Konflikte, Soziales Faulenzen, Gruppenzwang & Co. 6 typische Störungen der Gruppendynamik in virtuellen Meetings
Soziales Faulenzen, Gruppenzwang und Konflikte in virtuellen Meetings stören die produktive Zusammenarbeit. Eugenia Schmitt zeigt Ihnen Methoden und Tipps, mit denen Sie als Moderator:in die Gruppendynamik im Team steuern können.
- Ein gutes Ergebnis in einem virtuellen Meeting lässt sich u.a. erreichen, indem die Moderation die Gruppendynamik zwischen den Teilnehmenden erkennt und steuert. Störende Verhaltensweisen beeinflussen das produktive Arbeiten im Team negativ und sollten rechtzeitig minimiert werden.
- Sinnvoll ist es, im Vorfeld oder zu Beginn des Meetings Regeln für die virtuelle Zusammenarbeit in der Gruppe zu kommunizieren. Wertschätzende Formulierungen und ein konstruktiver Umgang mit verschiedenen Sichtweisen unterstützen die Teilnehmenden im gegenseitigen Austausch.
- Konflikte entstehen, wenn sich eine Person durch Äußerungen oder Verhalten auf sachlicher oder persönlicher Ebene verletzt fühlt. Die moderierende Person kann in diesem Fall das gegenseitige Verständnis fördern, indem sie die Aussagen der Konfliktparteien doppelt, die Situation durch stilles Arbeiten beruhigt oder den Konflikt nach dem Meeting außerhalb der Gruppe klärt.
- Stillere Teilnehmer:innen, die sich mehr Bedenkzeit für ihre Antworten wünschen, können mit-hilfe von Umfrage-Apps, Methoden wie dem Brainwriting oder wertschätzender Ermunterung abgeholt und in die Diskussion eingebunden werden. Das Phänomen des sozialen Faulenzens lässt sich minimieren, indem die Teilnehmenden zu Beginn des Meetings z.B. durch den Einsatz von "Eisbrechern" ins Gespräch kommen oder indem die Anzahl der Teilnehmenden und damit die Möglichkeiten, "sich zu verstecken", begrenzt werden.
- Dominieren einzelne Personen mit ihren Redebeiträgen das Meeting, kann die Diskussion auf andere Teilnehmende gelenkt werden, z.B. durch eine höfliche Unterbrechung seitens der Moderation, eine Meinungsumfrage per App, den Einsatz von Gruppenarbeit oder eine private Nachricht im Chat.
- Um möglichst vielfältige Meinungsäußerungen ohne Beeinflussung durch Gruppenzwang oder Angst vor Sündenbock-Zuschreibungen ins Meeting einfließen zu lassen, sollten eine vertrauensvolle Atmosphäre geschaffen sowie eine positive Fehlerkultur etabliert werden. Methoden wie "Advocatus Diaboli" und "Aktives Zuhören" oder die Arbeit in Kleingruppen unterstützen beim Sammeln von verschiedenen Sichtweisen und Ideen.
Konflikte, Soziales Faulenzen, Gruppenzwang & Co. 6 typische Störungen der Gruppendynamik in virtuellen Meetings
Soziales Faulenzen, Gruppenzwang und Konflikte in virtuellen Meetings stören die produktive Zusammenarbeit. Eugenia Schmitt zeigt Ihnen Methoden und Tipps, mit denen Sie als Moderator:in die Gruppendynamik im Team steuern können.
- Ein gutes Ergebnis in einem virtuellen Meeting lässt sich u.a. erreichen, indem die Moderation die Gruppendynamik zwischen den Teilnehmenden erkennt und steuert. Störende Verhaltensweisen beeinflussen das produktive Arbeiten im Team negativ und sollten rechtzeitig minimiert werden.
- Sinnvoll ist es, im Vorfeld oder zu Beginn des Meetings Regeln für die virtuelle Zusammenarbeit in der Gruppe zu kommunizieren. Wertschätzende Formulierungen und ein konstruktiver Umgang mit verschiedenen Sichtweisen unterstützen die Teilnehmenden im gegenseitigen Austausch.
- Konflikte entstehen, wenn sich eine Person durch Äußerungen oder Verhalten auf sachlicher oder persönlicher Ebene verletzt fühlt. Die moderierende Person kann in diesem Fall das gegenseitige Verständnis fördern, indem sie die Aussagen der Konfliktparteien doppelt, die Situation durch stilles Arbeiten beruhigt oder den Konflikt nach dem Meeting außerhalb der Gruppe klärt.
- Stillere Teilnehmer:innen, die sich mehr Bedenkzeit für ihre Antworten wünschen, können mit-hilfe von Umfrage-Apps, Methoden wie dem Brainwriting oder wertschätzender Ermunterung abgeholt und in die Diskussion eingebunden werden. Das Phänomen des sozialen Faulenzens lässt sich minimieren, indem die Teilnehmenden zu Beginn des Meetings z.B. durch den Einsatz von "Eisbrechern" ins Gespräch kommen oder indem die Anzahl der Teilnehmenden und damit die Möglichkeiten, "sich zu verstecken", begrenzt werden.
- Dominieren einzelne Personen mit ihren Redebeiträgen das Meeting, kann die Diskussion auf andere Teilnehmende gelenkt werden, z.B. durch eine höfliche Unterbrechung seitens der Moderation, eine Meinungsumfrage per App, den Einsatz von Gruppenarbeit oder eine private Nachricht im Chat.
