Orientierung in Zeiten der Transformation – mit Portfoliomanagement die Projektlandschaft optimal gestalten

Haufe Akademie

Seit vielen Jahren implementiert und optimiert Jörg Rietsch Portfoliomanagement bei Kunden aus ganz unterschiedlichen Branchen. In Seminaren bei der Haufe Akademie gibt er sein Wissen an andere weiter. Die Anmeldezahlen für diese Trainings steigen stetig, was ihn wenig erstaunt. Denn, so seine Überzeugung, ein bewusstes professionelles Steuern der Projektlandschaft ist genau die richtige Methode, um den Spagat zwischen strategischer Neuausrichtung und aktuellem Business in schwierigen Zeiten erfolgreich zu meistern. Warum das so ist und worauf es konkret ankommt, um erfolgreich zu sein, erklärt er in diesem Interview.

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Orientierung in Zeiten der Transformation – mit Portfoliomanagement die Projektlandschaft optimal gestalten

Haufe Akademie

Seit vielen Jahren implementiert und optimiert Jörg Rietsch Portfoliomanagement bei Kunden aus ganz unterschiedlichen Branchen. In Seminaren bei der Haufe Akademie gibt er sein Wissen an andere weiter. Die Anmeldezahlen für diese Trainings steigen stetig, was ihn wenig erstaunt. Denn, so seine Überzeugung, ein bewusstes professionelles Steuern der Projektlandschaft ist genau die richtige Methode, um den Spagat zwischen strategischer Neuausrichtung und aktuellem Business in schwierigen Zeiten erfolgreich zu meistern. Warum das so ist und worauf es konkret ankommt, um erfolgreich zu sein, erklärt er in diesem Interview.

Herr Rietsch, Sie plädieren dafür, dass Unternehmen gerade heute professionelles Projekt-Portfoliomanagement implementieren und diese Disziplin ernst nehmen. Warum ist das aus Ihrer Sicht so wichtig?

Jörg Rietsch: Viele Unternehmen stecken derzeit in einer tiefgreifenden Transformation. Etwa weil sich im Zuge der Digitalisierung ganze Produktpaletten stark ändern, wenn nicht sogar wegfallen, oder ganz neue Services gefragt sind. Da gilt es sehr innovativ über die Zukunft nachzudenken. Zugleich müssen diese Firmen weiterhin Geld verdienen, also das aktuelle Geschäftsmodell am Laufen halten. Dafür müssen sie ihre Produkte und Dienstleistungen kurzfristig an einschneidende Herausforderungen wie Folgen der Pandemie, Lieferengpässe oder steigende Energiepreise anpassen. Portfoliomanagement ist die beste Methode, um in diesem schwierigen Umfeld das Richtige zu tun und die begrenzten Ressourcen in die richtigen Projekte zu stecken.

Impulse aus den Geschäftsbereichen und Strategie zusammenbringen

Das klingt nach einem schwierigen Drahtseilakt

Ja, das ist für viele Unternehmen eine enorme Herausforderung, auch organisatorisch. Denn sie wissen, dass die Geschäftsführung die erforderlichen Veränderungen nicht allein entwickeln und einfach verordnen kann. Große Transformationen brauchen viele Menschen in unterschiedlichsten Bereichen und Ebenen, die über ihren Horizont hinausdenken, und es dauert zwei bis drei Jahre, bis so eine Reorganisation greift. Wenn man in dieser Zeit kein professionelles Portfoliomanagement betreibt und einfach ein Projekt nach dem anderen aufsetzt, dann entgleitet der Führung die Steuerung.

Können Sie dafür ein Beispiel nennen?

Nehmen Sie etwa die heute weit verbreitete Implementierung eines agilen SAFe-Frameworks. Da werden für fast alle Beschäftigten neue Rollen definiert, sie sollen selbst steuern und eigenverantwortlich agieren. Doch damit die Menschen und die gesamte Organisation in der Übergangszeit und danach das Richtige tun, braucht es eine Stelle, an der die Fäden zusammenlaufen. Portfoliomanagement ist die Antwort, die der Geschäftsführung die Möglichkeit gibt, in dieser Transformation eine einheitliche Richtung vorzugeben und die Impulse aus den unterschiedlichen Geschäftsbereichen mit der übergeordneten Strategie zusammenzubringen.

