Ayurvedisches Projektmanagement So managen Sie Stärken und Schwächen Ihrer Stakeholder

Teil 1:
Das Projekt planen

Denken Sie bei "Ayurveda" an Esoterik? Nach der Lektüre des Beitrags von Dr. Swen Osterkamp wahrscheinlich nicht mehr: Der IT-Projektleiter managt seine Stakeholder nach der ayurvedischen Typenlehre. Wie er die verschiedenen Typen damit optimal einbindet, beschreibt der Autor anhand der fünf Prozessgruppen nach PMBOK® Guide detailliert und mit zahlreichen Beispielen. Der erste Artikelteil der zweiteiligen Serie beschäftigt sich mit den Prozessgruppen "Initiierung" und "Planung".

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Ayurvedisches Projektmanagement So managen Sie Stärken und Schwächen Ihrer Stakeholder

Teil 1:
Das Projekt planen

Denken Sie bei "Ayurveda" an Esoterik? Nach der Lektüre des Beitrags von Dr. Swen Osterkamp wahrscheinlich nicht mehr: Der IT-Projektleiter managt seine Stakeholder nach der ayurvedischen Typenlehre. Wie er die verschiedenen Typen damit optimal einbindet, beschreibt der Autor anhand der fünf Prozessgruppen nach PMBOK® Guide detailliert und mit zahlreichen Beispielen. Der erste Artikelteil der zweiteiligen Serie beschäftigt sich mit den Prozessgruppen "Initiierung" und "Planung".

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Als Projektleiter arbeiten Sie täglich mit einer Vielzahl unterschiedlicher Persönlichkeiten zusammen – mit jeweils individuellen Neigungen sowie Stärken und Schwächen. Aus zwei Gründen lohnt es sich daher, viel Energie in das Stakeholdermanagement zu stecken: Einerseits ist jedes Projekt auf die Mitwirkung der Stakeholder angewiesen; andererseits lässt sich der Projekterfolg nicht immer nur an objektiven Kriterien ablesen, sondern hängt auch von der subjektiven Wahrnehmung einzelner Personen ab.

Stellen wir uns ein Projekt für einen bemannten Flug zum Mars vor: Solange er der Erste dort ist, würde ein Abenteurer und Visionär das Projekt auch dann als Erfolg ansehen, wenn das Budget deutlich überschritten worden wäre. Ein Bankier, der das Projekt in erster Linie als Investition ansieht, würde das Ergebnis weniger positiv bewerten. Ein kreativer Kommunikator, der sich vor allem in Fantasiewelten bewegt, würde vielleicht schon umfangreiche Machbarkeitsüberlegungen zufriedenstellen, selbst wenn das Projekt dann eingestellt wird.

Der vorliegende Beitrag möchte Sie als Projektleiter dabei unterstützen, Ihre Projekte erfolgreicher abzuschließen, indem Sie Ihre Stakeholder typgerecht optimal einbinden. Dadurch bringen Sie deren Stärken besser zur Entfaltung und erhöhen deren subjektive Zufriedenheit im Projekt. So ergänzt persönlichkeitsorientiertes Stakeholdermanagement die "guten Praktiken" z.B. des Projektmanagement-Standards PMBOK® Guide, die weiche Faktoren wie die Persönlichkeit der Stakeholder nicht berücksichtigen.

Zur Einordnung von Persönlichkeiten empfehle ich die Jahrtausende alte ayurvedische Lehre. Laut Ayurveda (übersetzt "Lehre vom Leben") wird die gesamte Welt durch drei Grundenergien ("Doshas") bestimmt: Vata, Pitta und Kapha. Die Einteilung erschließt sich intuitiv über die zugeordneten Elemente: Vata – Luft und Raum, Pitta – Feuer, Kapha – Wasser und Erde. Jeder Mensch trägt die drei Grundenergien in sich, in ganz individuellem Mischungsverhältnis.

Stakeholder optimal einbinden mit der ayurvedischen Typenlehre

Die ayurvedische Typenlehre fasziniert mich, weil sie die Erkenntnisse und die Weisheit von jahrhundertelanger intensiver Menschenbeobachtung und -kenntnis enthält. Ayurveda boomt zurzeit als Ernährungstrend und sanfte Medizin, wo die Typenlehre ihre Praxistauglichkeit beweist. Ihr ganzheitlicher Ansatz ist umfassender und deshalb leichter im Alltag anwendbar als Ansätze, die lediglich psychologische Aspekte betrachten, u.a. da die Typisierung auch über körperliche Merkmale erfolgt. Obwohl geistig-spirituelle Elemente ein integraler Bestandteil der Lehre sind, stellen diese keine Voraussetzung für die Anwendung im Projektmanagement dar. Deren Ziel besteht für mich darin, die speziellen Fähigkeiten der einzelnen Projektbeteiligten zu erkennen und zur bestmöglichen Entfaltung zu bringen.