- Um möglichst vielfältige Meinungsäußerungen ohne Beeinflussung durch Gruppenzwang oder Angst vor Sündenbock-Zuschreibungen ins Meeting einfließen zu lassen, sollten eine vertrauensvolle Atmosphäre geschaffen sowie eine positive Fehlerkultur etabliert werden. Methoden wie "Advocatus Diaboli" und "Aktives Zuhören" oder die Arbeit in Kleingruppen unterstützen beim Sammeln von verschiedenen Sichtweisen und Ideen.
Ob ein virtuelles Meeting erfolgreich ist oder nicht, hängt stark ab vom inneren Zusammenhalt der Gruppenmitglieder, der sogenannten "Kohäsion". Besonders in unvorhersehbaren und anstrengenden Situationen ist es entscheidend, wie die am Meeting teilnehmenden Personen untereinander auskommen und miteinander interagieren. Erkennen Sie als Moderator:in störende Prozesse und Verhaltensweisen rechtzeitig, können Sie diese minimieren und dadurch die Gruppenarbeit effektiver und produktiver gestalten.
Etablieren Sie Regeln für die Zusammenarbeit
Etablieren Sie von vornherein Regeln für die Zusammenarbeit im Meeting, auf die Sie im Bedarfsfall verweisen können. Leiten Sie die Teilnehmenden dazu an, aufmerksam zuzuhören. Dazu gehört nicht nur sich anzuhören, was jemand zu sagen hat, sondern auch, bei Unklarheiten nachzufragen, was gemeint ist. So vermeiden Sie, aufgrund der eigenen Interpretation des Gesagten vorschnell zu reagieren. Zu den Regeln zählt auch eine transparente und wertschätzende Kommunikation untereinander: Jede Art Meinungsverschiedenheit sollte offengelegt und besprochen werden. Ermutigen Sie in diesem Fall die Person, die anderer Meinung ist, ihre Ansichten in konstruktiver Weise gegenüber dem Rest der Gruppe auszudrücken.
Gelingt dies nicht, drohen die Spannungen in der Gruppendynamik die Zusammenarbeit negativ zu beeinflussen. In diesem Artikel stelle ich Ihnen die häufigsten Störungen in Gruppen vor und zeige Ihnen, wie Sie mit diesen souverän umgehen können.
Ein Konflikt tritt auf
Meinungsverschiedenheiten in Meetings sind keine Seltenheit. Da sie wertvolle Facetten zu einer bestimmten Fragestellung aufzeigen können, sollten sie auch nicht per se als negativ abgestempelt werden. Haben Gruppenmitglieder zu einem bestimmten Punkt unterschiedliche Meinungen, geben Sie ihnen die Gelegenheit, die Gründe dafür zu erklären und alternative Lösungen anzubieten. Sorgen Sie dafür, dass die Gruppe respektvoll miteinander kommuniziert.
Wenn sich die Fronten verhärten
Ein Konflikt tritt nur dann auf, wenn sich die Fronten verhärten, die Kommentare gegenüber einer Einzelperson oder einer Untergruppe persönlich werden oder sich einige Teilnehmende nicht wertgeschätzt (siehe auch "Die fünf verschiedenen Sprachen der Wertschätzung", projektmagazin, Ausgabe 05/2014) oder sogar verletzt fühlen – auf der sachlichen wie auf der persönlichen Ebene.
Eine weitere Störung mit Konfliktpotenzial kann entstehen, wenn eine Diskussion zu viel Zeit in Anspruch nimmt und die Gruppe das Gefühl hat, das Ziel aus den Augen zu verlieren oder Zeit zu verschwenden.
Ihre Aufgabe ist es in solchen Situationen, die kontroversen Meinungen so in den Raum zu stellen, dass ein produktiver Austausch möglich wird. Beziehen Sie die Standpunkte aller Gruppenmitglieder ein. Unterstützen Sie die Gruppe dabei, gemeinsame Ziele zu reflektieren und zu klären und das gegenseitige Verständnis zu fördern.
Mögliche Lösungen
Doppeln Sie die Aussagen der Konfliktparteien
Manchmal kann es für eine Person schwierig sein, ihre abweichende Meinung sachlich darzustellen. Besonders dann, wenn die Diskussion emotional geführt wird. Steigen Sie in diesem Fall aktiv in die Diskussion ein, indem Sie die Aussagen "doppeln" und damit als eine Art Filter wirken: Geben Sie das Gehörte in eigenen Worten und wertschätzend formuliert wieder. Fragen Sie im Anschluss, ob Sie die Aussagen so richtig verstanden haben. Wenn das der Fall ist, fragen Sie die Gruppe, ob jemand etwas dazu sagen möchte. Durch dieses Vorgehen richtet sich der Fokus auf Sie und den Beteiligten fällt es leichter, ihre Emotionen in den Griff zu bekommen und auf der sachlichen Ebene zu bleiben. (Mehr über das genaue Vorgehen des Doppelns erfahren Sie in Ch. Thomann, 2008, S. 291 ff.)
