Neuinterpretation eines Symbols Das Magische Dreieck als Controlling-Instrument

Das Magische Dreieck: Jede PM-Einführung präsentiert es als Symbol für den Balanceakt zwischen Zeit, Aufwand und Ergebnis. In der Praxis aber bestimmen abstrakte Methoden wie die Earned Value Analyse die Projektarbeit. Dabei könnte man mit dem Magischen Dreieck und seiner einprägsamen Visualisierung die Überwachung und Steuerung von Projekten sehr viel intuitiver gestalten. Dr. Georg Angermeier zeigt, welche Möglichkeiten in dem Symbol stecken.

Neuinterpretation eines Symbols Das Magische Dreieck als Controlling-Instrument

Das Magische Dreieck: Jede PM-Einführung präsentiert es als Symbol für den Balanceakt zwischen Zeit, Aufwand und Ergebnis. In der Praxis aber bestimmen abstrakte Methoden wie die Earned Value Analyse die Projektarbeit. Dabei könnte man mit dem Magischen Dreieck und seiner einprägsamen Visualisierung die Überwachung und Steuerung von Projekten sehr viel intuitiver gestalten. Dr. Georg Angermeier zeigt, welche Möglichkeiten in dem Symbol stecken.

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Das Magische Dreieck: Kein Einsteiger kommt an ihm vorbei. Jedes Einführungsbuch und jeder Einführungskurs präsentiert es als Symbol für den Balanceakt des Projektmanagements zwischen Zeit, Aufwand und Ergebnis. Aber danach verschwindet es von der Bildfläche und abstrakte Methoden wie die Earned Value Analyse oder der Plan-Ist-Vergleich bestimmen die Projektarbeit. Dabei könnte gerade das Magische Dreieck mit seiner einprägsamen Visualisierung die Überwachung und Steuerung erheblich intuitiver gestalten. Selbst Aspekte des Projektportfoliomanagements kann man mit dem Magischen Dreieck eingängig darstellen. Dafür muss man allerdings die Symbolik hinterfragen. Tut man das, gelangt man zu einer Neuinterpretation, die ich hier zur Diskussion stellen möchte.

Nur ein Symbol?

In fast allen Einführungsbüchern zum Thema Projektmanagement findet man als Symbol des Projektmanagements ein gleichseitiges Dreieck mit den Eckpunkten "Aufwand", "Zeit" und "Ergebnis".

Bild 1: Das so genannte "Magische Dreieck".

Je nach Autor erhalten die drei Ecken andere oder zusätzliche Bezeichnungen, manchmal wird aus dem Dreieck auch ein Quadrat, bei dem "Ergebnis" in "Produkt" und "Qualität" aufgeteilt wird. Im ProjektManager, dem Standardwerk der GPM, erhalten die drei Ecken z.B. die Bezeichnungen "Termine", "Kosten" und "Leistung".

Tabelle 1: Bezeichnungen für die Ecken des Magischen Dreiecks.
Aufwand Zeit Ergebnis
Kosten, Arbeitsaufwand, Investition, Budget Projektlaufzeit, Dauer, Termine Ziel, Leistung, Lieferung, Werk, Liefergegenstand, Qualität
 

Unabhängig von der verwendeten Variante lauten die mit dem Magischen Dreieck verbundenen Aussagen:

  • Ergebnis, Dauer und Kosten sind die drei wesentlichen Charakteristika eines Projekts.
  • Diese drei Elemente sind eng miteinander verknüpft und können nicht unabhängig voneinander variiert werden.
  • Das angestrebte Ergebnis soll der Laufzeit des Projekts und seinen Kosten angemessen sein.

Meist endet die Interpretation des Symbols mit diesen Aussagen; während des Projekts kommt ihm keine weitere Bedeutung zu. Als neugieriger Mensch (was alle Projektmanager sein sollten) fragt man sich jedoch, ob man mit dem Symbol nicht auch präzisere Aussagen zu den drei dargestellten Größen treffen und somit deren Änderungen im Projektverlauf darstellen kann. Eine solche Neuinterpretation würde eine aussagekräftige Visualisierung des Projekt-Controllings erlauben.

