Internationale Teams: Kulturelle Unterschiede erkennen und nutzen

Fachliche Aspekte sind nur selten der Auslöser für Probleme in Projekten internationaler Teams. Das mangelnde Verständnis für kulturelle Unterschiede ist viel öfter verantwortlich für Konflikte und stellt mitunter den Fortgang wichtiger Projekte in Frage. Pauschale Urteile über andere Kulturen helfen nicht weiter. Michael Köhler zeigt in seinem Artikel, dass die vielleicht wichtigste Herausforderung internationaler Projekte darin besteht, kulturelle Unterschiede nicht nur zu integrieren, sondern als echten Produktivfaktor im Projekt zu verankern.

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Internationale Teams: Kulturelle Unterschiede erkennen und nutzen

Fachliche Aspekte sind nur selten der Auslöser für Probleme in Projekten internationaler Teams. Das mangelnde Verständnis für kulturelle Unterschiede ist viel öfter verantwortlich für Konflikte und stellt mitunter den Fortgang wichtiger Projekte in Frage. Pauschale Urteile über andere Kulturen helfen nicht weiter. Michael Köhler zeigt in seinem Artikel, dass die vielleicht wichtigste Herausforderung internationaler Projekte darin besteht, kulturelle Unterschiede nicht nur zu integrieren, sondern als echten Produktivfaktor im Projekt zu verankern.

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Giovanna ist mit ihrem Latein am Ende. Ausgerechnet jetzt, im entscheidenden Gespräch mit Bernd, zeigt sich, dass die beiden nicht nur in ihrer Auffassung über die bevorstehende Budgetkürzung und den Neuzuschnitt der Arbeitspakete, sondern auch in ihren Strategien zur Lösung der anstehenden Probleme weit auseinander liegen. Schon in der Art der Auseinandersetzung tun sich Welten auf: Während die Projektleiterin aus Mailand sehr emotional argumentiert, um Bernd den Ernst der Lage vor Augen zu führen, gibt sich der IT-Manager aus München extrem sachorientiert und wird im Laufe des Gesprächs zunehmend wortkarger und abweisender.

In vielen internationalen Projekten sind solche oder ähnliche Szenen an der Tagesordnung. Erfahrene Projektleiter gehen davon aus, dass es in sogenannten "collaborative projects", also dezentral angelegten internationalen Projekten, zu einem exponentiellen Anstieg von Problemen im Management und in der Zusammenarbeit von Projektteams kommt. Verstärkt werden diese häufig noch durch technische Faktoren wie beispielsweise inkompatible Hard- oder Software.

Bi-nationale Team-Tandems als Frühwarnsystem

In erster Linie sind es jedoch fehlende Face-to-Face-Kommunikation, Sprachschwierigkeiten und die Isolation von verteilt arbeitenden Team-Mitgliedern, die immer wieder für Zündstoff sorgen und mitunter sogar den Fortgang wichtiger Projekte in Frage stellen. Daneben spielt auch das mangelnde Verständnis für kulturell anders geartete Planungs- und Steuerungsprozesse, Mechanismen der Entscheidungsfindung und hierarchische Prozesse eine wichtige Rolle.

So musste etwa ein spanisch-schwedisches Produktentwicklungs-Projekt komplett neu aufgesetzt werden, weil es zu unüberwindbaren Differenzen zwischen dem paternalistisch-autoritär agierenden spanischen Projektleiter und den partizipativ orientierten schwedischen Teamkollegen gekommen war. Im zweiten Anlauf vereinbarten beide Seiten zunächst die Durchführung eines Workshops mit dem Kernteam, um den Umgang mit den bestehenden Unterschieden aktiv zu thematisieren. Hier wurde auch die Einrichtung von spanisch-schwedischen Team-Tandems beschlossen, die sich in schwierigen Fragen der Zusammenarbeit gegenseitig beraten sollten. Als eine Art Frühwarnsystem für Krisen im Projekt hatten die Tandems einen erheblichen Anteil daran, dass ein unkontrolliertes Hochkochen von Konflikten im weiteren Projektverlauf vermieden werden konnte. Weitere Projekt-Reviews dienten der Klärung wichtiger Themen auf den unterschiedlichen Prozessebenen und trugen dazu bei, das Klima der Zusammenarbeit weiter zu verbessern.

Micro-Culture gegen pauschale Rollenzuweisungen

Wenngleich sich zahlreiche Beispiele für tatsächliche oder auch nur scheinbare nationale Unterschiede anführen ließen - ein weit gefaßtes Konzept von "Micro-Culture" ist für das Verständnis internationaler Teams in jedem Fall hilfreicher als die einseitige Fixierung auf Nationalkulturen. Dem liegt die Erkenntnis zugrunde, dass gängige Klischees über "die" Japaner, "die" Briten oder "die" Deutschen in einer zunehmend globalisierten Wirtschaft nur mit Vorsicht zu genießen sind. Allemal gilt dies in Projekten, deren Mitarbeiter durch Auslandserfahrungen und häufige internationale Kontakte geprägt sind. Das Konzept der "Micro-Culture" bezieht daher auch Faktoren wie etwa Alter, Geschlecht und berufliches Selbstverständnis mit ein. Pauschale kulturelle Rollenzuweisungen und mit ihnen die Entstehung von Stereotypen werden so erschwert. Allerdings lassen sich selbst bei international erfahrenen Projektmanagern - insbesondere in unvorhergesehenen Krisensituationen - Rückfälle in ureigene Verhaltensmuster beobachten. Und die haben nicht nur etwas mit persönlichen und beruflichen Charakteristika zu tun, sondern auch mit unbewussten kulturellen Botschaften, die sich die Empfänger seit frühester Kindheit zu eigen gemacht haben.

Klassische Wertekonflikte zwischen neutralen und affektiven Kulturen

So berichtet Giovanna in einem gemeinsamen Coaching im Anschluss an die Auseinandersetzung von der heilsamen Wirkung lautstarker und hochemotionaler Auseinandersetzungen. Diese seien in ihrem Mailänder Stammunternehmen sowohl unter Frauen als auch unter Männern als legitimes Mittel der Konfliktlösung akzeptiert. Umgekehrt ist Bernd der festen Überzeugung, dass Gefühle in Auseinandersetzungen fehl am Platz seien und eine Konfliktlösung erschwerten oder gar unmöglich machten - ein klassischer Wertekonflikt, den Autoren wie der Holländer Fons Trompenaars (Autor zahlreicher Bücher über das Managen kultureller Unterschiede) mithilfe von kulturellen Gegensatzpaaren wie etwa Affektiv versus Neutral anschaulich beschreiben.

Während Vertreter eher neutral geprägter Kulturen (wie etwa Japan, Indonesien, Indien, aber auch die nordeuropäischen Länder) im professionellen Kontext eine klare Trennung von Sach- und Gefühlsebene bevorzugen, fühlen sich Vertreter affektiver Kulturen (beispielhaft genannt seien Italien, Spanien und eine Reihe arabischer Länder) eben dadurch in ihren Ausdrucksmöglichkeiten eingeschränkt. Die Betrachtung solcher Kulturdimensionen ist hilfreich, um die Relativität und Bandbreite unterschiedlicher Verhaltensnormen auszuloten.

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