BeispielIn einer Besprechung zur Optimierung des Beschwerdemanagements, in der Lösungen für eine bessere Kundenbetreuung gefunden werden sollen, platzt einem neuen Mitarbeiter nach einigen Vorwürfen regelrecht der Kragen: "Ihr müsst endlich mal Zeit finden mich ordentlich einzuarbeiten, bevor ihr an mir herumhackt, wenn ich einige Dinge dem Kunden nicht sagen kann. Ihr lasst mich aber absichtlich gegen die Wand laufen, damit ihr dann einen Schuldigen habt, anstatt euch Zeit zu nehmen, mich mit euch zum Kunden zu nehmen, damit ich sehe, wie ihr das macht." Die Moderatorin schreitet ein: "Darf ich neben Sie treten und an Ihrer Stelle etwas zu Ihren Kollegen und Kolleginnen sagen? Sie sagen dann, ob das so stimmt? In Ordnung?" Der Mitarbeiter stimmt zu und die Moderatorin formuliert seine Aussage wie folgt für ihn um: "Ich tue mein Bestes, um eine gute Arbeit abzuliefern. Dabei stoße ich oft an Grenzen, weil ich nicht gut eingearbeitet bin. Ich fühle mich von euch vernachlässigt und mit dem Kundenkontakt alleingelassen. Ich wünsche mir, dass ihr mich mit zu unseren Kunden nehmt, damit ich von euren Erfahrungen lernen kann." – "…stimmt das?" Nachdem der neue Mitarbeiter die Aussage bestätigt, wendet sich die Moderatorin an die Gruppe: "Was sagen Sie dazu?" Der Dialog wird wieder aufgenommen. Die Gruppe antwortet dem neuen Mitarbeiter direkt. Die Moderatorin leitet die Diskussion normal weiter. |
Beruhigen Sie die Situation durch stilles Arbeiten
Insbesondere im virtuellen Kontext kann auch die Methode des stillen Arbeitens genutzt werden. Erfahrungsgemäß lassen sich Konflikte schnell entschärfen, wenn die Teilnehmenden entweder einzeln oder in Kleingruppen auf dem Whiteboard ihre Ansichten und Argumente visualisieren und anschließend der Gesamtgruppe vorstellen. Das stille Arbeiten beruhigt die konfliktgeladene Situation. Die visuelle Darstellung erleichtert den Beteiligten das Verständnis für die Gegenseite. Außerdem dokumentieren Sie mit diesem Vorgehen die Situation sowie ein mögliches Ergebnis, sodass kein Argument verlorengeht.
Klären Sie Konflikte außerhalb der Gruppe
Wenn die Situation nicht im Rahmen der Gruppe gelöst werden kann und der Konfliktursprung von nur einer oder zwei Personen ausgeht, können Sie die entsprechenden Fragen zu einem späteren Zeitpunkt außerhalb der Gruppe diskutieren. Legen Sie in diesem Fall eine kurze Pause ein und weisen Sie die betreffenden Personen auf Ihr weiteres Vorgehen hin. Sie stellen so sicher, dass Teilnehmer:innen sich nicht mit Problemen beschäftigen müssen, die sie nicht betreffen und dass die Gruppe anstatt an einer Konfliktlösung am eigentlichen Thema weiterarbeiten kann.
Teilnehmende verhalten sich passiv
Immer wieder gibt es in Meetings Teilnehmende, die zwar körperlich anwesend, jedoch geistig abwesend sind. Besonders oft lässt sich dies in virtuellen Meetings beobachten: Personen melden sich an und simulieren von Zeit zu Zeit mit einem "Mhm", "Ja", "Verständlich" ihre Aktivität, während sie mit anderen Dingen beschäftigt sind. Begünstigt wird dieses Phänomen, wenn die Kameras ausgeschaltet bleiben dürfen. Zwar hat jeder das Recht, sich nicht zu beteiligen, die Idee und die Ziele des Meetings unterstützt dieses Verhalten jedoch nicht.
Es gibt auch Teilnehmende, die lieber beobachten und zuhören, als sich aktiv mit ihren Ideen zu Wort zu melden. Diese können schüchtern sein oder unsicher, ob ihre Meinung wertschätzend aufgenommen wird, sie können sich vor dem Feedback fürchten oder brauchen schlicht mehr Zeit, ihre Gedanken zu sortieren. Die Ursache ist hier also nicht Ignoranz oder Unwilligkeit. Oft werden solche Teilnehmenden von der Schnelligkeit ihrer Kolleg:innen einfach überwältigt.
In beiden Fällen ist es Ihre Aufgabe, den Kommunikationsprozess vor und während des Meetings so zu steuern, dass die Voraussetzungen für eine konstruktive Diskussion aller Teilnehmenden gegeben sind.
Mögliche Lösungen
Motivieren Sie zur aktiven Teilnahme
Kommunizieren Sie bereits vor dem Meeting klar, dass der Erfolg des Zusammentreffens von der aktiven Teilnahme jedes Einzelnen abhängt. Weisen Sie darauf hin, dass es sich hierbei nicht nur um einen Wunsch handelt, sondern um eine Notwendigkeit. Nennen Sie den teilnehmenden Personen jeweils die Gründe, warum sie zum Meeting eingeladen sind, und betonen Sie die Bedeutung von deren fachlichem Beitrag für das Erreichen der gewünschten Ergebnisse. Am besten funktioniert dies, wenn Sie im Vorfeld des Meetings die Menschen direkt ansprechen und mit ihnen bei Bedarf ihre Rollen und Aufgaben für das Meeting abstimmen.