Würde sich z.B. die Laufzeit eines Projekts durch äußeren Zwang (Auftraggeber besteht auf früherer Lieferung) verkürzen, muss das Ergebnis dennoch gleich bleiben. In diesem Fall steigen die Kosten (sog. Beschleunigungskosten). Diese Änderungen gegenüber der ursprünglichen Planung sollten sich durch eine veränderte geometrische Form des Dreiecks symbolisieren lassen.

Für eine solche Präzisierung müssen vorab folgende Fragen geklärt werden:

  1. Wie messe ich die drei Größen?
  2. Wie lassen sich die drei Größen quantitativ in Form eines Dreiecks darstellen?

Im Folgenden stelle ich eine Möglichkeit vor, Messgrößen für Ziel, Aufwand und Zeit zu definieren. Anschließend beschreibe ich ein geeignetes Koordinatensystem, um diese Messgrößen in Form des Magischen Dreiecks mit entsprechender geometrischer Form zu visualisieren. Auf dieser Basis sind schließlich Interpretationen für das Projekt-Controlling möglich.

Die Eckpunkte des Magischen Dreiecks

Ziel: Ergebnisse messbar machen

Projektmanagement bedeutet in erster Linie, ein vereinbartes Ergebnis zu erreichen. An der Spitze des Magischen Dreiecks steht deshalb das Projektziel. Dieses setzt sich zusammen aus dem vertraglich vereinbarten Werk, seiner Qualität und im Normalfall aus seiner monetären Bewertung. Meistens bedeutet dies: Der Auftraggeber erhält das Produkt und zahlt dafür den vereinbarten Preis. Aber es gibt auch Projekte mit nicht direkt monetär bewerteten Ergebnissen, wie z.B. Organisationsentwicklungsprojekte oder volkswirtschaftlich zu betrachtende Projekte wie Bildungsprojekte. Eine allgemein gültige Messgröße für das Projektziel darf daher nicht ein monetärer Maßstab sein. Als Messgröße für das Projektziel schlage ich deshalb den Fertigstellungsgrad vor. Unabhängig von Projektart und Bezeichnung des Projektergebnisses (z.B. Werk, Liefergegenstand, Leistung usw.) gehört es zum Wesen eines Projekts, dass sein Fertigstellungsgrad (engl. Percent Complete) angegeben werden kann. Bei Projektende gibt der Fertigstellungsgrad an, inwieweit die ursprünglich geplanten Leistungen erbracht wurden. Wenn der Fertigstellungsgrad unter 100% bleibt, konnten nicht alle Anforderungen erfüllt werden (z.B. bei einem Verbesserungsprojekt eine Fehlerquote von 0,1 Promille statt der angestrebten 0,01 Promille). Bei einem Wert über 100% übertrifft das Ergebnis sogar die Zielsetzung (z.B. bei einem Vertriebsprojekt 1000 statt der angestrebten 750 Vertragsabschlüsse).

Diese Überlegungen führen zur ersten Definition:

Definition 1: Das Projektergebnis wird bemessen in der prozentualen Fertigstellung des vereinbarten Werks.

Budget: Arbeitsaufwand und Kosten

An der linken unteren Ecke steht meist lediglich "Aufwand". Genau genommen muss dort das dem Projektleiter zur Verfügung stehende Budget stehen. Normalerweise setzt sich das Budget aus der mit entsprechenden Stundensätzen bewerteten Arbeitszeit und Sachkosten zusammen. Es ist aber auch möglich, dass nur die Arbeitszeit in Personenstunden oder -tagen gemessen den Aufwand des Projekts beschreiben. Wichtig ist, dass es hier nur um die Kosten des Projekts, nicht aber um den Verkaufspreis des Projektergebnisses geht. Die zweite Definition lautet also:

Definition 2: Der Aufwand wird bemessen in Kosten oder quantifizierbaren Aufwandsgrößen wie Arbeitszeit oder Materialaufwand. Der vom Auftraggeber bezahlte Preis wird dabei nicht berücksichtigt.

