Ist die Corona-Krise ein Tipping Point für holistisches Denken? Wie wollen wir in Zukunft leben und arbeiten?

Wie wollen wir in Zukunft leben und arbeiten?

Irgendwie haben Sie sich Ihr Leben anders vorgestellt und Corona macht es nochmal richtig deutlich? Da geht es nicht nur Ihnen so. Doch wie so oft hat unsere Art, zu denken, einen ganz entscheidenden Einfluss darauf, wie wir unser Leben wahrnehmen. Impulse, wie Sie diese Denkweise revolutionieren und Ihrem Berufs- und Privatleben eine neue Qualität geben, enthält der Beitrag von Silke Nierfeld.

Management Summary

Ist die Corona-Krise ein Tipping Point für holistisches Denken? Wie wollen wir in Zukunft leben und arbeiten?

Wie wollen wir in Zukunft leben und arbeiten?

Irgendwie haben Sie sich Ihr Leben anders vorgestellt und Corona macht es nochmal richtig deutlich? Da geht es nicht nur Ihnen so. Doch wie so oft hat unsere Art, zu denken, einen ganz entscheidenden Einfluss darauf, wie wir unser Leben wahrnehmen. Impulse, wie Sie diese Denkweise revolutionieren und Ihrem Berufs- und Privatleben eine neue Qualität geben, enthält der Beitrag von Silke Nierfeld.

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Die Probleme unserer Zeit

Die Welt hat sich verbessert, messbar, in den Bereichen Armut, Gesundheit und vielen anderen Dingen. Gleichwohl ist die Beschreibung von "der besten Welt aller Zeiten" mehr eine Überlegung als das Lebensgefühl der meisten Menschen. Die Verbesserungen wurden auf Kosten der Natur erzielt, durch Ressourcenmissbrauch. Die Folgeschäden sind nicht absehbar, weil niemand genau weiß, was Artensterben, Klimawandel, etc. bewirken werden. Darüber hinaus bezahlen Menschen Wohlstand mit Stress, mit einem Leben wie in einem Hamsterrad, dass sie immer erschöpfter und verzweifelter werden lässt.

Obwohl es Prognosen bezüglich des Klimawandels gibt, die einem das Blut in den Adern gefrieren lassen, gelingt es nicht, das Ruder herumzureißen und mit aller Kraft gegenzusteuern. Lösungen zum Wohl aller zu finden ist nicht möglich, solange Menschen die Welt als eine Ansammlung von Einzelelementen betrachten, in der sie Abgrenzungen vornehmen von Nationen, Ethnien, Parteien, Glaubensgemeinschaften, etc. Abgrenzung erzeugt Teillösungen und keinen großen Wurf.

Selbst in Fällen gemeinsamer Zielsetzung gibt es keine Bündelung von Kräften, sondern energieraubende Debatten über das "wie". Im Alltag von Unternehmen finden die gleichen zermürbenden Auseinandersetzungen statt, wie in der Ministerpräsidenten-Konferenz. Die Pluralität von Perspektiven zerfleddert das gemeinsame Ziel. Es gibt kein gemeinsames Maß, keine Orientierung an einer höheren Intelligenz, die über individuelle Perspektiven hinausgeht.

Abgrenzen und Fragmentieren sind die Grundlagen des rationalen, mechanischen Weltbilds. Es definiert das Erwünschte und Korrekte und verdrängt dadurch alles Fremde und Störende. Weil sich alles Verdrängte immer wieder einschiebt und nichts auf der Welt ausgeschlossen werden kann, verstärkt gerade die starre Ordnung des Erwünschten und Korrekten das Fremde und Störende, über das sich Demokratien in aller Welt wundern.

Die Industrienationen leben in einer Welt der Maximierung, welche die Realität als technisch-ökonomische Verwertbarkeit behandelt, wie der Psychologe Daniel Salber schreibt. Das Leben ist reduziert auf das Erreichen von Zielen und Maximierung ist zum Prinzip der Kultur geworden. Maximierung – immer mehr vom immer gleichen – verdrängt alle anderen Lebensinhalte; sie radiert den größten Teil des Seelenlebens weg. Dabei bietet sie selbst nur Inhaltslosigkeit, wodurch ein Sinn-Loch aufreißt, welches wiederum mit Maximierung gestopft wird. Es ist ein Teufelskreis: Menschen fühlen sich ständig unzufrieden und unzulänglich und die Verwaltung des permanenten Mangels erzeugt Seelenlosigkeit.