Ein spannender Ansatz, aber wie kann das tatsächlich gelingen?

Portfoliomanagement ist zu 80 Prozent Changemanagement. Denn die Methodik an sich ist relativ einfach, nicht aber, die Menschen dazu zu motivieren, sie wirklich anzuwenden. Ein wesentlicher Punkt ist dabei Transparenz. Ein gutes Portfoliomanagement schafft erst mal einen Überblick über sämtliche laufende und geplante Projekte sowie über die vorhandenen Ressourcen. Dann stellt es die Führungsebene vor die zugegeben nicht einfache Frage: „Was machen wir jetzt nicht?“ Während vorher oft nur immer neue Projekte in die Organisation gekippt wurden, macht Portfoliomanagement die Grenzen transparent und fordert bewusst mit den Ressourcen umzugehen.

Wie lässt sich die Unternehmensführung motivieren, solche Grenzen zu respektieren?

Das Schöne am Portfoliomanagement ist, dass es einen klaren Wettbewerbsvorteil bringt. Es ermöglicht der Organisation sich zu fokussieren und an Geschwindigkeit zulegen. Laufen 100 Projekte gleichzeitig und alle haben mit Ressourcenengpässen zu kämpfen, brauchen sie vielleicht vier Jahre. Werden sie in Zehnerblöcke aufgeteilt, die stringent abgearbeitet werden, kann diese Zeit auf nur zwei Jahre sinken. Man muss man sich nur trauen öfter mal Nein zu sagen. Transparente Entscheidungen führen dazu, dass die Menschen es akzeptieren, dass „ihr“ Projekt nicht gleich angepackt wird. Wenn alle verstehen, welche Vorhaben warum priorisiert wurden und wie das in die Unternehmensstrategie und damit die Transformation einzahlt, dann identifizieren sie sich mit dem Ziel des Unternehmens und hängen sich richtig rein.

Mit strategischen Projekten das zukünftige Geschäft absichern

Sie haben bereits angesprochen, dass es dabei gilt die Strategie mit dem aktuellen Geschäft zusammenzubringen. Welches Vorgehen empfehlen Sie für den damit verbundenen, sicher nicht einfachen Priorisierungsprozess?

Das ist ein sehr wichtiges, spannendes Thema und nicht selten leistet Portfoliomanagement da Pionierarbeit. Nämlich dann, wenn noch keine Strategie mit messbaren Zielen vorhanden ist oder nur in den Köpfen der Führungsriege existiert. Dann muss man erst mal dafür sorgen, dass das aufgeschrieben wird, in welcher Form auch immer. Danach gilt es diese Strategie in Projekte zu übersetzen beziehungsweise vorhandene zuzuordnen. Dabei kann sich durchaus herausstellen, dass der Großteil der Projekte auf Notwendigkeiten, Verbesserungsvorschlägen und kurzfristigen Ideen aus der Organisation basiert und es kaum Vorhaben zur Umsetzung strategischer Ziele gibt. Dann gilt es bewusst mehr strategische Projekte zu starten, um das zukünftige Geschäft abzusichern.

Aktuell hangeln sich viele Unternehmen nur von Krise zu Krise ...

Ja, um die Corona-Situation, Lieferengpässe oder die Energiekrise zu überstehen, wurde oft erst mal alles angehalten, was nicht operativ notwendig war, und die Portfolios wurden ständig umgeschichtet. Dabei konnten die Unternehmen von Glück sagen, wenn sie bereits ein professionelles Portfoliomanagement hatten. Denn in diesen Situationen war Transparenz ausgesprochen wertvoll: Welche Projekte laufen gerade? Welche davon müssen wir aus rechtlichen Gründen umsetzen? Welche sind strategisch unverzichtbar? Wobei man dabei selbstverständlich auch die Risiken im Blick haben muss.

Welchen Beitrag leistet Portfoliomanagement zum Risikomanagement?

