Effektives Qualitätsmanagement Qualitätsmaßnahmen entwickeln nach dem Good-enough-Prinzip

Teil 1:
Anforderungen sammeln und priorisieren

In Projekten werden häufig Lieferergebnisse in sehr unterschiedlicher Qualität erzielt, ja Qualität manchmal sogar übererfüllt, so Dr. Matthias Eberspächer. Um dem entgegenzuwirken, empfiehlt der Autor, nach dem sog. "Good-enough-Prinzip" vorzugehen und einen systematischen Qualitätssicherungs-Prozess aufzusetzen. Im ersten Teil des Artikel-Zweiteilers stellt er nach einer Auseinandersetzung mit dem Qualitätsbegriff ein effektives Vorgehen für das Sammeln und Priorisieren von Qualitätsanforderungen vor.

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Effektives Qualitätsmanagement Qualitätsmaßnahmen entwickeln nach dem Good-enough-Prinzip

Teil 1:
Anforderungen sammeln und priorisieren

In Projekten werden häufig Lieferergebnisse in sehr unterschiedlicher Qualität erzielt, ja Qualität manchmal sogar übererfüllt, so Dr. Matthias Eberspächer. Um dem entgegenzuwirken, empfiehlt der Autor, nach dem sog. "Good-enough-Prinzip" vorzugehen und einen systematischen Qualitätssicherungs-Prozess aufzusetzen. Im ersten Teil des Artikel-Zweiteilers stellt er nach einer Auseinandersetzung mit dem Qualitätsbegriff ein effektives Vorgehen für das Sammeln und Priorisieren von Qualitätsanforderungen vor.

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Qualitätsmanagement (QM), insbesondere in IT-Projekten, beschränkt sich häufig auf die mechanische Durchführung von Software-Tests und Dokumenten-Reviews, wie sie das jeweils angewandte Projekt-Vorgehensmodell fordert.

Die Planung und Durchführung dieser Maßnahmen erfolgt gleichsam "mit der Gießkanne": Die Einzelmaßnahmen werden aus einer Best-Practice-Sammlung oder aufgrund der Erfahrung der beteiligten Mitarbeiter ausgewählt und mehr oder weniger gleichmäßig auf alle Projektergebnisse angewendet. Dabei wird die erreichbare Ergebnis-Qualität unbewusst und indirekt über die eingeplanten Ressourcen und das verfügbare Budget zur Qualitätssicherung gesteuert.

Im günstigsten Fall liegt die Qualität am Ende für alle Projektergebnisse mal mehr, mal weniger deutlich über der angeforderten. Es kann jedoch vorkommen, dass einige Projektergebnisse die geforderte Qualität – wenn auch möglicherweise nur knapp – verfehlen, während andere Ergebnisse qualitativ hochwertiger ausfallen, als es notwendig gewesen wäre: Einem mangelhaften Ergebnis auf der einen Seite steht dann eine Ressourcenverschwendung auf der anderen gegenüber. In beiden Fällen wurde das Produkt in seiner Qualität sowohl an den Kundenbedürfnissen als auch an den Projekterfordernissen vorbei entwickelt.

Diese Schwächen einer herkömmlichen Bottom-up-Maßnahmenplanung lassen sich vermeiden, wenn ausgehend von den konkreten Anforderungen eines Projekts die verfügbaren Ressourcen gezielt so eingesetzt werden, dass die Qualitätsziele erreicht werden. Das in diesem Beitrag beschriebene Vorgehen haben wir in unserem Unternehmen in zahlreichen Software-Entwicklungsprojekten unterschiedlicher Größe erfolgreich eingeführt.

Der Prozess der (Re-)Initialisierung der Qualitätssicherung besteht aus vier Schritten. Im ersten Teil dieses Beitrags beschäftigen wir uns mit den ersten beiden Schritten (Anforderungen sammeln und priorisieren). Im zweiten Artikelteil folgen dann die Schritte 3 und 4 (Qualitätsziele ableiten und KPIs festlegen sowie Maßnahmen planen), Hinweise zur Umsetzung der Maßnahmen sowie Tipps zur Einführung der Qualitätssicherung in laufende Projekte.