Ermuntern Sie wertschätzend
Machen Sie sich vor dem Meeting Gedanken darüber, wer die Teilnehmenden sind und wie diese üblicherweise agieren. Ermuntern Sie während des Meetings die eher Zurückhaltenden, sich einzubringen. Diese wägen oft sehr genau ab, was sie sagen. Daher ist Fingerspitzengefühl notwendig, weil niemand in Verlegenheit gebracht werden oder sich zur Teilnahme gedrängt fühlen darf. Vermeiden Sie Formulierungen wie "Herr Huber, Sie sind so still, sagen Sie doch Ihre Meinung dazu". Holen Sie die betreffenden Personen besser mit wertschätzenden Fragen ab wie z.B. "Herr Huber, Sie haben viel Erfahrung auf diesem Gebiet, wie sehen Sie die Problematik?" Und bedanken Sie sich im Anschluss für den Beitrag. Wenn Sie den Kommunikationsprozess geschickt steuern, ermöglichen Sie den zunächst Extrovertierten still(er) zu werden und mehr zuzuhören, während sich die Introvertierten mit ihren Beiträgen zu Wort melden können.
Hilfreich kann es auch sein, zurückhaltende Teilnehmer:innen bereits im Voraus des Meetings zu bitten, sich Gedanken zu einem bestimmten Thema zu machen. Damit bekommen diese Zeit, sich vorzubereiten, und Sie können im Meeting gezielt auf diesen "Arbeitsauftrag" eingehen.
Setzen Sie Umfrage-Apps ein
In den letzten Monaten sind viele Online-Werkzeuge zur Förderung der Interaktion entwickelt worden, die sowohl in Präsenz- als auch in virtuellen Meetings sehr gut verwendet werden können. Dazu gehören Umfrage-Applikationen wie Mentimeter oder sli.do. Diese lockern nicht nur das Geschehen auf, sondern ermöglichen auch allen Teilnehmenden, in einer vorgegebenen Zeitspanne ihre Meinung zu einer Fragestellung anonym einzubringen. Umfragen können hier spontan und schnell erstellt werden, die optische Darstellung ist sehr ansprechend und Ergebnisse werden automatisch dokumentiert.
Sie erhöhen mit der Verwendung solcher Umfrage-Apps die Chance, dass die Lauteren die Stilleren nicht überstimmen und dass diejenigen, die in Ruhe für sich eine Antwort überlegen möchten, ebenfalls zu Wort kommen. Die Anzahl der Antwortenden wird erfasst, sodass es zwar möglich ist, sich der Stimme zu enthalten, dies jedoch für jeden sichtbar ist. Die Gründe für eine Enthaltung können im Anschluss besprochen werden.
Sammeln Sie Ideen und Meinungen mit "Brainwriting"
Eine weitere sehr gut geeignete Methode ist das Brainwriting, die stille, schriftliche Variante des Brainstorming. Der Vorteil dieser Methode liegt darin, dass die lauteren und stilleren Teilnehmer:innen gleichermaßen ihre Ideen präsentieren. Jede:r Teilnehmende schreibt die persönlichen Gedanken zu einer präzise formulierten Fragestellung zunächst für sich selbst auf. Da alle parallel arbeiten, können sich Teilnehmende – im Unterschied zur gemeinsamen Ideengenerierung des Brainstormings – nicht gegenseitig beeinflussen. Bei acht Personen und drei Ideen pro Fragestellung entstehen innerhalb kürzester Zeit 24 Ideen, die im Anschluss im Plenum diskutiert, angereichert und weiterentwickelt werden.
Das Brainwriting eignet sich auch wunderbar für virtuelle Meetings. Mithilfe von Whiteboards oder entsprechenden Kooperationswerkzeugen wie z.B. miro können Sie die Ergebnisse übersichtlich und visuell ansprechend darstellen und zugleich dokumentieren und archivieren (mehr zu diesem Vorgehen in Schmitt 2020, S, 153 ff.).
Soziales Faulenzen hemmt die Zusammenarbeit
Die als "Soziales Faulenzen" (Social Loafing) bekannte Tendenz von Meeting-Teilnehmenden, sich nicht mit all ihrer Kraft und all ihren Ressourcen einzubringen, hat bereits in den 1880er-Jahren der französische Professor Maximilien Ringelmann beschrieben. Er fand heraus, dass die Effizienz der Arbeit, die Menschen gemeinsam erbringen, geringer ist als die Summe der Leistungen jedes:r Einzelnen. Basierend auf seiner empirischen Studie stellte er hierfür eine Formel auf: Demnach erbringen zwei Personen gemeinsam nur etwa 2 x 93 Prozent der Leistung, die sie jeweils einzeln erbringen würden, drei Personen nur 3 x 85 Prozent und acht Personen sogar nur 8 x 49 Prozent.
Die Gründe für soziales Faulenzen (siehe hierzu auch "Vom richtigen Umgang mit vermeintlichen Drückebergern", projektmagazin, Ausgabe 02/2018) liegen insbesondere in zwei Problemfeldern:
- In der Koordination der Aktivitäten: Die Anstrengungen der Teilnehmenden, ein Ergebnis zu erreichen, erfolgen idealerweise gleichzeitig.
