Praxisbeispiel weltweites SAP-Roll-Out Earned Value Management sorgt für Transparenz und hält Großprojekt auf Kurs

Earned Value Management sorgt für Transparenz und hält Großprojekt auf Kurs

Earned Value Management (EVM) erscheint vielen Projektverantwortlichen als "zu aufwendig und zu kompliziert". Zu Unrecht, meinen Michael Gille und Dr.-Ing. Frank Kocsis. Anhand eines konkreten Beispiels beschreiben sie, wie durch den Einsatz von EVM die Überwachung und Steuerung eines weltweiten SAP-Roll-Outs bei einem Großkonzern signifikant verbessert wurde. Insbesondere seine Prognosefunktionen trugen dazu bei, dass das Programm zur Zufriedenheit des Auftraggebers erfolgreich abgeschlossen werden konnte. Die Autoren gehen besonders auf die mit EVM erzielten Nutzeffekte ein und geben Empfehlungen für seinen Einsatz. Ergänzend stellen sie einen einfachen Ansatz zum EVM vor und erläutern im Anhang die Grundlagen von EVM soweit sie zum Verständnis dieses Beitrags erforderlich sind.

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Praxisbeispiel weltweites SAP-Roll-Out Earned Value Management sorgt für Transparenz und hält Großprojekt auf Kurs

Earned Value Management sorgt für Transparenz und hält Großprojekt auf Kurs

Earned Value Management (EVM) erscheint vielen Projektverantwortlichen als "zu aufwendig und zu kompliziert". Zu Unrecht, meinen Michael Gille und Dr.-Ing. Frank Kocsis. Anhand eines konkreten Beispiels beschreiben sie, wie durch den Einsatz von EVM die Überwachung und Steuerung eines weltweiten SAP-Roll-Outs bei einem Großkonzern signifikant verbessert wurde. Insbesondere seine Prognosefunktionen trugen dazu bei, dass das Programm zur Zufriedenheit des Auftraggebers erfolgreich abgeschlossen werden konnte. Die Autoren gehen besonders auf die mit EVM erzielten Nutzeffekte ein und geben Empfehlungen für seinen Einsatz. Ergänzend stellen sie einen einfachen Ansatz zum EVM vor und erläutern im Anhang die Grundlagen von EVM soweit sie zum Verständnis dieses Beitrags erforderlich sind.

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Obwohl der Einsatz von Earned Value Management (oft auch Earned Value Analyse (EVA) genannt) im Projektmanagement über 50 Jahre alt ist (PMI, 2011), wird dieses Managementsystem zur Projektüberwachung und -steuerung in Europa nur selten verwendet, da es vielen Projektverantwortlichen als "zu aufwendig und zu kompliziert" erscheint. Wenn jedoch bei einem IT-Großprojekt bzw. IT-Programm die Kosten beständig steigen, ohne dass ein adäquater Projektfortschritt erkennbar ist, "entdecken" unserer Erfahrung nach Projekt-, Programm- und Portfoliomanager das EVM immer wieder neu als leistungsfähige Controlling-Methode. Anhand eines konkreten Beispiels aus unserer Beratungspraxis beschreiben wir unsere Erfahrungen, wie durch den Einsatz von EVM die Überwachung und Steuerung eines weltweiten SAP-Rollouts bei einem Großkonzern signifikant verbessert wurde, so dass es zur Zufriedenheit des Auftraggebers erfolgreich abgeschlossen werden konnte. Dabei gehen wir besonders auf die mit EVM erzielten Nutzeffekte ein und geben Empfehlungen für seinen Einsatz. Ergänzend stellen wir einen einfachen Ansatz zum EVM vor und erläutern im Anhang die Grundlagen von EVM soweit sie zum Verständnis dieses Beitrags erforderlich sind.

