Komplexität begegnen Nutzen Sie agile Ansätze auch außerhalb der Software- und Produktentwicklung

Nutzen Sie agile Ansätze auch außerhalb der Software- und Produktentwicklung

Wenn in Zeiten von zunehmender Komplexität Flexibilität und maximaler Kundennutzen gefordert sind, ist ein agiles Vorgehen meist die richtige Option. Agiles Projektmanagement eignet sich dabei nicht nur für Software-Projekte. Sabine Canditt zeigt auf, wann sich ein Umstieg auf agil lohnt, nimmt die Bedenken vor der Transition und zeigt anhand von drei Praxisbeispielen, wie Sie konkret beginnen können.

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Komplexität begegnen Nutzen Sie agile Ansätze auch außerhalb der Software- und Produktentwicklung

Nutzen Sie agile Ansätze auch außerhalb der Software- und Produktentwicklung

Wenn in Zeiten von zunehmender Komplexität Flexibilität und maximaler Kundennutzen gefordert sind, ist ein agiles Vorgehen meist die richtige Option. Agiles Projektmanagement eignet sich dabei nicht nur für Software-Projekte. Sabine Canditt zeigt auf, wann sich ein Umstieg auf agil lohnt, nimmt die Bedenken vor der Transition und zeigt anhand von drei Praxisbeispielen, wie Sie konkret beginnen können.

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Stellen Sie sich vor, Sie haben gerade die Leitung eines Projekts "gewonnen" und machen sich daran, mit der Planung zu beginnen. Die entscheidende Frage: Wie viel Aufwand steckt hinter der Umsetzung der Anforderungen? Schwer zu sagen, wenn die Anforderungen im Lastenheft ziemlich vage sind und sich trotz Nachfragen nicht präzisieren lassen. Offensichtlich kann auch der Kunde noch nicht so genau formulieren, was er will. Trotzdem hat Ihr Auftraggeber bereits unmissverständliche Vorstellungen über den Endtermin.

Wie viele Personen brauchen Sie, um den Auftrag in diesem Zeitrahmen umzusetzen? Was wird es also kosten? Auch das ist schwer zu beantworten, wenn noch gar nicht klar ist, wie die Anforderungen eigentlich umgesetzt werden sollen. Eine detaillierte Auftragsklärung, wie Sie es aus Ihren Projektmanagement-Schulungen kennen, scheint nicht möglich zu sein. Was tun?

Wenn Sie eine Chance haben wollen, den Zeitrahmen einzuhalten, müssen Sie so bald wie möglich anfangen. Sie haben bereits einiges über agile Vorgehensweisen im Bereich der Software-Entwicklung gehört, die für derart unklare, unsichere Situationen das Mittel der Wahl zu sein scheinen. Erfolgsstories machen die Runde, aber auch Geschichten vom kläglichen Scheitern. Sie haben gehört, dass es nicht nur um bestimmte Praktiken geht, sondern vielmehr auch um Werte und Prinzipien, gar um ein Mindset. Könnte ein agiler Ansatz Ihnen helfen?

Passt Agilität auch zu Nicht-Software-Projekten?

Agilität und Scrum sind in aller Munde, vor allem bei Software-Entwicklungen. Agilität ist jedoch auch auf völlig andere Projekte anwendbar. Ob Ihnen als Projektleiter der agile Ansatz helfen kann, wie Sie den Transfer der Prinzipien und Praktiken meistern und wie Sie die ersten Schritte gehen – das möchte ich in diesem Artikel mit einigen praktischen Beispielen darstellen.

Das Manifest für agile Software-Entwicklung als Wegbereiter

Wenn Sie sich mit Agilität beschäftigen, werden Sie sehr schnell auf das Manifest für agile Software-Entwicklung stoßen. Schon der Name zeigt den Ursprung in der Software-Entwicklung. Es zeigte sich bereits Ende des 20. Jahrhunderts, dass traditionelle Vorgehensweisen, die auf Vorhersagbarkeit und Planbarkeit beruhen, aufgrund ständig zunehmender Komplexität an ihre Grenzen stoßen. So entstanden Methoden wie Scrum und eXtreme Programming als "Gegenbewegung" zu gängigen Wasserfall-Prozessen.