Zeit: Anfang und Ende klar bestimmen

So seltsam es klingen mag: Weder für Anfangs- noch Endzeitpunkt eines Projekts gibt es eine klare Definition. Weder PMBOK® Guide noch ProjektManager treffen hier eine verbindliche Aussage. Nicht zu verwechseln ist die Bestimmung von Anfang und Ende eines Projekts mit der Einhaltung eines verbindlichen Liefertermins. In einem Projekt können mehrere solcher, evtl. mit Konventionalstrafen versehenen Meilensteine sein. Um den Faktor "Zeit" für das Magische Dreieck greifbar zu machen, muss deshalb zunächst eine eindeutige, sinnvolle Definition der Projektdauer gefunden werden. Der Logik des Magischen Dreiecks folgend erscheint es zweckmäßig, die Dauer eng mit dem Kosten- und dem Zielmaßstab zu verknüpfen. Ich schlage als Definition für die Projektdauer vor, ihren Anfang mit dem Beginn der Kostenerfassung und ihr Ende mit der Erfüllung des Projektziels zu verknüpfen:

Definition 3: Das Maß für die Zeit ist die Projektdauer. Diese ist die kalendarische Zeitspanne zwischen dem Beginn der ersten, auf die Kostenstelle des Projekts gebuchten Tätigkeit und der Unterzeichnung der Abnahmebestätigung durch den Auftraggeber.

Ein Blick ins Innere: Die Dimensionen des Dreiecks

Nachdem die Frage nach den eigentlichen Messgrößen beantwortet ist, können wir uns mit ihrer Visualisierung durch das Dreieck beschäftigen. Um Messgrößen sinnvoll miteinander in Beziehung setzen zu können, müssen sie auf Achsen mit einem festgelegten, gemeinsamen Ursprung abgetragen werden. Die Seiten eines Dreiecks sind deshalb keine geeigneten Achsen. Eine sinnvolle quantitative Visualisierung in Dreiecksform ergibt sich nur, wenn wir sie in einem Spinnendiagramm mit drei um jeweils 120° gedrehten Achsen darstellen, wie dies Bild 2 zeigt.

Bild 2: Das Magische Dreieck als Koordinatensystem.

Zu einem gleichseitigen Dreieck gelangen wir, wenn wir die drei Größen in Prozenten ausdrücken, denn dann können wir die Planwerte von Projektdauer und Projektbudget als 100% definieren. Der geplante Fertigstellungsgrad am Projektende ist ebenfalls 100%. Verbindet man die drei Eckdaten ergibt sich daraus das Magische Dreieck. Wenn wir nun die ursprünglichen Planwerte fixieren, können wir qualitative Entwicklungen im Projektablauf gegenüber dem Plan darstellen.

Bild 3: Typische Situationen im Projektmanagement - visualisiert mit dem Magischen Dreieck.

In Bild 3 ist dargestellt, wie sich das ursprünglich gleichseitige Magische Dreieck im Lauf des Projekts verformen kann. Dabei bedeutet ein Abweichen von den 100% des jeweiligen Planwerts keineswegs automatisch eine Verschlechterung. Das ideale Wunschdreieck eines jeden Projektmanagers ist in Bild 3a dargestellt: Das Ergebnis wird übererfüllt, die Kosten sind niedriger und die Dauer kürzer als geplant. Demgegenüber steht die Illustration der typischen Projektrealität in Bild 3b. Bild 3c zeigt das zu Anfang genannte Beispiel, bei dem eine Laufzeitverkürzung zu einer Kostenerhöhung führt.