Kein Aufruf zu unethischem Handeln

Allerdings bin ich der Meinung, dass die Anwendung zum allseitigen Nutzen geschehen soll, und sich nicht lediglich den Zielen des Projektleiters unterwerfen sollte. Mit diesem Beitrag möchte ich also weder zu nachlässigem noch zu unethischem Projektmanagement aufrufen, etwa: die flexiblen Vata-Typen immer erst "auf den letzten Drücker" briefen, die durchsetzungsstarken Pitta-Typen bei unpopulären Maßnahmen vorschicken oder die Gutmütigkeit von Kapha-Typen ausnutzen, um besonders unbeliebte Aufgaben an sie zu delegieren. Vielmehr geht es darum, Persönlichkeitsanteile und ihre Gewichtung in den Stakeholdern zu erkennen, und damit geschickt aber gleichzeitig wertschätzend umzugehen.

Nicht zuletzt ist die ayurvedische Klassifikation leicht erlernbar, und Tests einschließlich Auswertungen sind lizenzkostenfrei in der Literatur und im Internet erhältlich (die sich allerdings je nach Schwerpunkt des Autors geringfügig unterscheiden).

Vata, Pitta, Kapha: Die Mischung macht's

Bei den meisten Menschen dominiert eine Grundenergie, ergänzt durch eine zweite; man spricht dann z.B. von einem Pitta-Kapha-Typ. Die Ayurveda-Spezialistin Kerstin Rosenberg veranschaulicht in ihren Vorträgen die Eigenschaften der einzelnen Typen, indem Sie sie ihnen Tierarten zuordnet: Vata – Schmetterling, Pitta – Puma, Kapha – Bernhardiner. In unserer schnelllebigen und wettbewerbsorientierten Zeit gelten vata- und pitta-betontes Verhalten als erstrebenswert, als kapha-betont möchten nur Wenige gerne kategorisiert werden, wie Vinod Verma, eine der Vorreiterinnen von Ayurveda in Deutschland, beobachtet hat. Jedoch sieht die Ayurveda-Lehre alle Typen als gleichwertig an. Auch den meisten Projektteams tut nach meiner Erfahrung eine ausgewogene Mischung von allen Typen gut.

Im Folgenden werden zunächst die Grundtypen vorgestellt und erläutert, woran man diese erkennt. Danach wird erklärt, was deren generelle Zufriedenheit in einem Projekt erhöht. Im Praxisteil wird anhand eigener Erfahrungen entlang der fünf Prozessgruppen des PMBOK® Guide gezeigt, wie ein Projektleiter die besonderen Qualitäten der drei Grundtypen nutzen und Herausforderungen im Umgang mit diesen meistern kann.

Persönlichkeitsarten nach Ayurveda

Die drei Grundenergien bzw. ihr Mischungsverhältnis kommen nach Ayurveda auf allen Ebenen einer Person zum Tragen. Im Folgenden werden nur die Merkmale beschrieben, die sich leicht beobachten oder aus dem persönlichen Gespräch erschließen lassen. Sie zeigen sich in Äußerlichkeiten, anhand des Auftretens einer Person sowie an Einstellung und Werten. Ausgeklammert wurden hier körperliche Aspekte, die sich im Normalfall nicht über die Stakeholder erfahren lassen, wie z.B. Verdauung oder Puls.

Fortsetzungen des Fachartikels

Teil 2:
Das Projekt durchführen
Denken Sie bei "Ayurveda" an Esoterik? Nach der Lektüre des Beitrags von Dr. Swen Osterkamp wahrscheinlich nicht mehr: Der IT-Projektleiter managt seine Stakeholder nach der ayurvedischen Typenlehre.

Alle Kommentare (4)

Gunnar
Krause

Weitere Kategorisierungen von Personen in Projekten, die ich in Schulungen für PMI bei ESI-International kennengelernt habe: a) DISG (2 dimensional, kontinuierlicher Wertebereich von je -1 bis 1); b) MBTI (4 Kategorien, jeweils digital, gibt 16 Typen); c) SDI (3 Achsen mit Werten von 0 bis 100, die in Summe immer 100 ergeben). --- Außerdem kenne ich: d) Enneagram (3x3= 9 Typen mit je 3 Ausformungen und einem Gesundheitsgrad, durch den Verhalten anderer Typen ins Spiel kommen); e) Process Communication Modell (6 Typen, Transaktionsanalyse, Dr. Taibi Kahler) --- Schön, wieder etwas zu lernen, dieses Mal Ayurveda. Das ist zwar hunderte Jahre alt und vor allem im asiatischen Raum bewährt. Die Gültigkeit für Westeuropäer kann ich nicht abschätzen, aber manchen wie dem Autor Herrn Osterkamp scheint es ja in der Praxis zu helfen. --- Mein Tipp: Softskills sind wichtig! Und es gibt verschiedene Herangehensweisen, alle haben Stärken und Schwächen. Man muss nicht alle kennen, so wie man nicht für jede Nation ein Cultural Awareness Training besuchen muss - aber mehr als eines ist jeweils hilfreich, um die Vielfalt zu sehen und zu schätzen. Auch ich bin nur ein Typ unter vielen, muss keine Kopie eines anderen werden. --- Wie sehen das andere Projektleiter?

