Was ich als Projektleiter heute anders machen würde Fallstricke eines Change-Projekts – und wie Sie sie vermeiden

Teil 2:
Ängste nehmen und Vision klar kommunizieren und verfolgen

Stellen Sie sich vor, Sie stecken mitten in einem tiefgreifenden Change Projekt, aber kaum jemand außer Ihnen will die Bedeutung des Projekts erkennen und unterstützen. Roger Fischlin machte vor 15 Jahren diese Erfahrung bei einem IT-Change-Projekt. Er erklärt im zweiten und abschließenden Teil, wie er damals vorging und was er rückblickend anders gemacht hätte.

Management Summary

Download PDFDownload PDF

Was ich als Projektleiter heute anders machen würde Fallstricke eines Change-Projekts – und wie Sie sie vermeiden

Teil 2:
Ängste nehmen und Vision klar kommunizieren und verfolgen

Stellen Sie sich vor, Sie stecken mitten in einem tiefgreifenden Change Projekt, aber kaum jemand außer Ihnen will die Bedeutung des Projekts erkennen und unterstützen. Roger Fischlin machte vor 15 Jahren diese Erfahrung bei einem IT-Change-Projekt. Er erklärt im zweiten und abschließenden Teil, wie er damals vorging und was er rückblickend anders gemacht hätte.

Management Summary

Projekte bedeuten persönliche Veränderung – insbesondere Change Projekte. Diese Erfahrung machte ich, als ich selbst vor 15 Jahren ein IT Change Projekt verantwortete. Gemeinsam mit zwei erfahrenen Kollegen arbeitete ich als junger Projektleiter an der Einführung eines Ticket Tools. Das Ticket Tool war rückwirkend betrachtet jedoch nur ein Teil eines notwendigen, großen Wandels vom IT Expertentum hin zum IT-Dienstleister.

Zum damaligen Zeitpunkt war mir das Ausmaß und die damit zusammenhängenden, persönlichen Veränderungen bei den Mitarbeitern nicht bewusst. Ich sah das Vorhaben als ein reines IT Projekt. Aus technischer Sicht glückte zwar die Einführung des Ticket Tools, die Veränderung hin zur IT als Dienstleister blieb in den Köpfen der Mitarbeiter jedoch aus.

In diesem Teil des Beitrags möchte ich Ihnen weitere Modelle vorstellen, die mir zum damaligen Zeitpunkt beim Verständnis und zur erfolgreichen Bewältigung des Changes geholfen hätten. Dazu schildere ich analog zu Teil 1 mein tatsächliches Vorgehen und die daraus gewonnenen Lessons Learned.

Klaren Ansatz konsequent verfolgen

Auf den Widerstand der Kollegen während des Veränderungsprozesses reagierte ich dünnhäutig, wertete das bisher Erreichte ab und kritisierte im Zusammenspiel mit meinem Chef einzelne Vorkommnisse scharf und oft persönlich. Viele der Kollegen waren alte Hasen, die wohl gemerkt haben, dass ich einen Schlingerkurs fahre. Ich habe Gerüchten eine Basis gegeben, welche das Vertrauen der Mitarbeiter in mich als "ihren Kapitän durch die stürmische See" in Zweifel zogen.

Mein Chef folgte dem hierarchischen Ansatz: Wer sich der Anweisung widersetzt, das neue Tool zu nutzen, muss mit Konsequenzen rechnen. Ich wollte die Mitarbeiter eher überzeugen und für ihre Aufgaben befähigen. Ich war zwischen beiden Ansätzen zur Mitarbeiterführung hin- und hergerissen – welcher war der richtige? Wie sollte man mit den Mitarbeitern kommunizieren? Offen über die Zukunft reden oder nur in dem für ihre künftigen Aufgaben erforderlichen Umfang? Wie soll ich die Kollegen motivieren, ihr Verhalten zu ändern? Wie kann ich ihre Arbeitsweise in die gewünschte Richtung bewegen?

Die Möglichkeiten, über finanzielle Aspekte gewünschtes Verhalten zu belohnen, waren durch die Tarifverträge nicht wirklich gegeben, außerdem für mich nicht durchsetzbar in der Organisation und der Situation. Ich stand den finanziellen Anreizen auch nicht offen gegenüber, denn ich befürchtete, dass dieser Mechanismus dann in Zukunft der Standard würde. Deshalb versuchte ich, passendes Verhalten durch Lob und Anerkennung zu fördern. Allerdings versäumte ich, unpassendes Verhalten konsequent zu tadeln.

Diskussionen kosten in der schwierigen Situation Zeit. Klare Befehle zeigen gegenüber Mitarbeitern und Kritikern Führungsstärke, die Probleme zu lösen. Aber Wissensarbeiter reagieren mit Widerstand gegen den Befehlston. Und wie soll ich mit falschem oder zumindest ungeschicktem Verhalten der Kollegen in der Anfangsphase umgehen? Soll man als Vorgesetzter den Einzelnen zur Verantwortung ziehen, das Verhalten im Team anprangern, oder Fehler als natürlichen Teil der Anfangsphase akzeptieren und auch gegenüber Kritikern verteidigen? Auch hier muss ich heute zugeben: Mir fehlte eine klare Linie, an der sich die Mitarbeiter hätten orientieren können.

Den Wandel anstoßen und die Ängste abbauen

Die Mitarbeiter sollen lernen, mit dem neuen Ticketsystem zu arbeiten, also ihr Verhalten an die neuen Bedingungen anzupassen. Die Aussicht auf Vorteile motiviert sie zum persönlichen Wandel und sich der neuen Arbeitsweisen zu öffnen. Wer nicht mitmacht, muss Nachteile befürchten. Vor- und Nachteile können auch Anerkennung und Kritik durch die Vorgesetzten sein. Psychologen sprechen vom Konditionieren des Verhaltens:

Mit Lob und Kritik das Verhalten konditionieren

Bei der (instrumentellen) Konditionierung versucht man, das äußerlich beobachtbare Verhalten eines Menschen bewusst in eine Richtung zu lenken:

  • Belohnung: Hinzufügen angenehmer oder Entfernen unangenehmer Reize
  • Bestrafung: Hinzufügen unangenehmer oder Entfernen angenehmer Reize

Lernen kommt zustande, weil sich für den Einzelnen infolge seines gezeigten Verhaltens die Umwelt spürbar ändert und er deshalb sein Verhalten anpasst (Lernen am Erfolg). Belohnungen und Bestrafungen sind oft finanzieller Natur. Daneben gibt es nicht-finanzielle Faktoren wie Anerkennung oder Verantwortung sowie soziale Faktoren wie Gruppenzugehörigkeit.

Lern- und Überlebensangst – überwiegt die Lernangst, bleibt alles beim Alten. Überwiegt die Überlebensangst, ändert sich der Mensch; Quelle: eigene Darstellung

Fortsetzungen des Fachartikels

Teil 1:
Die erforderliche Veränderung erkennen und akzeptieren

Die Zeit ist reif für Veränderung: Sie werden mit einem Change-Projekt betraut. Doch wie packt man es an? Wo lauern Fallen und wie umgeht man sie? Was braucht es, damit der Change gelingt?