Diese Erkenntnis ist längst nicht mehr auf Software-Entwicklung beschränkt, sodass Agilität als Weg zur Lösungsfindung in die unterschiedlichsten Gebiete eingezogen ist (z.B. Produktentwicklung mit Hardware und Mechanik, Marketing, Gesundheitswesen, Personalwesen, …). Die Werte und Prinzipien des Manifests lassen sich unabhängig von der Anwendungsdomäne verallgemeinern. Wenn Sie "Software" durch "Produkt", "Service" oder "Ergebnis" ersetzen, wird aus "Wir schätzen funktionierende Software mehr als umfassende Dokumentation" die Formulierung: "Wir schätzen ein wertvolles Ergebnis mehr als begleitende Bürokratie".

Scrum wird oft als Projektmanagement-Methode dargestellt, was genaugenommen nicht korrekt ist. Im Scrum Guide finden Sie: "Scrum ist ein Framework für die Entwicklung, Auslieferung und Erhaltung komplexer Produkte". Eine Produktentwicklung wird immer weitergeführt, so lange das Produkt wirtschaftlich sinnvoll ist – in Scrum in einer Folge von Iterationen (Sprints), die jeweils ein Produktinkrement hervorbringen. Ein Projekt dagegen ist ein zeitlich begrenztes, einmaliges Vorhaben, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Der Transfer von der Scrum-kompatiblen Produkt-Denkweise auf ein Projekt bereitet oft einige Schwierigkeiten. Lohnt es sich überhaupt, sich auf unbekanntes Terrain zu begeben? Ergibt agiles Vorgehen für Sie überhaupt Sinn? Gehen wir dazu zurück zu unserer Ausgangssituation.

Agil = planlos?

Sie wollen einen Plan für Ihr Projekt erstellen und haben festgestellt, dass eine detaillierte Schätzung aufgrund zu großer Unsicherheiten nicht möglich ist. Kann Ihnen Agilität aus diesem Dilemma helfen? Heißt Agilität, völlig planlos aufs Geratewohl einfach loszuarbeiten?

Das ist tatsächlich ein weitverbreitetes Vorurteil. Das Gegenteil ist der Fall: Es wird fortlaufend geplant. Im Unterschied zu klassischer Planung ist die Granularität jedoch abhängig vom Zeithorizont und von der zu erwartenden Unsicherheit. Im Klartext: Eine feingranulare Planung auf Basis von Arbeitspaketen in der Größenordnung von Stunden oder Tagen führe ich nur für den unmittelbar bevorstehenden Zeitraum von z.B. zwei Wochen durch. Die mittel- und langfristigen Zeithorizonte (Phasen, Releases, Roadmaps, …) werden gröber beplant, da ich ja davon ausgehe, dass sich hier sowieso einiges ändern wird (Bild 1).

Alle Kommentare (9)

Peter
Duwe

Danke für die verständliche und systematische Darstellung! Anhand der Beispiele wird deutlich, wie die Scrum-Elemente konkret interpretiert und gefüllt werden können. Von den drei Beispielen beziehen sich jedoch 2 wieder auf IT-Themen, und das dritte ist ein Organisationsprojekt. Mich würde sehr interessieren, ob es Anwendungsfälle für Scrum in der Entwicklung komplexer physischer Produkte gibt - hierauf hatte ich beim Lesen des Titels gehofft.

 

Vielen Dank für das Feedback. Ich gebe Ihnen recht, dass der Titel andere Erwartungen weckt. Er hätte besser lauten sollen "auch außerhalb der Software-Produktentwicklung". Denn ja, es gibt eine Fülle von Beispielen von der Anwendung von Scrum für Hardware. Eines der bekanntesten ist wikispeed, zunächst angewandt für Autos, später auch zur Lösung ganz anderer Probleme: http://wikispeed.org/

 