Der konkrete Fall: Programm zur konzernweiten SAP-Konsolidierung

Ein deutsches Großunternehmen mit weltweit über hundert Standorten setzte ein Programm auf zur Konsolidierung der unterschiedlichen lokalen SAP-Systeme mit dem Ziel, die SAP-Installationen aller Standorte zu vereinheitlichen und an ein gemeinsames, zentrales SAP-System anzubinden. Aufgrund der hohen Anzahl und Vielfältigkeit der bestehenden SAP-Systeme war das Programm fachlich sehr anspruchsvoll. Das Programm umfasste 14 Roll-Out-Projekte, mit denen die SAP-Installationen von insgesamt rund 120 Standorten konsolidiert und an die Zentrale angebunden werden sollten. Als Laufzeit waren zwei Jahre geplant, das Budget bewegte sich im zweistelligen Millionenbereich. Jedes Roll-Out-Projekt bestimmte eine Programmphase, wobei sich diese teilweise überlappten. Für das Programm waren ein Programmleiter aus dem Fachbereich und ein Programmleiter aus der IT-Abteilung verantwortlich. Jedes Roll-Out-Projekt hatte seinen eigenen Projektleiter. Insgesamt umfasste das Kernteam des gesamten Programms ca. 30 Personen und ca. 40 ausführende Teammitglieder, abhängig vom Umfang der jeweils aktuellen Programmphase.

Das Programm wurde zunächst in traditioneller Weise mit zu Beginn festgelegtem Plan und fixiertem Budget aufgesetzt. Die Programmleitung überwachte anfangs nur das geplante und das verbrauchte Budget mit dem üblichen Plan-Ist-Vergleich. Zudem wurde unabhängig von den Kosten erfasst, ob die Roll-Outs termintreu durchgeführt wurden. Ein weitergehendes Controlling, das z.B. erbrachte Leistung mit den Ist-Kosten verglich, fand zunächst nicht statt.

Änderungen führen zum Kontrollverlust

Während des Programms kam es aber beständig zu vielen, meist kleineren aber auch größeren Änderungen. So wurden z.B. weitere Standorte hinzugenommen und Roll-Outs zeitlich verschoben. Zwar wurden diese Änderungen genehmigt, aber die sich daraus ergebenden Konsequenzen hinsichtlich Kosten und Zeit wurden nicht in den Projektplan übernommen. In Folge wurde in einigen Monaten das ursprünglich definierte Budget deutlich überzogen, die Programmleitung konnte aber aus dem Plan-Ist-Vergleich nicht erkennen, was die Ursache dafür war.

Die Programmleitung geriet dadurch aus zwei Gründen in eine missliche Situation: Einerseits war sie nicht mehr in der Lage, das Programm und die Projekte präzise zu steuern und andererseits konnte sie gegenüber dem Topmanagement ihren Berichtspflichten nicht ausreichend nachkommen. Aus den vorhandenen Controlling-Daten konnte sie keine Antworten auf die entscheidenden Fragen erhalten:

  • Warum kam es zu unvorhergesehenen Kostenabweichungen?
  • Wurden zusätzliche Leistungen erbracht, die eine Erhöhung der Kosten rechtfertigen?
  • Wurden die Arbeiten schneller vorangebracht als ursprünglich geplant?
  • War die ursprüngliche Aufwandsschätzung zu niedrig?
  • Wird sich dieser Trend fortsetzen oder handelt es sich nur um einen temporären Effekt?

Dies war die Situation, in der die Programmleitung das Earned Value Management "wiederentdeckte", denn dieses liefert genau auf diese Fragen aussagekräftige Antworten. Obwohl sich das Programm bereits in der siebten Phase befand, entschieden Programmleitung und Topmanagement, das Controlling auf EVM umzustellen, um den Programmfortschritt verlässlich beurteilen und bei Bedarf die richtigen Steuerungsmaßnahmen ergreifen zu können. Eine wichtige Motivation für das Topmanagement war zudem, das Risiko einer unkontrollierten Kostenexplosion zu vermeiden.

Aufsetzen des Earned Value Managements

Entscheidende Voraussetzungen für den Einsatz von Earned Value Management (s. Anhang) sind für das Controlling ausreichend fein strukturierte Ablaufpläne, Kostenschätzungen für jeden Vorgang und eine einheitliche und für alle Projektbeteiligten nachvollziehbare Methode zur Feststellung des Fertigstellungsgrads, der angibt zu wieviel Prozent eine Aufgabe, ein Arbeitspaket, eine Phase oder ein Projekt erledigt ist.

Strukturierung und Kostenschätzung

Das EVM bezieht sich üblicherweise auf Arbeitspakete. Diese detaillierte Analyse kann bei Programmen oder größeren Projekten zu einem unangemessen hohen Aufwand führen. Bei der Einführung des EVM wurden im Beispielprojekt als Datengrundlage deshalb die Projekte, einheitliche Projektphasen und individuelle Meilensteine verwendet.