- In den Motivationsdefiziten: Um individuelle Anstrengungen zu fördern, sollten gute Arbeitsbedingungen und ein offenes Klima geschaffen werden.
Mögliche Lösungen
Begrenzen Sie die Anzahl der Teilnehmenden
Nicht nur die Steuerung von Meetings wird mit steigender Anzahl der Teilnehmenden schwieriger, auch die Effektivität leidet darunter. Laden Sie daher gezielt nur diejenigen Personen ein, die zum gewünschten Ergebnis mit konkreten Ideen und spezifischem Wissen beitragen können.
Oft ist ein Grund für eine hohe Anzahl an Teilnehmenden die Vorstellung, dass niemand ausgeschlossen werden darf. Dies ist leicht zu umgehen, indem Sie alle potenziell Betroffenen im Vorfeld darüber informieren, dass es ein Meeting zum Thema X geben wird, für das ihre Teilnahme jedoch nicht erforderlich ist. Kommunizieren Sie diese Entscheidung wertschätzend und begründen sie sie, damit die betroffenen Personen die Hintergründe der Entscheidung verstehen und sich nicht dennoch ausgeschlossen fühlen. Nach dem Meeting erhalten diese Personen eine Zusammenfassung der Ergebnisse.
Die Erfahrung zeigt, dass bei diesem Vorgehen die Ergebnisse qualitativ hochwertiger sind und sich auch die Meetingzeit verkürzt, sodass die Teilnehmenden zufriedener sind. Die nicht eingeladenen Personen sind zudem in der Regel froh, dass sie nicht an einem Meeting teilnehmen müssen, zu dem sie sowieso nichts beitragen können.
Machen Sie die Teilnehmenden miteinander bekannt
Insbesondere in Projekten, in denen Menschen aus verschiedenen Teams, Unternehmen oder Ländern zusammenarbeiten, ist es bedeutend, Zeit in das persönliche Kennenlernen zu investieren. Denn je anonymer sich die Teilnehmenden eines Meetings fühlen, desto größer ist die Chance des sozialen Faulenzens, weil diese sich "gut verstecken können".
Eine gute Möglichkeit, die Teilnehmenden miteinander bekannt zu machen, sind sogenannte "Eisbrecher" (siehe auch "3 Eisbrecher für Online-Meetings", projektmagazin, Ausgabe 22/2020). Hierbei handelt es sich um kurze Aktivitäten zu Beginn eines Meetings, bei denen alle gemeinsam ins Gespräch kommen können. Passen Sie diese immer an die Art der Sitzung und die Kultur der Teilnehmer:innen an. Als simpler Eisbrecher, für den Sie nicht viel vorbereiten müssen, können Sie die Teilnehmenden bitten, sich z.B. zu den folgenden Fragestellungen per Flipchart oder Whiteboard auszutauschen:
- Welches ist ihr Lieblingszitat?
- Was ist das Interessanteste oder Lustigste, das Sie über Ihre Geburtsstadt sagen würden?
- Wenn Sie ein Lied für den Rest Ihres Lebens aussuchen müssten, welches wäre es und warum?
- Wenn Sie ein Alter aussuchen sollten, das sich nicht mehr verändert, welches wäre es und warum?
- Welche 3 Dinge würden Sie am liebsten bei sich haben, sollten Sie auf einer einsamen Insel stranden?
- Was mögen Sie an sich selbst am meisten?
- Für welches Unternehmen arbeiten Sie? In welcher Funktion? Welches ist Ihre lustigste oder wichtigste Erfahrung in dieser Funktion?
- Welches ist Ihre größte Herausforderung im Moment?
- Welcher Teil Ihrer Arbeit macht Ihnen besonders viel Spaß?
Wenn Sie die Antworten visuell aufbereiten, z.B. in einem gemeinsamen Motto oder Gruppenbild, erleben die Teilnehmenden das Kennenlernen noch intensiver und können schneller engere Beziehungen knüpfen.
Nehmen Sie Signale wahr und sprechen Sie Faulenzer:innen an
Oft wird an Meetings im virtuellen Raum bemängelt, dass einige Teilnehmende unbemerkt ihre eigenen Interessen verfolgen, anstatt sich in das Geschehen einzubringen. Ohne Kamerapflicht und mit der Möglichkeit, sich stummzuschalten, ist dies natürlich einfach. Doch auch Präsenzmeetings sind vor diesem Phänomen nicht geschützt. Wenige Beiträge der Teilnehmenden, gedankenverlorene Blicke oder ein herzhaftes Gähnen können erste Hinweise auf mentale Abwesenheit sein. Auch lange Pausen auf Fragen und Rückfragen Ihrerseits deuten darauf hin.
Wenn Sie solche Signale der Langweile oder des Desinteresses wahrnehmen, sollten Sie die entsprechenden Personen namentlich ansprechen und zum aktuellen Punkt Fragen stellen. Machen Sie dies häufiger besteht die Chance, dass diese unangemessene Verhaltensmuster ablegen. Passiert dies nicht ist es ratsam, nach dem Meeting ein Gespräch mit den Betroffenen zu suchen, um das kontraproduktive Verhalten im Hinblick auf die Zielerreichung und das Arbeitsklima im Meeting anzusprechen.