Zum einen trägt es dazu bei, schon in der Planungsphase zu erkennen, ob Projekte risikobehaftet sind, weil Innovationsgrad und Komplexitätsgrad hoch sind, und schärft dauerhaft den Blick, wie risikobehaftet das Portfolio insgesamt ist. Dann sorgt es dafür, dass entsprechend mehr Budget eingeplant wird. Zum anderen zeigt es frühzeitig auf, wo dauerhafte Ressourcenengpässe sind. So kann das Portfoliomanagement auf die Personalentwicklung zugehen und Impulse für Maß-nahmen geben, bevor ausgerechnet in den wichtigen Bereichen Leute kündigen, weil sie ständig überlastet sind.

Nicht zuletzt hilft das Portfoliomanagement, die richtigen Schlüsse zu ziehen, wenn in Projekten Schwierigkeiten auftreten. Denn es erkennt, welche Strategien gefährdet sind: Wie viel Umsatz steht auf dem Spiel, wie viel anderweitiger Nutzen? Welche Kette löst eine potenzielle Verzögerung aus? Droht das unsere Position im Wettbewerb zu verschlechtern? Das sind für die Geschäftsführung sehr interessante Information, um die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Moderation des Entwicklungsprozesses von der Strategie zum Portfolio

Das klingt, als müsste die Geschäftsführung in Ihre Seminare bei der Haufe Akademie kommen, was aber wohl nicht passiert ...

Mit unseren Seminaren sprechen wir Menschen an, die ein wichtige Vermittlerfunktion zwischen der Projektwelt und der Entscheidungsebene einnehmen wollen und sollen. Oft bringen sie Erfahrung im Projekt-management-Office mit. Auch Leute aus der Strategieabteilung oder Organisationsentwicklung kommen zu uns. Sie lernen hier nicht die Strategie des Unternehmens zu schreiben, aber den Prozess zu moderieren, wie das Unternehmen von der Strategie zu den richtigen Projekten kommt – eine wirklich spannende Aufgabe.

Aber ja, idealerweise kommen auch der oder die Verantwortliche aus der Geschäftsführung vorbei. Viele der Teilnehmenden wünschen sich das als Fazit aus den Seminaren. Da das oft nicht stattfindet, erhalten sie aber Hand-werkszeug, um die Themen mit der Geschäftsführung zu besprechen und in die Befähigung der Stakeholder des Portfolio-Prozesses einzusteigen.

Was lernen Beschäftigte, die bisher Einzelprojekte geleitet haben, in den beiden angebotenen Seminaren zum Portfoliomanagement?

Im Basisseminar geht es erst mal um das praktische Vorgehen: Wie sammle ich die Projekte und Projektanträge ein? Wie bringe ich Ideen und Anträge in einen Reifegrad, in dem sie entscheidungsfähig sind? Im Aufbauseminar wird es dann zunehmend strategisch: Welche Prioritäten sollte das Unternehmen setzen? Wie kommt man zum optimalen Portfolio für die nächste Planungsperiode unter Berücksichtigung von Strategie, operativer Notwendigkeit, Regulatorik, Business Cases und so weiter. Dabei lernen die Teilnehmenden unter anderem, dass sie hier nicht nur das oberste Management einbinden, sondern auch die Fachbereiche fragen, was sie für ihre Zielerreichung benötigen.

Welche Menschen sind geeignet für diese Rolle und wie viel Projektmanagement-Knowhow brauchen sie?

Fortgeschrittenes Projektmanagement-Know-how ist unverzichtbare Basis, aber es geht um viel mehr. Gefragt sind Persönlichkeiten, die Organisationen verstehen, netzwerken können und in der Lage sind auf allen Ebenen aufzutreten und zu kommunizieren. Sie müssen die Brücke von der Projektwelt zur Geschäftsführung sein. Wer Prozesse implementiert und dann passiert nichts mit den erhobenen Informationen, ärgert die ganze Organisation. Es gilt schnell spürbaren Nutzen zu schaffen. Portfoliomanagement braucht Fans und die bekommt es, wenn es wie beschrieben Transparenz herstellt und die Menschen auf allen Ebenen die Vorteile erleben.

Herr Rietsch, vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Elisabeth Wagner

 

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