Qualität – so gut wie nötig, nicht so gut wie möglich

In der Regel müssen nicht alle Projektartefakte (siehe Infokasten) dem gleichen Qualitätsstandard genügen: Konzeptpapiere, die nur zur Leistungserstellung benötigt werden, müssen nicht die gleiche Qualität haben wie Handbücher oder Gebrauchsanleitungen, die auch nach Projektabschluss noch verwendet werden. Deshalb sollte ein Projektleiter die begrenzten Projekt-Ressourcen bewusst einsetzen, um in allen Bereichen genau die optimale (=ausreichende) Qualität zu erreichen, die für das Produkt nötig ist und der Kunde erwartet.

Unterscheidung Dokumente & Artefakte

Im Qualitätsmanagement wird zwischen Dokumenten und Artefakten unterschieden. Ein Dokument ist ein Template, wie zum Beispiel eine Vorlage für ein Protokoll, ein Fachkonzept oder einen Projektstatusbericht. Das konkrete Protokoll einer Besprechung, das fertige Fachkonzept oder der monatliche Projektstatusbericht sind Artefakte. Die zu benutzenden Dokumente sind häufig über das verwendete Projektvorgehensmodell vorgegeben und werden im Zuge der Projektarbeit nicht verändert. Artefakte können Liefergegenstände sein, wie etwa ein Fachkonzept, oder reine Arbeitsdokumente, wie beispielsweise Protokolle oder Statusberichte.

Der Artikel stellt ein systematisches Vorgehen vor, um schrittweise einen Qualitäts-Maßnahmenplan zu entwickeln. Die in diesem Plan beschriebenen Maßnahmen stellen eine ausreichende Qualität der Ergebnisse und Prozesse sicher.

Was ist eigentlich Qualität?

Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Definitionen für "Qualität":

  • von offiziellen Quellen, wie der DIN EN ISO 9000:2005 ("[Qualität ist der] Grad, in dem ein Satz inhärenter Merkmale Anforderungen erfüllt."),
  • über geistreiche Wortspiele ("Qualität ist nicht alles, aber ohne Qualität ist alles nichts." – Walter Masing, Ehrenvorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Qualität e.V.)
  • bis hin zu humoristischen Bonmots ("Qualität ist, wenn der Kunde zurück kommt und nicht das Produkt." – Dr. Günther Schreiber, Branchenmanager Gesundheitswesen der Quality Austria GmbH).

Fortsetzungen des Fachartikels

Teil 2:
Qualitätsziele ableiten, KPIs festlegen sowie Maßnahmen planen und umsetzen

Im ersten Artikelteil hat Dr.

Alle Kommentare (3)

Guest

Aufwand, den sich viele Unternehmen sparen: Der Streit zur Akzeptanz des Konzeptes kostet viel Kraft und Nerven. Da knicken viele PL schon frühzeitig ein - aus Resourcengründen.

 

Jürgen
Sturany

Qualität ist das Einhalten des Versprechens... Das gilt für ALLE Arten von Qualität und ist ganz einfach zu merken.

 

Hallo >Anforderungsmanager<, es gibt auch PLs mit denen man einen ausufernden Diskurs über die "unnötigen Mehraufwände" für QS im Projekt führen kann ... Deshalb ist es mir so wichtig, das der hier beschriebene Prozess als integraler Bestandteil der ohnehin zu durchlaufenden Projektprozesse verstanden wird: Die Rolle des Qualitätsmanagers hat den Auftrag, alle Anforderungen, Pläne, Tätigkeiten, Artefakte ... mit der Qualitätsbrille zu betrachten. Dadurch hält sich der scheinbare administrative Mehraufwand in Grenzen und wird in der Regel durch die Einsparungen bei weitem aufgehoben. @Hr. Sturany: Vielen Dank für die prägnante Qualitäts-Definition – die kannte ich so noch nicht! Es gilt natürlich auch für die Qualität der alte Berater-Grundsatz "Sage was Du tust und tue was Du sagst". Aber: "Das Versprechen" muss abgestimmt und dokumentiert werden. Das beschriebene Vorgehen soll dem Projektleiter/Qualitätsmanager dabei helfen zu ermitteln, was genau es denn dem Auftraggeber und den Stakeholdern verspricht. Dieses Versprechen ist verbindlich zu vereinbaren. Nicht dokumentierte Versprechen sind nach meiner (Projekt-)Erfahrung wertlos: Jede Partei wird am Ende ein anderes Verständnis davon haben, was versprochen wurde.