Zwischen Autonomie und Alignment So managen selbstorganisierte Teams übergreifende Projekte

So managen selbstorganisierte Teams übergreifende Projekte

Selbstorganisierte Teams und zentral gesteuerte Projekte scheinen zunächst in einem Widerspruch zu stehen. Mit den drei Erfolgsfaktoren Freiwilligkeit, Fokussierung und Selbstverantwortung lässt dieser sich in Chancen verwandeln.

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Zwischen Autonomie und Alignment So managen selbstorganisierte Teams übergreifende Projekte

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Selbstorganisierte Teams und zentral gesteuerte Projekte scheinen zunächst in einem Widerspruch zu stehen. Mit den drei Erfolgsfaktoren Freiwilligkeit, Fokussierung und Selbstverantwortung lässt dieser sich in Chancen verwandeln.

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Mit dem Ziel, schneller und flexibler auf Änderungen des Umfelds und auf neue Anforderungen des Markts reagieren zu können, treiben viele Unternehmen die agile Transition voran. Dabei steht der Aufbau selbstorganisierter Teams im Fokus, die weitgehend autonom arbeiten, um möglichst großen Nutzen für Kunden und Unternehmen zu generieren. Dem steht jedoch die Notwendigkeit der teamübergreifenden Abstimmung entgegen. Konkret sind in diesem Dilemma zwischen Autonomie und Alignment zwei Fragen zu lösen:

  • Wie können in einem Unternehmen Teams selbstorganisiert arbeiten und zugleich die Unternehmensstrategie umsetzen, ohne dass dabei Reibungsverluste entstehen?
  • Wie können autonom agierende Teams gemeinsam übergreifende Projekte koordiniert durchführen?

Aus diesem Spannungsfeld von Selbstorganisation und Koordination erwachsen eine Reihe von Dilemmata, für die ich drei erprobte Lösungsansätze vorstellen möchte:

  • Fokussiertes Priorisieren und weniger Projekte
  • Großartige Einladungen und Marktplatzkonzepte
  • Stärken der Selbstverantwortung und konsultativer Einzelentscheid

Diese Konzepte stammen aus meinen Erfahrungen bei borisgloger und aus diversen Kundenprojekten. Sie stellen keine Blaupausen zum einfachen Kopieren dar, sondern sollen Sie dazu anregen, ähnliche Vorgehensweisen angepasst an Ihre Organisation zu entwickeln.

Als Ausgangspunkt meiner Überlegungen möchte ich zunächst die Erwartungshaltungen an agile Transformationen kurz beschreiben und anhand von Beispielen illustrieren. Aus diesen ergibt sich dann auch eine zentrale Herausforderung bei der praktischen Umsetzung.

3 Vorteile von Selbstorganisation und eine Herausforderung

Autonome Teams arbeiten fokussierter

In einer agil aufgestellten Organisation sind die eigenständig arbeitenden Teams mit je eigenen Zielen ein entscheidender Erfolgsfaktor für funktionierendes Arbeiten. So organisieren sie ihre Aufgaben auf eine Art und Weise, die am besten zu ihren individuellen Stärken und Bedürfnissen passt. Autonome Teams können darüber hinaus flexibel und schnell auf Veränderungen und Herausforderungen reagieren, da sie – anders als in einer hierarchischen Struktur – nicht auf Entscheidungen oder Genehmigungen von außen angewiesen sind.

Beispiel: Netzwerkorganisation bei borisgloger consulting

borisgloger consulting ist eine Managementberatung für agile Transformationen und berät Unternehmen aller Größen. Einer unserer Grundsätze ist "practice what you preach" – also wenden wir alles, was wir unseren Kunden predigen, zunächst einmal bei uns selbst im Unternehmen an. So organisieren wir uns bei borisgloger beispielsweise in einer Netzwerkorganisation mit kleinen Teams, die nach holokratischen und agilen Methoden arbeitet. Jedes Team beinhaltet jeweils eine:n Scrum Master:in und eine:n Product Owner:in und hat einen bestimmten Branchen- oder Themenfokus – z.B. Energiewende, Automotive oder Finance. In aller Konsequenz arbeiten auch zentrale Funktionen wie HR, Hub und IT nach diesem Modell.

Die Rolle Scrum Master sorgt für die Produktivität des einzelnen Teams und damit der Firma. Konkret bedeutet das, dass diese unter anderem für die Organisationsstruktur, die Prozesse und die Lösung von organisationsweiten Hindernissen zuständig ist. Zudem hat jede:r Scrum Master:in die Aufgabe, sich um die Weiterentwicklung der jeweiligen Teammitglieder zu kümmern.

Die Rolle Product Owner ist dafür zuständig, eine Vision und Ziele für ihr Team zu formulieren und diese in weiterer Folge zu verfolgen und zu erreichen. Somit ist diese Rolle auch für den wirtschaftlichen Erfolg verantwortlich, der separat pro Team individuell definiert wird – immer mit Hinblick auf die übergeordneten Ziele des Unternehmens. Zu ihren Hauptaufgaben zählen Kundenbetreuung, Akquise und Außenwirksamkeit im Markt.

Als Rahmen für die Vision und die Ziele der einzelnen Teams dient die übergeordnete Firmenvision und die Strategie zur Erreichung ebendieser. Ein Beispiel: Ist die Strategie eines Unternehmens auf Wachstum und nachhaltige Kunden gepolt, so ist es keine Option, ein stabiles, nicht wachsendes, auf Ölkonzerne ausgerichtetes Team zu etablieren.

Aus unserer Sicht liegt der Erfolg insbesondere darin, dass die Teams eigene Ziele verfolgen und sich ihre (Kunden-)Projekte selbst auswählen. "Das große Ganze" behalten wir mit übergeordneten Objectives and Key Results (OKRs) im Blick. Auch hier gilt aber, den Fokus zu behalten. Deshalb legen wir uns übergreifend pro Quartal nur auf zwei oder höchstens drei gemeinsame Ziele für das Unternehmen fest.

Beispiel: Plattformorganisation beim Haushaltsgerätehersteller Haier

Ein weiteres, sehr fortschrittliches Beispiel ist die Organisationsstruktur des chinesischen Industriekonzerns Haier, dem Weltmarktführer bei Haushaltsgeräten. Nach dem Prinzip einer Plattform-Organisation hat das Unternehmen mehr als 4.000 Micro-Enterprises zu je 10 bis 15 Mitarbeitenden geschaffen (vgl. Hamel, 2020), die autonom und in Eigenverantwortung innerhalb ihres Enterprises agieren. Bemerkenswert ist hierbei, wie sich ein chinesisches Staatsunternehmen im Rahmen einer Zeitspanne von über einer Dekade hin zu einer Netzwerkorganisation wandelt, die aktuell beispiellos ist. Die Aufteilung erfolgt in Geschäftsbereiche wie "Premium-Kühlschränke" oder "vernetzte Waschmaschinen". Haier gibt lediglich einen übergeordneten Rahmen vor und agiert als B2B-Plattform für die Micro-Enterprises (vgl. Fischer, 2020).

Pull-Prinzip und Freiwilligkeit erhöhen Flexibilität und reduzieren Overhead