Der Plan ist nichts, die Planung ist alles!

Diesen Satz von Dr. Jürgen Fleig habe ich Anfang des Jahres im Magazin des PMI Munich Chapters gelesen und er hat mich sofort angesprochen, weil er den Umgang mit einem Missverständnis auf den Punkt bringt, das mir in der Praxis häufig begegnet.

Der Plan ist nichts, die Planung ist alles!

Diesen Satz von Dr. Jürgen Fleig habe ich Anfang des Jahres im Magazin des PMI Munich Chapters gelesen und er hat mich sofort angesprochen, weil er den Umgang mit einem Missverständnis auf den Punkt bringt, das mir in der Praxis häufig begegnet.

Gerade angehende Projektmanager, die noch nicht in Ehren ergraut sind, scheuen sich häufig, detaillierte Pläne zu erstellen, geschweige denn sie den Stakeholdern bekannt zu geben, aus den verschiedensten Gründen:

  • Der Plan könnte ja morgen schon von der Realität überholt werden!
  • Pläne müsste man dauernd ändern; dann komme ich zu gar nichts anderem mehr!
  • Wenn ich einen Plan bekanntgebe, und ich kann ihn unverschuldet nicht einhalten, werde ich später unweigerlich darauf festgenagelt! (Mein Lieblingsargument…)

Ich fühle mich dann immer in Versuchung, der Kürze halber mit dem normativen Argument zu kommen, dass die Disziplin "Projektmanagement" ohne Planung nicht mehr sie selbst wäre und sich eigentlich umbenennen müsse in – wahlweise – Chaosbewältigung, Situatives Führen, Troubleshooting oder Inkrementelles Management; je nach Situation, in die man mit seinem Projekt gerät. Aber das reicht natürlich nicht, um Andere von der Sinnhaftigkeit einer Planung zu überzeugen, und deshalb habe ich im Laufe der Zeit für diesen Fall eine Liste von Argumenten zusammengestellt, die ich in Zukunft abschließend und triumphierend mit dem Satz "Der Plan ist nichts, die Planung ist alles!" bündeln werde.

Hier meine Hitliste der "TOP TEN – Argumente für eine Projektplanung nach bestem Wissen und Gewissen":

Warum Planen?

Nr. 10: Um ein Bild der späteren Realität vorwegzunehmen. – Dieser Punkt landet auf den hinteren Plätzen, weil es nur für wenige Projekte gilt, z.B. für Abwicklungsprojekte mit geringem Innovationsgrad und vielen externen Beteiligten, die für sich und ihr eigenes Geschäft eine hohe Planungssicherheit brauchen. Fairerweise sollten hier die Pläne auch nicht "auf Kante genäht" sein, d.h. sie sollten hinsichtlich Kosten und Terminen genügend Reserven enthalten.

Nr. 9: Zum Vermeiden von Flüchtigkeitsfehlern. – Was man in relativer Ruhe sorgfältig durchdacht hat, braucht man später nur noch abzuarbeiten. Projekte sind progressiv, d.h. der Stress nimmt gegen Ende wegen des drohenden Endtermins zu. Und Stress führt gern zu Fehlern.

Nr. 8: Weil das "Magische Dreieck" stimmig sein muss. – Erst beim geistigen Simulieren eines Projekts lässt sich herausfinden, wie man sinnvoll mit der Schere zwischen Kosten und Terminen umgeht.

Nr. 7: Um Transparenz zu schaffen. – Die Stakeholder, an die der Projektmanager berichtet, können Schwierigkeiten und Probleme nur würdigen, wenn sie den Einfluss auf das große Ganze beurteilen können. Und für die Teammitglieder ist Transparenz wichtig zur Motivation: Ich widme mich meinem Arbeitspaket mit mehr Elan, wenn ich es in den Gesamtplan einordnen kann und den Überblick darüber habe, wie es zum Gesamterfolg beiträgt.