Eine Person dominiert mit ihren Beiträgen das Meeting
Es gibt Meetings, bei denen eine Person in der Gruppe viel mehr zu sagen hat als die anderen, vielleicht, weil es gerade um einen Themenbereich geht, beim dem sie einen Expertenstatus innehat. Dann kann es gewünscht sein, dass diese Person erstmal im Vordergrund steht und ihr Wissen und ihre Ideen weitergibt. Eine solche Situation sollten Sie, wenn möglich, in Ihrer Moderation entsprechend einführen. Planen Sie dann für den Verlauf des Meetings auch Redezeit für die anderen Gruppenmitglieder ein.
Oft beobachte ich, dass einige Teilnehmende – abseits von Präsentationen und Expertenstatus – mehr Raum für sich in Anspruch nehmen als angemessen. Sie dominieren mit Ihrer Meinung auf Kosten anderer Teilnehmenden das Meeting. Lassen Sie dies als Moderator:in nicht zu!
Mögliche Lösungen
Lenken Sie die Diskussion auf eine andere Person
Steuern Sie den Gesprächsprozess so, dass die Meinung Einzelner erst gar nicht dominant werden kann. Meine Erfahrung zeigt, dass eine höfliche Unterbrechung verbunden mit der Anerkennung des Beitrags und eventuell einer kurzen Zusammenfassung des Gesagten bereits zu einer willkommenen Veränderung führt. Die dominante Person fühlt sich verstanden und gehört und Sie können die Diskussion nahtlos auf eine andere Person lenken. Hierzu bieten sich z.B. folgende Formulierungen an:
- "Herr Huber, Sie haben uns viele wertvolle Informationen über… gegeben, die ich gerne kurz zusammenfassen möchte, damit wir ein gemeinsames Verständnis darüber haben."
- "Da unsere Zeit begrenzt ist, möchte ich an dieser Stelle auch den anderen Teilnehmenden das Wort geben, damit wir über Ihre Ideen diskutieren können."
- "Frau Meyer, Sie haben zu dieser Thematik Berührungspunkte, wie sehen Sie das für Ihren Teilbereich?"
Unterbrechen Sie per Meinungsabfrage
Eine weitere Möglichkeit, mit dominanten Personen umzugehen, bieten Meinungsabfragen. Unterbrechen Sie den Redefluss wertschätzend mit der Begründung, dass nun ein guter Zeitpunkt ist, das Gesagte aus weiteren Blickwinkeln zu betrachten. Schnelle und anonyme Umfragen lassen sich erstellen mit Apps wie Mentimeter oder sli.do (siehe Abschnitt "Setzen Sie Umfrage-Apps ein" unter "Teilnehmende verhalten sich passiv").
Leiten Sie eine Gruppenarbeit ein
Ist bereits vor dem Start des Meetings bekannt, dass sich unter den Teilnehmenden ein:e Vielredner:in befindet, können Sie eine oder mehrere Phasen von Gruppenarbeit einplanen und die Diskussion im Meeting so steuern. Die Gruppenarbeit unterstützt die Teilnehmenden dabei, verschiedene Meinungen und Ideen wahrzunehmen, zu sammeln und im Anschluss zu präsentieren, sodass sich die Redeanteile gleichmäßiger verteilen.
Senden Sie der dominanten Person eine private Nachricht im Chat
Findet das Meeting virtuell statt, können Sie die Möglichkeit nutzen, eine dominante Person im privaten Chat zu kontaktieren. Schreiben Sie z.B.:
- "Herr Huber, bitte lassen Sie Frau Meyer aussprechen, danach bekommen Sie sofort das Wort."
- "Herr Huber, ich weiß, dass Sie viele wertvolle Ideen haben. Wir möchten jedoch auch die anderen zu Wort kommen lassen. Bitte helfen Sie mir bei diesem Prozess, indem Sie mindestens drei Teilnehmende sprechen lassen, bevor Sie Ihren Beitrag leisten."
Wenn sich danach nichts ändert, können Sie etwas strenger vorgehen, indem Sie schreiben: "Herr Huber, es ist Ihnen wahrscheinlich nicht bewusst, Sie unterbrechen mehrere Teilnehmende, die vor Ihnen sprechen. Bitte lassen Sie diese aussprechen, danach bekommen Sie das Wort."
Sollte sich die Situation danach immer noch nicht bessern, haben Sie zur Not die Möglichkeit, die Funktion "mute" zu verwenden, um die Person stummzuschalten und am weiteren Reden zu hindern. Damit dies nicht verletzend wirkt, können Sie Ihr Vorgehen z.B. folgendermaßen erklären: "Ich werde Sie nun unterbrechen und vorerst auf "mute" schalten, weil wir in unserem Zeitplan recht fortgeschritten sind und ich gerne rekapitulieren möchte, wo wir bis jetzt stehen. Daher möchte ich die anderen nun um ihre Einschätzung bitten…"
Ansonsten ist sowohl im virtuellen als auch im persönlichen Kontakt der einfachste Weg, eine:n Vielredner:in zu stoppen, eine spontane Pause anzukündigen. In dieser können Sie unter vier Augen die Problematik der Dominanz klären. Ein Gespräch in der Pause oder zwischen den Meetings ist in solchen Fällen ein Muss, damit in der Zukunft die Effizienz der Arbeit gewährleistet wird. Die Aufgabe der Moderation ist es hierbei, sensibel und respektvoll die Effekte eines dominanten Verhaltens auf die Ergebniserzielung darzulegen (siehe auch "Mit Storytelling Wissen vermitteln und Konflikte lösen", projektmagazin, Ausgabe 09/2020).