Wir haben jetzt ein Verständnis für die Symbolik des Magischen Dreiecks gewonnen, die eine intuitive Projektbewertung erlaubt. Die Neuinterpretation als Spinnendiagramm mit drei Achsen erlaubt uns aber noch mehr: Wir haben ein Koordinatensystem, in das wir den aktuellen Projektstatus eintragen und auf einen Blick drei wesentliche Kennzahlen des Projektfortschrittes erfassen können. Hierfür müssen wir nur noch definieren, wie wir Momentanwerte während des Projektablaufs für die drei Messgrößen Zeit, Kosten und Fertigstellung ermitteln:

  • Das einfachste ist das prozentuale Zeitmaß. Dieses liegt mit der Wahl des Stichtags für den Projektstatus schon fest. Es ermittelt sich einfach als Verhältnis der aktuellen Projektdauer beim Stichtag zur gesamten geplanten Projektdauer.
  • Als prozentuale Größe für den Aufwand verwenden wir das Verhältnis der Ist-Kosten am Stichtag zum gesamten Projektbudget. Die DIN 69903 definiert dieses Verhältnis als "Budgetausschöpfungsgrad".
  • Der Fertigstellungsgrad ist nach DIN 69901 und nach PMBOK® Guide ähnlich definiert, nämlich als die prozentuale Angabe über die Leistungserbringung eines Vorgangs, Arbeitspakets oder Projekts. Falls es keine Kostenplanung und -überwachung gibt, muss der Fertigstellungsgrad subjektiv geschätzt werden. Wenn ein Kostenplan vorliegt, so ist eine Möglichkeit der Fertigstellungsgradberechnung im Sinne der Earned Value Analyse das Verhältnis von Fertigstellungswert (Earned Value) zu Projektbudget. Als alternative Bezugsgröße kann die aktuelle Schätzung der Gesamtkosten (Estimate At Completion) verwendet werden.

Eine genaue Erklärung der Earned Value Analyse liefern die Artikel "Messbarer Projekterfolg mit der Earned Value Analyse" in Ausgabe 4/2001 und "Plan und Realität effizient vergleichen: Projektcontrolling mit Earned Value Management" in Ausgabe 24/2003.

Die Verknüpfung der Dimensionen: Kostenplan

Wirksames Projekt-Controlling ist nur möglich, wenn ein Kostenplan vorliegt, der zu bestimmten Stichtagen Planwerte für die bis dahin angefallenen Projektkosten angibt. Bild 4 zeigt ein einfaches Beispiel eines Kostenplans für ein 360 Tage dauerndes Projekt mit einem Budget von 100.000 Euro. Zu jedem Quartalsende (vereinfacht: 90 Tage) gibt es einen Stichtag mit einer geplanten Kostensumme.

Bild 4: Im Kostenplan verknüpft die Kostensummenlinie Laufzeit und Kosten.

Wenn wir den Fertigstellungsgrad im Sinne der Earned Value Analyse als Verhältnis von Fertigstellungswert zu Budget berechnen, dann sind die Planwerte von Fertigstellungsgrad und Budgetausschöpfungsgrad gleich. Daraus ergeben sich die prozentualen Planwerte in Tabelle 2 für Zeit, Aufwand und Ergebnis.

Tabelle 2: Einfacher Kostenplan mit prozentualen Werten.
  Start Quartal 1 Quartal 2 Quartal 3 Quartal 4
Zeit: verstrichene
Laufzeit in %
0% 25% 50% 75% 100%
Aufwand: Budgetausschöpfungs-
grad
0% 10% 30% 85% 100%
Ergebnis:
Fertigstellungsgrad
0% 10% 30% 85% 100%
 

Der Kostenplan verknüpft also die drei Dimensionen des Magischen Dreiecks miteinander. Jeder Stichtag ergibt ein eigenes Dreieck, das den geplanten Projektstatus visualisiert. Bild 5 beschreibt den Kostenplan als Folge von Dreiecken: Ein Blick auf die Zeitachse lässt sofort erkennen, dass die Stichtage regelmäßig gesetzt sind. Dagegen sieht man auf den Achsen von Fertigstellungs- und Budgetausschöpfungsgrad, dass die Arbeit im Projekt zunächst langsam anläuft, dann eine intensive Arbeitsphase folgt und es mit einer ruhigeren Abschlussphase endet.

Bild 5: Der Kostenplan im Magischen Dreieck.

Diese Transformation des Kostenplans in das Magische Dreieck bringt für die Planung keinen neuen Erkenntnisgewinn, es schafft aber die Voraussetzung für eine intuitive Visualisierung des Projekt-Controllings während der Projektabwicklung.