Wenn das Leben, so wie wir es führen, ein einziger Kampf ist, dann muss das bedeuten, dass wir gegen die Prinzipien des Lebens handeln. Es gibt aber fundiertes Wissen über die Prinzipien des Lebens. Warum wird es nicht angewendet? Hier ist der neuralgische Punkt: Menschen verhindern ein besseres Leben und die Lösung ihrer Probleme, weil sie sich gegen neue Denk- und Sichtweisen wehren. Erkenntnis ist der Gegenpol zu Sicherheit, ohne Unsicherheit gibt es keine Erkenntnis. Deshalb ist die Krise eine große Chance, die Weichen neu zu stellen.


Die Suche nach Gewissheit blockiert die Suche nach Sinn. Ungewissheit ist die eigentliche Bedingung, um die Menschheit zur Entfaltung ihrer Kräfte anzutreiben. Erich Fromm

Die Entwicklung der Probleme

Um Probleme lösen zu können, muss man sich anschauen, wie man die Probleme erzeugt.
Es gibt drei generelle Perspektiven auf die Welt: Erstens die Welt, die wir erfahren; zweitens unser Denken darüber, wie die Welt sein sollte; drittens die Welt, wie sie wirklich ist. Jedes Problem und jedes Leid entstehen aus der Diskrepanz zwischen erster und zweiter Perspektive. Wir sind mit dem, was geschieht, nicht einverstanden und haben eine Erwartungshaltung an die Welt, dass sie anders sein sollte. Unsere Erwartungshaltungen sind tief verankert und größtenteils unbewusst. Es sind Dinge, die für uns offensichtlich und feststehend sind. Deshalb kommen wir nicht auf die Idee, sie zu hinzufragen oder uns vorzustellen, dass sie für andere Menschen anders sind.

Die Entwicklung des Menschen beginnt als Differenzierungsprozess. Der Säugling erfährt, dass er getrennt von seiner Mutter existiert. Er lernt seine Körperfunktionen zu beherrschen und seine Gefühle von seinem Körper zu differenzieren. Die Umwelt nimmt er über die Sinne wahr und sich selbst in der Wechselwirkung mit der Umwelt. Er versteht die Wirkzusammenhänge zwischen Subjekten und Objekten und kann später auch abstrakte Zusammenhänge wie Mathematik begreifen. Der Mensch reift mit seinen drei Intelligenzzentren Instinkte, Emotionen und Verstand zu einem vernunftbegabten Erwachsenen heran, der immer wieder in Konflikte gerät. Konflikte mit sich selbst – weil Denken und Fühlen nicht immer harmonisch sind – sowie Konflikte mit der Welt. Die Konflikte sind Ausdruck davon, dass der Entwicklungsprozess auf Fortsetzung drängt.

Bei jeder Lernerfahrung speichert das Gehirn Muster ab. Das sind Verknüpfungen von sinnlichen Erfahrungen, Gefühlen und gedanklichen Erklärungen. Die meisten dieser Muster sind unbewusst. Ein Elternteil, welches seinem Kind mit Desinteresse begegnet, kann in dem Kind (unbeabsichtigt) die Überzeugung verankern, dass es nicht gut genug ist, dass es Leistung erbringen muss, um liebenswert zu sein. Dieses Kind wird auch als Erwachsener Ansprüche an sich selbst richten, die unmöglich zu leisten sind. Unabhängig davon, welche überdurchschnittlichen Leistungen es tatsächlich erbringt, das Gefühl nicht genug zu sein wird aufrechterhalten, weil es mit der Wirklichkeit gleichgesetzt wird.

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Alle Kommentare (4)

Roland
Ankner

Gratulation zu diesem Artikel - holistisches Denken und Lebendigkeit als Ansatz, um Unternehmen (und deren gelebte) Kulturen zukunftsfähig zu machen, einfach genial. Bitte mehr davon ... und Dankeschön!