Gruppenzwang beeinflusst die freie Meinungsäußerung
Orientieren sich die Teilnehmenden in einem Meeting an der vorherrschenden Meinung der Gruppe, kann das insbesondere in Entscheidungsmeetings verheerende Folgen haben.
Das Phänomen der Gruppenkonformität wurde bereits im Jahr 1951 von dem polnisch-amerikanischen Psychologen Solomon Asch nachgewiesen. In einem Experiment sollten Teilnehmende die Länge von drei Linien mit einer Kontrolllinie vergleichen. Nur eine Person war nicht in das Vorgehen eingeweiht, alle anderen waren angewiesen worden, falsche Aussagen zu den Linienlängen zu liefern. Das Ergebnis vieler Wiederholungen zeigte, dass sich jeder Dritte von der Gruppenmeinung beeinflussen ließ. Bild 1 zeigt eine vereinfachte Darstellung des Experiments.
In diesem Zusammenhang lohnt es sich, auch auf die Gruppenkohäsion zu schauen. So sehr harmonische Beziehungen und ein starkes Wir-Gefühl gut und sinnvoll für die Zusammenarbeit sind, können dahinter auch Gefahren lauern: Wenn es um die Lösungssuche oder Entscheidungsfindung geht, kann der starke Zusammenhalt zum erhöhten Gruppendruck führen. Mehrheit heißt nicht automatisch mehr Wahrheit oder mehr Richtigkeit. Beachten Sie daher, dass "Schwimmen in dieselbe Richtung" auch zum Abdriften führen kann.
Mögliche Lösungen
Schaffen Sie ein offenes und vertrauensvolles Klima
Die eigene Meinung gegen die Gruppenmeinung zu kommunizieren ist nicht für alle einfach. Damit es gelingt, ist es notwendig, dass mindestens eine weitere Person im Raum ist, die dieser Meinung offen gegenübersteht. Sie haben hier die nicht einfache Aufgabe, von Anfang an ein Klima zu schaffen, in dem Meinungsverschiedenheiten nicht als Angriffe verstanden werden, sondern als Inspirationen. Wichtig dabei ist, dass mit den Beiträgen wertschätzend umgegangen wird und Bewertungen und Urteile möglichst unvoreingenommen auf die sachliche Ebene gerichtet werden, um niemanden in der Runde zu verletzen.
Haben Sie den Eindruck, dass die Meinungsverschiedenheit zu einem bestimmten Thema im Meeting stärker ausgeprägt sein müsste? In diesem Fall hat es sich bewährt, mit Fragen und Klärungstechniken zu überprüfen, ob Sie es mit dem Phänomen des Gruppenzwangs zu tun haben:
- 6-Hüte-Methode: eignet sich, um verschiedene Perspektiven zu einer bestimmten Problematik zu beleuchten (siehe auch "Differenzierte Problembetrachtung mit der 6-Hüte-Methode", projektmagazin, Ausgabe 09/2016).
- Paradoxe Fragen: sind ein Ansporn, die Perspektive zu wechseln, sich mit Hürden, Risiken und Chancen auseinanderzusetzen sowie Kontroversen aufzuarbeiten. Eine solche Frage könnte z.B. lauten: "Was müsste passieren, damit unser Vorhaben nicht gelingt?"
- Zirkuläre Fragen: erweitern die eigene Wahrnehmung und regen ebenfalls zum Perspektivwechsel an. Ein Beispiel könnte sein: "Was denken Sie, würde Kund:in X/der:die CEO/der Aufsichtsrat/unser:e Risikocontroller:in/die IT sagen, wenn…?" (siehe auch die Methodenbeschreibung "Zirkuläre Fragen").
Bieten Sie Raum für vielfältige Meinungsäußerungen
Die Vorteile der Umfrage-Tools wie Mentimeter oder sli.do für schnelle und anonyme Abfragen von Meinungen habe ich schon erwähnt. Zur Lösungsfindung und Strukturierung der so gewonnen Vorschläge eignen sich z.B. Mindmap-Apps wie MindMeister. Außerdem können Sie cloudbasierte Dokumente verwenden, um gemeinsam und gleichzeitig jede:r für sich Antworten auf Fragen und Probleme zu suchen und niederzuschreiben. Das Brainwriting (siehe Abschnitt "Sammeln Sie Ideen und Meinungen mit "Brainwriting"" unter "Teilnehmende verhalten sich passiv") ist ebenfalls eine geeignete Methode, den Gruppenzwang in Schach zu halten.
Wenden Sie die Methode "Advocatus Diaboli" an
Peter Drucker, der bekannte Management-Theoretiker und Philosoph, sagte, dass eine Entscheidung nicht getroffen werden sollte, bevor es nicht mindestens eine Gegenmeinung gibt. Die bewährte Methode "Advocatus Diaboli" (lat. "Anwalt des Teufels") unterstützt genau diesen Ansatz. Sie funktioniert wie folgt: Mindestens zwei Teilnehmende übernehmen die Rolle des "Advocatus Diaboli" und entwickeln Argumente oder Ideen, die ganz bewusst die Gegenposition zu dem von der Mehrheit Gesagten darstellen. Hierbei müssen die Personen nicht zwingend von der Meinung, die sie vertreten, überzeugt sein (Bild 2).