Projekt-Controlling: Was sagen die Zahlen?

Bild 6: Projekt-Controlling durch Vergleich von Plan- und Ist-Werten der Kostensummenlinie.

Nach der Hälfte der Laufzeit kann sich z.B. die in Bild 6 dargestellte Situation ergeben: Die Ist-Kosten liegen bei beiden Berichtszeitpunkten signifikant über den geplanten Kosten. Dieser traditionelle Plan-Ist-Vergleich sagt aber nichts über die Ursachen aus. Diese können sein:

  • Das Projekt kommt schneller voran als geplant. Deshalb fallen später geplante Kosten jetzt schon an.
  • Die Kosten für die geplanten Arbeiten liegen höher als geplant. Das Projektbudget wird überzogen.

Nur ein Blick auf den Fertigstellungsgrad hilft uns bei der Projektbewertung weiter. Wenn der Fertigstellungsgrad gleich oder größer als der Budgetausschöpfungsgrad ist, dann ist alles in Ordnung. Andernfalls überzieht das Projekt seinen Kostenplan.

Plan-Ist-Vergleich im Magischen Dreieck

In unserem fiktiven Beispiel könnte der Plan-Ist-Vergleich unter Berücksichtigung des Fertigstellungsgrads wie in Tabelle 3 aussehen.

Tabelle 3: Berücksichtigung des Fertigstellungsgrads beim Plan-Ist-Vergleich.
Projektstatus Quartal 2 Plan Ist
Zeit: verstrichene Laufzeit in % 50% 50%
Aufwand: Budgetausschöpfungsgrad 30% 45%
Ergebnis: Fertigstellungsgrad 30% 40%
 

Während die Zahlen in der Tabelle eine Beurteilung des Projektstatus erst nach einigem Nachdenken erlauben, lässt sich die Darstellung des Status im Magischen Dreieck sofort intuitiv erfassen. Wie aus Bild 7 ersichtlich, kam das Projekt schneller voran als geplant, da sich die Spitze des roten Ist-Dreiecks oberhalb des Plan-Dreiecks befindet. Wenn man genau hinsieht, erkennt man zudem, dass der Budgetausschöpfungsgrad überproportional gestiegen ist: Das Projekt ist schneller und teurer als geplant!

Bild 7: Projektstatus nach Plan-Ist-Vergleich im Magischen Dreieck.

Earned Value und Magisches Dreieck

Die Aussagekraft des Magischen Dreiecks lässt sich noch deutlich steigern, wenn wir die Kennzahlen der Earned Value Analyse hinzuziehen (siehe "Plan und Realität effizient vergleichen: Projektcontrolling mit Earned Value Management" in Ausgabe 24/2003. Die hier benötigten Kennzahlen sind:

  • Schedule Performance Index (SPI): Verhältnis von Earned Value (Fertigstellungswert) zu Planned Value (geplante Kosten zum Stichtag).
  • Cost Performance Index: Verhältnis von Earned Value zu Actual Cost (Ist-Kosten).
  • Estimate At Completion: Aktueller Schätzwert der voraussichtlichen Gesamtkosten des Projekts.

Mit diesen Leistungskennzahlen verändern und ergänzen wir das Magische Dreieck:

  • Wir dividieren im Ist-Dreieck die Laufzeit durch den Schedule Performance Index. Damit wird die tatsächlich verstrichene Zeit auf den geplanten Projektablauf skaliert. Bei einem SPI größer als 100% haben wir weniger Zeit "verbraucht" als geplant, wir haben im Vergleich zum Planwert Pufferzeit gewonnen.
  • Wir fügen dem Plan- und Ist-Dreieck noch ein Prognose-Dreieck für den Projektabschluss hinzu. Der Fertigstellungsgrad zu Projektende soll in diesem Beispiel bei 100% bleiben - natürlich könnte auch hier eine Abweichung dargestellt werden. Die prognostizierte Projektdauer schätzen wir ab, indem wir die geplante Projektdauer durch den SPI dividieren. Den Prognosewert des Gesamtaufwands können wir entweder direkt schätzen (Estimate At Completion) oder aus der Division des geplanten Budgets durch den Cost Performance Index ermitteln.

