Umsetzungserfolg durch Partizipation Keine Angst vor 1.000 Stakeholdern

Um ein praktikables Projektergebnis zu erreichen, ist die Partizipation der späteren Anwender manchmal unumgänglich. Doch oft erscheint den Projektbeteiligten ein Partizipationskonzept als der Albtraum schlechthin. Denn die Einbindung der Stakeholder steht meist für ein Verzögern und Zerreden anstatt für eine Verbesserung des Projektergebnisses. Dass die Partizipation vieler Stakeholder jedoch kein Schreckgespenst sein muss, zeigt ein Großprojekt des Landes Baden-Württemberg. Meri Eremut-Marinic, Dr. Wolfram von Schneyder und Markus Moser beschreiben, wie die Partizipation in diesem Projekt erfolgreich gestaltet wurde.

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Umsetzungserfolg durch Partizipation Keine Angst vor 1.000 Stakeholdern

Um ein praktikables Projektergebnis zu erreichen, ist die Partizipation der späteren Anwender manchmal unumgänglich. Doch oft erscheint den Projektbeteiligten ein Partizipationskonzept als der Albtraum schlechthin. Denn die Einbindung der Stakeholder steht meist für ein Verzögern und Zerreden anstatt für eine Verbesserung des Projektergebnisses. Dass die Partizipation vieler Stakeholder jedoch kein Schreckgespenst sein muss, zeigt ein Großprojekt des Landes Baden-Württemberg. Meri Eremut-Marinic, Dr. Wolfram von Schneyder und Markus Moser beschreiben, wie die Partizipation in diesem Projekt erfolgreich gestaltet wurde.

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Partizipativ und trotzdem erfolgreich? Noch immer fürchten viele Menschen in Projekten um ihren eigenen Einfluss auf das Ergebnis, wenn ein Partizipationskonzept auf dem Plan steht. Plant man die Partizipation präzise, kann aber genau das Gegenteil erreicht werden – schnellere und darüber hinaus noch hochwertigere Ergebnisse. Dieser Beitrag zeigt am Beispiel eines Projekts des Landes Baden-Württemberg, wie sich ein hoch komplexes Projekt dank Partizipation beschleunigen lässt und die Wirkung der Projektergebnisse verbessert werden kann.

Am Anfang stand eine Frage: Wann sind wir fertig?

Diese Frage wird häufig ausreichend und kontrovers diskutiert. Wann ist ein Projekt erfolgreich umgesetzt? Wenn es seine direkten Ergebnisse erzielt hat oder wenn die beabsichtigte Wirkung eingetreten ist? Ein einfaches Beispiel soll uns das veranschaulichen: Wenn eine neue Software implementiert und durch alle Mitarbeiter aufrufbar ist? Oder aber wenn durch die Nutzung der neuen Software der "Time to Market" reduziert wurde?

Bild 1: Projektergebnis vs. Wirkung.

Dieses Beispiel steht für viele: das direkte Projektergebnis ist oft ein technisches Ergebnis, der Weg dorthin ist berechenbar. Das Erzielen der beabsichtigten Wirkung aber hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, die teilweise nur schwer zu steuern sind. Und oft müssen dazu viele Menschen ihr Verhalten ändern.

Wie bringen wir sie dazu? Wie erreichen wir, dass nicht nur das direkte Ziel erreicht wird, sondern ein effizientes Vorgehen gefunden und beschritten wird, das die beabsichtigte Wirkung erreicht? Diese Frage stellten sich auch die Verantwortlichen eines Projekts des Ministeriums für Umwelt, Klima- und Energiewirtschaft in Baden Württemberg, welches nachfolgend dargestellt wird.

