Virtuelle Zusammenarbeit, Augmented Reality und digitaler Zwilling Der digitale Projektleiter – Zukunft statt Träumerei

Der digitale Projektleiter – Zukunft statt Träumerei

Wie fänden Sie es, wenn eine künstliche Intelligenz (KI) vollautomatisiert Ihr Projekt leitet? Beispiel: Die KI erkennt ein eingetretenes Projektrisiko und steuert mittels Roboter im digitalen Zwilling eine korrigierende Sofortmaßnahme. Dann plant die KI den Meilenstein um und informiert alle Stakeholder. Das alles ohne menschliches Zutun. Klingt nach Zukunftsmusik? Nicht unbedingt.

Virtuelle Zusammenarbeit, Augmented Reality und digitaler Zwilling Der digitale Projektleiter – Zukunft statt Träumerei

Der digitale Projektleiter – Zukunft statt Träumerei

Wie fänden Sie es, wenn eine künstliche Intelligenz (KI) vollautomatisiert Ihr Projekt leitet? Beispiel: Die KI erkennt ein eingetretenes Projektrisiko und steuert mittels Roboter im digitalen Zwilling eine korrigierende Sofortmaßnahme. Dann plant die KI den Meilenstein um und informiert alle Stakeholder. Das alles ohne menschliches Zutun. Klingt nach Zukunftsmusik? Nicht unbedingt.

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Mit Erstaunen stellen wir immer wieder fest, wozu KI in der Lage ist, wenn sie über die richtigen und – das ist das Entscheidende – richtig strukturierten Daten verfügt. Denn Daten und Fakten sind das A und O für jede Entscheidung im Projektmanagement.

Das PMI beispielsweise bezeichnet relevante Daten als "work performance data", also die Performance-Rohdaten wie geleistete Arbeit oder zeitlicher Fortschritt. Und grenzt dies im gleichen Atemzug ab von "work performance information". Gemeint ist damit die prozessual aufbereitete Form jener Rohdaten, z.B. in Form von Planungsprognosen. Schließlich gibt es noch "work performance reports", also in Form von Projektdokumenten aufbereitete Daten wie den Statusbericht.

Vorausgesetzt, ich nutze Vorgehensmodelle und Methoden lehrbuchmäßig, liegen Projektdaten also heute schon klassifiziert vor. Denn die Methodik schreibt vor, alle Informationen strukturiert zu erfassen sowie in der Projektdatenbank abzulegen und bildet damit das notwendige Rahmenwerk für die Arbeit der KI. Wenn es das alles heute schon gibt, wieso sollten wir annehmen, dass ich als menschlicher Projektmanager diese Daten besser verarbeiten und passgenauere Prozesse auswählen kann als eine KI?

Theorie vs. Praxis

Zunächst die offensichtliche und bezogen auf die Sicherheit Ihres Arbeitsplatzes auch beruhigende Antwort: Ein Projekt besteht nicht nur aus Methodik und Daten. Damit eine KI funktioniert, muss sie auf alle Prozessinformationen so granular wie möglich und vollständig digital zugreifen können. Der Großteil der dafür notwendigen Daten liegt der KI nur in den seltensten Fällen vor – und das wird auf absehbare Zeit so bleiben, weil weiterhin Menschen Projekte bearbeiten, wodurch viele Projektinformationen – besonderes in zeitkritischen Phasen – oft nicht oder nur unvollständig digital erfasst werden.

So stellen sich aus unserer Sicht zwei Herausforderungen: Erstens gehört zu einem Projekt immer ein Team, das geführt werden muss. Und zweitens findet Projektarbeit (als auch Führung) in der Regel nicht rein digital, sondern auch im realen Leben statt. Beispiel: jedes Infrastrukturprojekt, sei es Hausbau oder IT-Hardware, wo Projektergebnisse haptisch und damit analog entstehen. Aufgrund der technischen Möglichkeiten drängt sich dennoch geradezu die Frage auf: Ginge es nicht auch etwas digitaler?

Mehr virtuelle Zusammenarbeit

Bekannte Tools für die virtuelle Zusammenarbeit sind Videokonferenzen, Websessions und digitale Kanban-Boards. Ich kann innerhalb weniger Minuten eine Websession starten und dank digitalem Whiteboard die neuesten Ideen via Videostream mit Projektmitarbeitern rund um den Globus diskutieren. Meist kommen diese digitalen Tools aber erst zum Einsatz, wenn die Projektinitiierung abgeschlossen ist und das Team mit der Arbeit beginnt.

