Management by Kolumbus

Teil 2:
Von Zielen, Königen und radikalen Lösungen
Nicht kleckern, sondern klotzen! So hätte das Motto von Kolumbus lauten können. Seine Ziele waren groß: Er wollte den direkten Seeweg nach Indien finden, Vizekönig werden und in die Geschichte eingehen. Seine Forderungen an seine Auftraggeber waren königlich, seine Methoden gewagt, seine Vorbereitungen vorbildlich. Für Projekte mit hoher Unsicherheit kann man aus Kolumbus' Expedition viel lernen. Markus Körner stellt fünf Lektionen vor.

 

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Management by Kolumbus

Teil 2:
Von Zielen, Königen und radikalen Lösungen
Nicht kleckern, sondern klotzen! So hätte das Motto von Kolumbus lauten können. Seine Ziele waren groß: Er wollte den direkten Seeweg nach Indien finden, Vizekönig werden und in die Geschichte eingehen. Seine Forderungen an seine Auftraggeber waren königlich, seine Methoden gewagt, seine Vorbereitungen vorbildlich. Für Projekte mit hoher Unsicherheit kann man aus Kolumbus' Expedition viel lernen. Markus Körner stellt fünf Lektionen vor.

 

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Für viele Projekte wird die Bewältigung von Unsicherheit zu einer zentralen Herausforderung. Das gilt insbesondere für Geschäftsprojekte, welche z.B. die Neuentwicklung von Produkten und Prozessen oder einen Unternehmenswandel zum Inhalt haben können. Geschäftsprojekte sind in Hinsicht auf ihre hohe Unsicherheit mit Expeditionen vergleichbar. Im ersten Teil dieses Artikels habe ich die Entdeckung Amerikas als Fallbeispiel für eine Expedition eingeführt und zwei Lektionen vorgestellt, die wir aus Kolumbus' Vorgehen für das Management von Geschäftsprojekten ziehen können. Im Folgenden stelle ich vier weitere Lektionen vor.

Lektion 3: Ein Projekt hat viele Ziele

Antrieb für eine Expedition sind oft mehrere Projektideen. Das fällt nicht sofort auf, denn Expeditionen haben jeweils ein konkretes, sorgsam überlegtes und verhandeltes Ziel, das für die Sponsoren und für die anderen Beteiligten einen wichtigen Wert darstellt. Wegen dieses Ziels, nicht wegen des Wegs oder anderer möglicher Zufallsergebnisse geben die Sponsoren ihre Unterstützung und nimmt das Projektteam Risiken und Strapazen auf sich. An ein und dasselbe Projekt können sich ganz unterschiedliche Erwartungen und Hoffnungen knüpfen:

  • Kolumbus war ein "Techniker". Sein Interesse galt der Navigation und sein sehnlichster Wunsch war es, als Entdecker des direkten Seewegs nach Indien in die Geschichte einzugehen. Er war bereit, sein Leben für den Beweis zu opfern, dass Ptolemäus mit seinen Berechnungen zur Kugelgestalt der Erde Recht hatte.
  • Königin Isabella bewegten ganz andere Motive. Sie sah in der Expedition in erster Linie die Chance, mit geringem Einsatz viel Gold für die spanische Krone zu gewinnen. Ob dieses Gold über Land oder auf dem Seeweg nach Spanien kam, war ihr egal.
  • Bruder Juan de Marchena, Vorsteher des Klosters von Sevilla, war in der Anbahnungsphase des Projekts ein wichtiger Bundesgenosse von Kolumbus. Er ermöglichte den direkten Kontakt zur Königin. Seine Motivation war, das Christentum auch in Indien zu verbreiten.
  • Die Besatzung der Schiffe bestand aus 96 Seeleuten, von denen viele zwangsrekrutiert waren. Für die meisten von ihnen verband sich mit dieser riskanten Reise die Hoffnung, ihrer Armut und Abhängigkeit zu entkommen. Sie wären überall hingefahren.