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Rainer
Lingmann

Scrum ist nicht identisch mit Agilität. Und Agilität stammt nicht aus der Software-Entwicklung. Ich verstehe zwar, wie diese Missverständnisse zustande kommen, aber man sollte wissen, dass die Wurzeln der Agilität in der Entwicklung und Produktion physischer Güter liegen. Wer sich über diese Wurzeln informieren und dabei lernen möchte, was Agilität im Kern (jenseits von Scrum) ausmacht, dem empfehle ich die Lektüre von zwei grundlegenden Texten: - The New New Product Development Game Kurzes Paper, aus dem heraus sich auch erklärt, warum Scrum Scrum heißt. Link: https://hbr.org/1986/01/the-new-new-product-development-game - The Machine That Changed The World Ein Buch über die Entwicklung und Verfeinerung der Lean Production in der japanischen Automobilproduktion von der Nachkriegszeit bis in die 70er. In keinem der beiden Texte kommt Software vor, und doch beschreiben sie Vorgehensweisen, die so unterschiedlich von den tradierten Vorgehensmodellen sind, dass sich daraus das entwickelt hat, was als Scrum oder Kanban auch heute noch manchem fremd vorkommt. Dabei sind die Prinzipien schon viele Jahrzehnte alt und in der Anwendung wirtschaftlich extrem erfolgreich.

 

Vielen Dank für die Erläuterungen. Das Konzept und die Vorteile eines integrierten "Rugby" Ansatzes kommen im von Ihnen benannten Paper gut rüber. Generell kenne ich es auch so, dass auch in einen Stage-Gate-Prozess mittlerweile alle wesentlichen Fachbereiche (inkl. Fertigung) von Anbeginn dabei sind und z.B. neben dem Produktkonzept auch das Fertigungskonzept parallel erarbeitet wird. Was mir noch fehlt ist ein anschauliches, erfolgreiches, ungeschöntes Praxisbeispiel eines komplexen Produktentwicklungsprojekts, in dem die benannten agilen Elemente und Schlüsselaspekte beschrieben sind. Wenn mir hier jemand weiter helfen könnte, wäre ich sehr dankbar.

 

Der Artikel beschreibt sehr gut unterschiedliche Beispiele. Bei der Suche nach Agilität in der Produktentwicklung bin ich auf das Ergebnis eines Verbundprojektes bei der TU Chemnitz gestossen. Das Ergebnispapier beleuchtet aus meiner Sicht die wichtigen Aspekte sehr gut: https://www.tu-chemnitz.de/mb/ArbeitsWiss/neu/stabiflex/sites/default/files/Dokumente/Agiles_Projektmanagement.pdf Es gibt übrigens noch zwei weitere zugehörige Dokumente dazu, die sich noch auf andere z. B. kulturelle Aspekte beziehen (Thema Vertrauen) beziehen. Soweit ich mich erinnere sind diese in dem verlinkten PDF benannt, so daß man sie ebenfalls online finden kann.

 

Hallo Herr Lingmann, ich gebe Ihnen Recht, was die Ursprünge und historischen Wurzeln von Scrum angeht. Ich sehe keinen Widerspruch zu dem, was ich schreibe :-). Wenn wir Agilität über das "Manifest für Agile Software-Entwicklung" definieren, ist jedoch offensichtlich, dass die Ursprünge in der Software-Entwicklung liegen. Scrum ist ein Framework für die Produktentwicklung. In beiden Fällen steht also die Entwicklung eines Produktes im Vordergrund. So wie auch beim New New Product Development Game und der Lean Production. In meinem Artikel geht es um Agilität außerhalb der Produktentwicklung. Meine Antwort erscheint beim Speichern leider nicht unter Ihrem Kommentar, sondern weiter unten... Viele Grüße Sabine Canditt

 

Andrej
Vonberg

Ich schließe mich dem Kommentar von Peter Duwe in allen Aspekten vollständig an. Ein reales Transferbeispiel für die Welt komplexer, physischer ProduktNEUentwicklung wäre sehr hilfreich.

 

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Georg
Angermeier
Dr.

Hallo Herr Duwe und Herr Vonberg, ein Beispiel für eine komplexe Hardware-Entwicklung mit agiler Vorgehensweise findet sich im Beitrag von Heinz Erretkamps: https://www.projektmagazin.de/artikel/komplexe-produktentwicklungen-mit-agile-und-lean-beschleunigen_1126977 Beste Grüße Georg Angermeier