Das so erhaltene Diagramm (Bild 8) mit Plan-, Ist- und Prognose-Dreieck lässt auf einen Blick den Projektstatus erkennen und erlaubt eine Projektbewertung in wenigen Sekunden.

Bild 8: Projektstatus nach Earned Value Analyse im Magischen Dreieck mit Prognosewerten.

  • Zeit: Das Projekt läuft schneller als geplant. Es hat einen komfortablen Puffer zum Endtermin.
  • Ergebnis: Die Leistungen übersteigen die Planung. Das angestrebte Ergebnis wird in der geplanten Spezifikation erbracht.
  • Aufwand: Die aktuellen Kosten liegen höher als geplant. Das Projektbudget wird vermutlich überzogen.

Je nachdem, ob Kosten- oder Termintreue für dieses Projekt die höhere Priorität hat, werden Projektleiter, Projektportfoliomanager, Geschäftsführer oder Auftraggeber diesen Status negativ oder positiv bewerten. Sie können eine solch differenzierte Bewertung aber nur deshalb durchführen, weil sie alle drei Dimensionen des Magischen Dreiecks auf einen Blick erfassen können.

Magisches Portfoliomanagement: Dreiecke statt Ampeln

Demgegenüber erscheint die weit verbreitete Methode der Ampel-Indikatoren zur Anzeige des Projektstatus im Projektportfoliomanagement wenig aussagekräftig. Die Beurteilung des Projektstatus als "Grün", "Gelb" oder "Rot" beruht in der Regel nur auf subjektiven Einschätzungen. Vor allem aber differenziert sie nicht zwischen den Gründen für die Beurteilung - es sei denn, dass mindestens drei Ampeln vorhanden sind.

Die Darstellung des Projektstatus im Magischen Dreieck hat aber noch einen weiteren Vorteil gegenüber den Ampel-Indikatoren: Die Magischen Dreiecke einzelner Projekte können zu einem Magischen Dreieck eines Programms oder Portfolios addiert werden. Ampelbewertungen mehrerer Projekte lassen sich dagegen nicht zu einer Gesamtbewertung zusammenfassen. "Grün" plus "Rot" gibt nicht automatisch "Gelb", vielmehr muss zunächst wieder auf die ursprünglichen Kennzahlen zurückgerechnet werden.

Fazit: Intuitive Visualisierung statt Zahlenkolonnen

Die Interpretation des Magischen Dreiecks als Spinnendiagramm dreier Schlüsselkennzahlen bringt im Projekt-Controlling mit den traditionellen Methoden von Fertigstellungsgrad und Earned Value Analyse zwar keine zusätzlichen Informationen, erlaubt aber eine intuitivere und schnellere Interpretation der dargestellten Werte.

Für das Projektportfoliomanagement ist die vorgeschlagene Darstellung den weit verbreiteten Ampel-Indikatoren überlegen. Im Gegensatz zu einem Ampel-Indikator kann seine Datenbasis direkt zu Projektgruppen, Programmen oder Portfolios zusammengefasst werden. Vor allem aber erlaubt sie eine genauere und differenziertere Bewertung des Projektstatus.

Literatur

  • Project Management Institute: A Guide to the Project Management Body of Knowledge. Dritte Ausgabe, 2004, Newton Square Pennsylvania (USA)
  • Schelle, Heinz; Ottmann, Roland; Pfeiffer, Astrid: ProjektManager, Nürnberg 2005
  • Angermeier, Georg: Plan und Realität effizient vergleichen: Projektcontrolling mit Earned Value Management. Projekt Magazin, Ausgabe 24/2003
  • Walenta, Thomas: Messbarer Projekterfolg mit der Earned Value Analyse, Projekt Magazin, Ausgabe 4/2001
  • Bechler, Klaus J.; Lange, Dietmar (Hrsg.): DIN Normen im Projektmanagement, Bonn 2005

 

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