Dass es auch in der frühen Projektphase digitaler zugehen kann, zeigt beispielweise die Plattform innocentive.com. Dort können Unternehmen ungelöste Probleme als Projekt ausschreiben. Der Projektleiter des Auftragnehmers stellt dann sein virtuelles Team zusammen, anhand fachlicher Expertise, geprüfter Referenzen sowie Bewertungen und Empfehlungen aus dem beruflichen Social Network. Und das alles direkt auf einer einzigen Plattform, über die anschließend auch die weitere Projektkoordination bis hin zur Abrechnung erfolgt.

Denkt man das nun weiter: Wie wäre es, wenn auch Gestik, Mimik und menschliche Interaktion in der virtuellen Welt erlebbar wären? Schließlich sind 3D-Scanner schon heute dazu in der Lage, ein digitales Abbild meiner selbst als 3D-Avatar zu erstellen, unabhängig von meiner realen Erscheinung. Ich könnte also bequem in Jogginghose im virtuellen Kundenmeeting sitzen, der Kunde würde mich im virtuellen Maßanzug sehen. Ergänzt wird das Szenario um 3D-Brille und den Technologien Virtual-, Mixed- oder Augmented Reality samt Raumklang.

Fertig ist der virtuelle Meetingraum, wo jede menschliche Interaktion digital für alle sicht- und hörbar ist. Auch für eine KI. Die könnte nämlich dann auch gleich alle Fleißarbeiten übernehmen, wie Protokoll schreiben, Ergebnisse festhalten und auswerten, automatisiert PowerPoint-Folien oder Excel-Kalkulationen erstellen und nebenbei Recherchen durchführen.

Digitaler Zwilling

Die zweite Herausforderung ist, dass ein Großteil des Projektalltags nicht digital stattfindet, z.B. Infrastrukturprojekte und deren Baustellen. Daraus folgt, dass Projektfortschritte in der Regel nicht direkt digital erfasst werden und dass sich solche Projekte nicht virtuell umsetzen lassen. Oder doch?

Das Schlagwort heißt Internet der Dinge. Ich kann heute schon reale Objekte (Heizung, Jalousien, Roboter) von der Ferne aus steuern und die zugrundeliegenden Technologien sind auf dem Vormarsch. Auch vor der Industrie macht diese Entwicklung nicht Halt – dort hat sich der Begriff digitaler Zwilling etabliert.

Dahinter verbirgt sich, dass die gesamte real existierende Wertschöpfungskette, beispielsweise eine echte Fertigungsstraße für ein Auto, vollständig als digitale Kopie abgebildet ist. Via 3D-Brille und zwei Handcontrollern ist ein Mensch dann in der Lage, diesen Zwilling vollständig zu steuern. Jede dort durchgeführte Aktivität – sei es Wartung, Korrekturen, Robotersteuerung, Eingreifen in den laufenden Prozess, Änderungen etc. – wird in Echtzeit auf die reale Anlage übertragen, passiert also im digitalen Zwilling genau wie in der Fabrik. Das zu produzierende Auto läuft in der Realität live durch eine menschenleere, dunkle Fabrik, während das virtuelle Team am digitalen Zwilling arbeitet. Das ist keine Zukunftsvision, diese Technologie gibt es bereits, in Form von Prototypen.

Der digitale Projektmanager ist die Zukunft!

Um die Eingangsfrage noch einmal aufzugreifen: Kann KI den Projektleiter ersetzen? Wir glauben nein, jedenfalls nicht vollständig. Auch in einer digitalen Zukunft sind es weiterhin Menschen, die in schwierigen Projektsituationen mit Fingerspitzengefühl geführt werden müssen.

Wir sind jedoch überzeugt, dass viele Aufgaben, die heute noch der Projektleiter übernimmt, künftig in virtueller Teamarbeit oder durch KI erledigt werden. Wir sehen die künftige Aufgabe des Projektleiters stärker in Richtung Leadership und Management der Stakeholder. Beides erachten wir als wichtige und wachsende Aufgaben in einer Welt, in der agile Ansätze zunehmen. Für den Projektleiter und das Team heißt das: mehr Soft-Skills und weniger Methoden-Routine, die die KI übernehmen wird. Und Hand aufs Herz: Wenn Statusberichte künftig automatisiert erstellt werden, kann das so schlimm sein?

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