 

Guest

In der Tat gibt es schon viele Einteilungen von Persönlichkeitstypen, die jeweils Ihre Berechtigung haben. Die ayurvedische Persönlichkeitslehre ist in Projektmanagementkreisen allerdings eher unbekannt. Am Ayurveda finde ich besonders die ganzheitliche Herangehensweise attraktiv, da sie unterschiedliche Ebenen der Persönlichkeit berücksichtigt. Der Artikel möchte einen Beitrag leisten, daß mehr Projektleiter diese Lehre in ihren Werkzeugkasten aufnehmen. Der indisch-asiatische Hintergrund des Ayurveda zeigt sich in der philosophischen Grundlage, den Wirkpflanzen der Medizin sowie den Zutaten der Küche. Die Klassifizierung der Typen scheint jedoch weitgehend kulturkreis-invariant zu sein, auch wenn die Mittelwerte für einzelne Merkmale vom Kulturkreis abhängen und das Thema durchaus einen eigenen Artikel füllen könnte. Um den Platzrahmen zu wahren, wurde von dieser Dimension jedoch abstrahiert, wie auch z.B. vom Geschlecht der Stakeholder. Die Theorie der drei Grundtypen sehe ich dabei als "Leitplanken" für die Praxis, die mit den Empfehlungen veranschaulicht werden sollen. Fast unvermeidlich sind letztere durch meine eigene, eher vata-pitta-betonte Brille etwas gefärbt - womit dieses Geheimnis zumindest gelüftet wäre.;) Softskills: Stimme zu, sie sind essentiell für das Stakeholdermanagement. Jedoch sehe ich bereits einige Überschneidungen mit der Darstellung im Artikel, eben anhand konkreter Projektaktivitäten.

 

Walter
Plagge

"... diese Lehre in ihren Werkzeugkasten aufnehmen." Das würde ich mit großer Vorsicht betrachten. Diese Typisierungen (wie auch die von Herrn Krause genannten) mögen deskriptiv sehr gut sein (nicht alle gleich), man kann daraus eine Menge lernen, und ich habe großen Respekt vor der Beobachtungsgabe der Menschen, die sie entwickelt haben. Aber das heißt nicht, dass ich sie auch vorausschauend/prospektiv einsetzen kann. Ein Beispiel: Ich habe einen Job zu vergeben, der ein gehöriges Maß an Extraversion erfordert. Ein Bewerber kommt mit seinem Myers-Briggs-Test, der zeigt, dass sein Extra/Intro-Verhältnis 70:30 ist. Dann kann ich diese Information einsetzen, um seine Eignung zu beurteilen. MBTI ist also ein Werkzeug, das mir die Arbeit erleichtert, weil der Parameter, der mich interessiert, direkt geprüft und klassifiziert wurde; besser, als ich es selber könnte. Aber indirekte Aussagen? Würde ich mich trauen, über einen Key Stakeholder zu sagen: "Der hat ein kantiges Gesicht (Pitta), also interessiert er sich nicht für Risiken"? Ich bevorzuge es, mit ihm zu reden und zu fragen: "Welche Bedeutung hat das Budget für Sie? Interessieren Sie sich für Risiken? ..."

 

Guest

Danke für Ihren ebenfalls sehr interessanten Kommentar. Sie verweisen auf das Thema, wie man konkret zu einer eigenen Zuordnung der Stakeholder zu Typen kommt und wie man damit weiter umgeht. Ich gebe Ihnen vollkommen recht, daß es nicht zielführend wäre, von den reinen körperlichen Merkmalen unhinterfragt handlungsleitende Schlußfolgerungen auf projektbezogene Präferenzen zu ziehen. Diesbezüglich halte ich ebenso wie Sie offene Worte für sinnvoll, um Transparenz und letztendlich auch Akzeptanz vom Stakeholder zu bekommen. Kantige Züge, innere Hitze und weitere ähnliche Merkmale beispielweise können jedoch eine begründete Hypothese liefern. Im Gespräch bezogen auf Werte und Einstellungen sowie am Verhalten der Person verdeutlichen sich dann die weiteren Aspekte der Persönlichkeit, die meist auch die für das Stakeholdermanagement wichtigeren Aspekte darstellen. Möglichkeiten zu präziser ayurvedischer Konstitutionsbestimmung gibt es - und wer weiß, vielleicht wird man demnächst ebenso selbstverständlich über Doshas reden wie über DISG-Profile oder Myers-Briggs-Indikatoren. Jedoch bin ich überzeugt, daß man auch mit geringerem Präzisionsgrad - wie ihn interessierte Laien mit etwas Übung und Beschäftigung mit der Theorie relativ schnell erreichen können - einen praktischen Nutzen erzielen kann.