Projektsteckbrief
Projektbezeichnung:
Hochwasserrisikomanagement Baden-Württemberg

Projektgegenstand:
Umsetzung der Richtlinie 2007/60/EG über die Bewertung und das Management von Hochwasserrisiken

Projektziel:
Koordination aller Aktivitäten zur Verringerung nachteiliger, durch Hochwasser bedingten Folgen für die menschliche Gesundheit, die Umwelt, das Kulturerbe und die Wirtschaft

Auftraggeber:
Ministerium für Umwelt, Klima- und Energiewirtschaft Baden-Württemberg

Projektleitung:
Ministerium für Umwelt, Klima- und Energiewirtschaft Baden-Württemberg, Referat 55 Regierungspräsidium Stuttgart, Referat 53.2
Implementierung:
Regierungspräsidien Freiburg, Karlsruhe, Tübingen und Stuttgart

Laufzeit:
2003 bis 2015

Projektvolumen:
ca. 40 Mio. EUR

Gewässerlänge:
12.300 km

Stakeholder:
900 Kommunen, 44 Stadt- und Landkreise, unzählige Unternehmen, hunderttausende von Bürgern, Eigentümer von Kulturdenkmälern, Land- und Forstwirte, Kammern und Verbände, Organisationen der Gefahrenabwehr und des Katastrophenschutzes etc.
 

Herausforderung "Handeln erzeugen"

In Baden-Württemberg wird derzeit zur Umsetzung einer EU-Richtlinie ein Programm im Hochwasserschutz durchgeführt. Ziel ist es, die Risiken von Hochwasserereignissen zu identifizieren und zu senken. Hierzu werden die Hochwassergefahren und -risiken analysiert, beschrieben und in Form von Karten und Plänen dargestellt sowie Maßnahmen beschrieben. Bis Mitte 2014 werden alle Karten und Maßnahmenpläne für Baden-Württemberg ausgearbeitet und veröffentlicht sein. Das direkte Ziel des Projekts ist damit erreicht; die erfolgreiche Kartenerstellung sowie die Maßnahmenplanung kann an die EU berichtet werden.

Und wie reduziert die große Menge an produzierten Daten und Informationen dann das real existierende Hochwasserrisiko? Auf dem Papier ganz einfach: Von einer großen Zahl an Projektstakeholdern wird erwartet, auf Basis dieser Informationen zu agieren. Die Verantwortlichkeiten, Zuständigkeiten und motivierenden Faktoren sind dabei sehr heterogen.

Hauptakteure sind dabei die Kommunen; so müssen Bürgermeister und Gemeinderäte beispielsweise Bebauungspläne "hochwasserangepasst" gestalten, im Zusammenspiel mit den lokalen Organisationen Alarm- und Einsatzpläne für das Vorgehen bei einem konkreten Hochwasser ausarbeiten und Übungen dazu durchführen. Bürgerinnen und Bürger sind aufgefordert, Eigenvorsorge zu betreiben, um Schäden abzuwenden, z.B. durch die Verwendung wasserunempfindlicher Baumaterialien bei Hausbau und Sanierung, die Sicherung von Öltanks oder regelmäßige Wartung von Rückschlagventilen zur Kanalisation.

Der Weg scheint damit ganz einfach und geklärt: Jeder einzelne Stakeholder ist verpflichtet, die bereitgestellten Informationen zu sichten, für sich selbst oder seine Organisation zu interpretieren und in seinem Verantwortungsbereich umzusetzen. Die Maßnahmen sind dabei größtenteils vom Gesetzgeber vorgeschrieben und rechtlich bindend. Aber geschieht das in der Praxis auch?

Ansatz 1: Informationen bereitstellen

Im Jahr 2012 stellte das Ministerium die ersten Hochwassergefahren- und Risikoinformationen im Rahmen der Hochwasser-Risikomanagementplanung zur Verfügung. Um zu ermitteln, wie diese aufgenommen wurden, führte die Projektleitung Gespräche mit verschiedenen Stakeholdern durch. Die Bandbreite der Gesprächsteilnehmer reichte von zuständigen Personen aus Unternehmen, Wirtschaftsverbänden und Kammern über Vertreter von Kommunen bis hin zu einzelnen Bürgern. Die Fachleute aus den Bereichen Wasserwirtschaft sowie den unteren Verwaltungsbehörden gaben dabei fast durchweg ein positives Feedback. Je weiter die Stakeholder jedoch inhaltlich vom Thema Hochwasserschutz entfernt waren, desto schwieriger empfanden sie den Umgang mit den Unterlagen.