. Sie haben die Möglichkeit, sich über Ihren Anteil an Burnout-Entstehung zu informieren und zu bilden. So, wie Sie sich zu anderen Themen auch bilden können.

 

Rainer
Kusch

Bin selbst betroffen und kann den Artikel als Unterstützung bei der Prävention und frühzeitigem Erkenn empfehlen. Hätte ich ihn damals gekannt, hätte er mir (wahrscheinlich) geholfen...

 

Guest

Wertvolle Anregungen, die eigene Lebens- und Arbeitssituation anzuschauen und zu prüfen. Wichtiges Thema, welches kein Tabu sein darf, auch nicht bei scheinbar superstabilen "Überfliegern". Es kann jeden treffen.

 

Siegfried
Männer
Dr.

Nicht darüber zu sprechen oder sprechen zu können, ist das eigentliche Problem. Zum einen stehen vor der Tür immer genügend Nachrücker, eine Änderung der Arbeitskultur ist nicht zu erwarten. Man könnte auch Methoden des Projektmanagements kritisch hinterfragen, die die Dinge eher noch extremer werden lassen (wo z.B. steht in der DIN das Wort Gesundheit). Die Bedeutung radikaler IuK-Techniken bleibt in diesem Prozess ambivalent. Zum anderen merkt man auch die eigene Endlichkeit, die mit dem Kult um Jugend irgendwann nicht mehr mitkommt. Der Drang zur Zukunft, Szenarien, Strategien, Optimierung und Standardisierung verschweigt, dass es neben einer Vita Activa auch die Vita Contemplativa gibt. Ein anderes Leben, das braucht Zeit und das muss man sich selbst hart erarbeiten. Zwischen Verzicht und Gesundheit zu wählen, ohne den Verstand zu verlieren, das dürften die Anforderungen an Änderungs der nächsten Jahrzehnte werden. Denn mit 60zig Jahren sollte die Erwerbsarbeit nicht zu Ende sein, mehr Mut!