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Das Excel-Tool "Easy Earned Value Manager" ermöglicht es, die Vorteile der Earned Value Analyse auch für kleinere Projekte zu nutzen. Gemeinsam mit der Excel-Vorlage erhalten Sie eine Anleitung, wie Sie das Tool verwenden und die Reports bei Bedarf anpassen können.

Alle Kommentare (4)

Guest

Das wesentliche Problem der EVM liegt nach meiner Erfahrung in der objektiven Bewertung des erreichten (physikalischen) Fertigstellungsgrades. In vielen Projekten lässt sich der nicht so einfach messen, sondern eher nur schätzen. Methodisch behilft man sich mit "objektiven" Stufen, die aus meiner Erfahrung weder objektiv noch universell verwendbar sind. Die Stufen bieten gar den Anreiz, schon mal als "abgeschlossen" zu bewerten, obwohl noch Restarbeiten anstehen. Um eine objektivere Bewertung zu erhalten, müsste man das Projekt in viele kleine zu bewertende Tasks zerstückeln, die dann Fehlinterpretationen von Fortschritt nivelliert. Das erhöht aber den Planungsaufwand. Im Zeitalter sehr leistungsfähiger Software-Planungssysteme, die die permanenten Änderungen von Terminen, Aufwänden und Kosten problemlos in Basisplänen und aktuellen Ist- und Restplanungen bequem verwalten, halte ich deren Einsatz meist für wesentlich einfacher, präziser und effizienter.

 

Renee
Steiner

Der Artikel ist nicht gut strukturiert, das Praxisbeispiel ist oberflächlich und die Theorie am Ende ist kaum erläutert.

 

Georg
Angermeier
Dr.

Hallo Herr Steiner, vielen Dank für Ihr ehrliches Feedback! Schade, dass dieser Artikel nicht Ihre Erwartungshalten erfüllt hat.
Aber vielleicht kann ich Ihnen als Redakteur, der diesen Artikel bearbeitet hat, ein wenig weiterhelfen.
Sie monieren, dass der Artikel das Earned Value Management nicht erschöpfend behandelt. Dies ist richtig und auch beabsichtigt. Ausführliche Darstellungen von EVM finden Sie hier im Projekt Magazin und an anderen Stellen, die im Literaturverzeichnis angegeben sind. Für diesen Artikel sollten lediglich die notwendigen Basisinformationen zusammengestellt werden, um den Artikel verstehen zu können.
Kernaussage dieses Artikels ist die Praxiserfahrung, dass auch in einem internationalen, räumlich verteilten Großprojekt, die Einführung von EVM nachträglich möglich und nutzenstiftend ist. Dies ist in der Tat keine innovative und tiefschürfende Aussage - aber für Projektmanager, die in ähnlichen Situationen stehen, kann genau diese Erfahrung eine überaus große Hilfe sein. Im Projekt Magazin schreiben die Autoren aus der Praxis für die Praxis - im Lehrbuch lese ich lediglich, dass EVM bereits bei der Planung beginnt. Vor allem aber erfahre ich im Lehrbuch nicht, wie ich EVM pragmatisch an eine solche Situation anpasse.
Sie kritisieren das Praxisbeispiel als "zu oberflächlich", d.h. Sie haben bestimmte Informationen vermisst. Nun bietet Ihnen gerade das Projekt Magazin die einzigartige Gelegenheit, über die Kommentarfunktion Nachfragen zu stellen. Geben Sie uns doch eine Chance und teilen Sie uns mit, welche Informationen Sie genau vermissen! Ich bin mir sicher, dass die Autoren gerne spezifische Fragen beantworten.
Und ich würde mich sehr freuen, wenn Sie im Projekt Magazin noch viele Artikel finden, die Ihr Informationsbedürfnis stillen - stöbern Sie doch mithilfe der Suchfunktion, der Themennavigation oder des Glossars in über 1.500 Artikeln Praxiserfahrung unserer Autorinnen und Autoren!

Ihnen viel Erfolg in Ihren Projekten!

Dr. Georg Angermeier
(Fachbeirat Projekt Magazins)

 

Guest

Der Artikel zeigt gut die Vorteile von EVM und den Anwendungsbereich auf. Er bestätigt meinen Ansatz, die Projektsteuerung mit EVM durchzuführen. Es bedarf aber noch einiger Überzeugungsarbeit.