Kolumbus gelang es, diese ganz verschiedenen Ziele und Vorstellungen der wichtigsten Beteiligten miteinander zu versöhnen. Er hätte ja auch versuchen können, nur eines dieser Ziele zu verwirklichen, seine Expedition z.B. allein als Entdeckungsfahrt, allein als Raubzug für die Krone, allein als Missionsreise oder allein als Raubzug für die Mannschaften durchzuführen. Aber wahrscheinlich wäre er damit gescheitert, weil er nicht genügend Unterstützung gehabt hätte.

Auch in der Geschäftswelt stehen hinter einem Projekt oft Personen oder Gruppen, die sehr unterschiedliche Absichten verfolgen. Ein Projekt in einem europäischen Konzern wurde mir von den Beteiligten z.B. folgendermaßen präsentiert:

  • Das Vorstandsbüro: "Der Vorstand hat beschlossen, SAP R/3 europaweit einzuführen, um die IT-Lösungen im Unternehmen zu vereinheitlichen."
  • Die Stabsstelle Unternehmensorganisation: "In diesem Projekt geht es darum, dass wir unsere Geschäftsprozesse definieren und an den Best Practices im Unternehmen orientieren; die neue Software ist nur ein Mittel dazu."
  • Der Leiter eines Konzernunternehmens: "Es geht darum, der Konzernzentrale den Zugriff auf das operative Geschäft zu ermöglichen. Früher hat sie nur die Finanzen gemanagt."
  • Die Marketing-Abteilung: "Mit diesem Projekt möchten wir den Zusammenschluss mit dem französischen Unternehmen, der schon vor Jahren formal vollzogen wurde, endlich mit Leben füllen."

Wie Kolumbus muss auch der Projektleiter dieses SAP-Einführungsprojekts versuchen, viele verschiedene Stakeholder als Unterstützung zu gewinnen. Im traditionellen Projektmanagement geht man davon aus, dass sich alle Beteiligten nicht nur auf ein gemeinsames Ziel einigen, sondern dass die Gemeinsamkeit sich auch auf den Projektumfang (scope), die vereinbarten Ergebnisse und Aktivitäten und die Vorgehensweise erstreckt. Alle Beteiligten müssen quasi mit allem einverstanden sein oder werden darauf verpflichtet. Das führt jedoch in der Praxis oft zu einer Minimallösung. In einem solchen kleinsten gemeinsamen Nenner erkennen viele der Beteiligten ihre eigenen Beweggründe nicht mehr wieder. Die Folge ist fehlendes Commitment. Es ist deshalb besser, die jeweiligen Perspektiven und Interessen der Beteiligten umfangreich zu berücksichtigen - um den Preis, dass das Projekt für jede Gruppe ein bisschen anders aussieht.

Lektion 4: Habe Mut zu radikalen Lösungen

Eine historische Leistung von Kolumbus bestand darin, hinaus auf das offene Meer zu segeln. Bislang war die Entdeckung der Welt entlang der Küsten vorangeschritten. Aufgrund dürftiger Navigationskenntnisse und der Unsicherheit bei der Ermittlung von Längengraden war es bis wenige Dekaden vor Kolumbus' Fahrt gar nicht möglich gewesen, einen Ozean planvoll zu queren.

Kolumbus wollte sich der neuen Navigationsmethoden konsequent bedienen und quer über den Ozean segeln. Anstelle einer monatelangen, gefährlichen Reise um Afrika herum versprach er sich und Anderen eine schnurgerade, wenige Wochen währende Fahrt nach Indien. Kolumbus war zu seiner Zeit einer der besten Seefahrer und galt als der vielleicht beste Navigator seiner Zeit. Sein Vertrauen in die neue Technik war ungewöhnlich. Dieses Vertrauen und eine große persönliche Risikobereitschaft zeichneten ihn aus.

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Fortsetzungen des Fachartikels

Teil 1:
Projekte - Expeditionen ins Ungewisse
Kolumbus' Seefahrt nach Indien war ein voller Erfolg - dachte immerhin er selbst.
Teil 3:
Seeungeheuer und Stürme und wie man sich darauf vorbereitet
Seeungeheuer, Stürme, feindselige Einheimische – das waren nur einige der Risiken, auf die sich Kolumbus vor seiner Expedition nach "Indien" vorbereiten musste. Und das tat er mit vorbildlicher Gründlichkeit.