Nr. 6: Zum Erkennen der Logik eines Projekts. – Je komplizierter ein Projekt und je höher der Vernetzungsgrad unter den Arbeitspaketen ist, desto mehr gewinnt der reine Ablaufplan gegenüber dem Terminplan an Bedeutung. Auch wenn die einzelnen Arbeitspakete im vorgesehenen Tempo abgearbeitet werden, kann ein Endtermin nur gehalten werden, wenn alle Beteiligten nachvollziehen können, wer wem zuarbeitet und wer von wem welche Informationen rechtzeitig bekommen muss. Denn dadurch sinkt die "Pannenhäufigkeit" infolge mangelnder Kommunikation. – Und wenn wir schon beim Thema sind:

Nr. 5: Weil Pläne Kommunikationswerkzeuge sind. – Tritt während des Projekts ein Problem auf, bespricht der Projektmanager es mit den Beteiligten. Und in jedem Meeting müssen Dinge auf dem Tisch liegen bzw. an die Wand geworfen werden (ich meine damit den Gebrauch eines Beamers). Die meisten Problemlösungen haben Auswirkungen auf Termine und Kosten, und die werden besser zur Kenntnis genommen, wenn man sie visualisiert.

Nr. 4: Um das Projekt steuern zu können. – Wenn Projektmanager von "steuern" reden, meinen sie eigentlich "regeln". Um Abweichungen erkennen und gegensteuern zu können, braucht man Sollwerte. Die liefert der Plan. Daraus folgt: Hat man keinen Plan, kann man nicht "steuern". Man sieht dem Projekt beim Laufen zu, und das Management beschränkt sich aufs Anfeuern. Hat man einen Plan, der nicht nach bestem Wissen und Gewissen erstellt wurde, vergleicht man den Ist-Zustand mit einem Hirngespinst. Das ist so, als würde man ein reales Auto auf einer eingebildeten Straße fahren.

Nr. 3: Um "Lessons Learned" zu erzeugen. – Planung heißt ja bekanntlich, die Hoffnung durch den Irrtum zu ersetzen. Aus Projekten lernen heißt nicht nur, bei der Durchführung des nächsten Projekts die Fehler aus dem vorigen zu vermeiden, sondern auch die Erfahrungen in die Planung des nächsten Projekts einfließen zu lassen, um so die Genauigkeit der Vorhersage zu verbessern.

Nr. 2: Um zu zeigen, was nicht geht. – Das gilt besonders für Projekte mit hohem Innovationsgrad und entsprechend großen Risiken. Der Plan versucht nicht die Realität vorherzusagen, sondern gibt eine Unsicherheitsspanne für Termine, Kosten und Qualität an. Das gibt den Entscheidern zu Beginn, aber auch während der Abwicklung, die Möglichkeit zu prüfen, ob das Projekt (noch oder überhaupt) ihren Erwartungen entspricht und gegebenenfalls abgebrochen werden sollte. – Und jetzt mein absolutes Highlight:

Nr. 1: Zum "Abschießen" eines Projekts (Achtung? Satireverdacht?? Fehlalarm!). – Ein Projektmanager bekommt einen Auftrag, der – das sagt ihm seine langjährige Erfahrung – so nicht erfüllbar ist. Statt nun eben gegenüber den Entscheidern auf seine Erfahrung zu verweisen, arbeitet er einen detaillierten Plan aus, der genau das beweist. Sein Informationsvorsprung, den er so bekommt, erlaubt es ihm, die Diskussion mit den Entscheidern, die vom Ergebnis natürlich nicht begeistert sind, auf einer sachlichen Ebene zu führen. Die Arbeit, die man in den letztlich nicht umgesetzten Plan investiert, kompensiert leicht den Ärger, den man sich damit erspart hat.

Und jetzt (gebündelt! Triumph!!): Der Plan ist nichts, die Planung ist alles!

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Alle Kommentare (2)

Volker
Pauling

Danke für die guten Argumente für die Planung (und entsprechend für den Aufwand in der Planungsphase). Ich sehe die Planung immer als Mittel an, um die Ziele zu erreichen, also eher Punkt 10 auf der Liste, da die Ziele ja das Endbild darstellen sollen. Punkt 1 sehe ich in Verbindung mit Punkt 8: an dem Magischen Dreieck kommt man nicht vorbei. Ich erlebe oft, dass das Projekt (und der PL) an der Planung gemessen wird. Meist schon an der ersten Aussage auf die Frage: wann fertig und wie teuer. Dabei kann man dies seriös erst nach Ende der Planungsphase beantworten. Und wie Projekte 'leben', so lebt und ändert sich auch ein Projektplan. Nicht schlimm, wenn die Ziele erreicht werden und die Stakeholder zufrieden sind.

 

Guest

Hallo, soweit ich weiß, ist dies ein Zitat von Dwight D. Eisenhower ;)