Ziel des Rollenspiels ist, Perspektiven offenzulegen und Argumente zu finden, die die vorherrschende Sichtweise erweitern, ohne dass die jeweiligen Teilnehmenden persönlich angreifbar wären. Dadurch kann die Diskussion intensiv und kontrovers geführt werden, ohne ein Abdriften auf Nebenschauplätze oder in persönliche Machtkämpfe zu riskieren.
Ein Sündenbock ist auserkoren
Läuft bei der Arbeit etwas schief, ist es oft schwierig, die eigenen Verfehlungen zuzugeben. Der Gedanke, erst einmal die Schuld auf eine oder mehrere andere Personen innerhalb der Gruppe zu schieben, erscheint sehr attraktiv. Dieses sogenannte Sündenbock-Phänomen kann nicht nur für die betroffene Person, sondern auch für die gesamte Gruppe schädlich sein. Zum einen wird das Problem so nicht gelöst. Viel schlimmer aber noch: der Konflikt schwelt im Hintergrund weiter und ein Mensch oder eine Gruppe wird verletzt, weil er oder sie als Sündenbock abgelehnt wird.
Mögliche Lösungen
Etablieren Sie "Aktives Zuhören"
Menschen antworten nicht auf die oft sorgfältig ausgewählten Worte des Gegenübers, sondern auf die Interpretation der eigenen Wahrnehmung der Situation. Oft verrät daher die Tonalität – z.B. ein beleidigender Unterton – die ersten Anzeichen einer Schuldzuschreibung. Meine Erfahrung zeigt, dass die Methode "Aktives Zuhören" hier sehr gute Dienste leistet. Halten Sie die Teilnehmenden dazu an, nicht nur die Worte des Gesagten wiederzugeben, also die sachliche Ebene. Thematisieren Sie auch die Emotionen, die mitschwingen, damit Empfindungen wie Angst, Aggression oder Wut nicht unterschwellig im Umgang miteinander zum Ausdruck kommen (mehr zu diesem Vorgehen in Schmitt 2020, S. 202 ff.).
Schaffen Sie eine positive Fehlerkultur
Eine positive Fehlerkultur ist der Grundbaustein einer offenen Kommunikation und ein wirksames Mittel gegen das Sündenbock-Phänomen. Oft wird dieses Wort jedoch so verstanden, dass Fehler einfach nicht ernst genommen werden sollten. Das ist falsch. Fehler zu machen fühlt sich nie gut an. Es ist oft mit Angst, Frust, Wut oder Scham verbunden. Fehler zu machen gehört jedoch zum Arbeiten dazu. Überprüfen sollten Sie, warum der Fehler passiert ist und wie diesem in Zukunft vorgebeugt werden kann (z.B. durch eine Schulungsmaßnahme o.ä.).
Bei schwerwiegenden Fehlern, die mutwillig oder aus Fahrlässigkeit entstanden sind, sollten Sie auf alle Fälle Konsequenzen ziehen. Ansonsten hilft es der Sache meist nicht weiter, einen Schuldigen zu suchen. Achten Sie in Meetings darauf, dass ein vertrauensvolles Klima herrscht und dass die Teilnehmenden bei der Aufgabenverteilung ihre Kapazitäten und Ressourcen im Blick haben. Ein ganz einfaches Vorgehen ist, neben der Zuordnung des Namens für die Aufgabe auch bereits die dafür notwendigen zeitlichen Kapazitäten sowie Ressourcen oder Hilfsmittel festzuhalten.
Bieten Sie Breakout-Räume oder Gruppenarbeit an
Arbeit in Teilgruppen, im virtuellen Kontext in Breakout-Räumen, ist eine sehr gute Methode zur Vorbeugung des Sündenbock Phänomens. Menschen interagieren in kleineren Gruppen anders als im Plenum. Die Kommunikation ist viel persönlicher und das Vertrauen oft größer. Werden gewisse Themen auf diese Weise bearbeitet und danach im Plenum diskutiert, ändert sich oft die Dynamik in der Zusammenarbeit der ganzen Gruppe: Die Kleingruppenmeinung erhält in diesem Fall ein stärkeres Gewicht als die Meinung einer einzelnen Person. Da der Sündenbock häufig Zuspruch von den Kolleg:innen in seiner Kleingruppe bekommt, entschärfen Sie mit Gruppenarbeit die für die betroffene Person unangenehme Situation.
Fazit
Ein Meeting zu leiten bedeutet, mit verschiedenen Menschen zu kommunizieren und zu arbeiten und dabei Gruppendynamiken zu erkennen und zu steuern. Denn störendes Verhalten behindert das Erzielen guter Ergebnisse und führt zu Zeitverlust und Unzufriedenheit der Teilnehmenden. Mit den vorgestellten Vorgehensweisen können Sie den typischen gruppendynamischen Störungen je nach Situation individuell begegnen, Gruppenarbeit effizient durchführen und Meetings abwechslungsreich und produktiv gestalten.
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Literatur
- Asch, Solomon Eliot: Effects of Group Pressure upon the Modification and Distortion of Judgments, in: H. Guetzkow (Hg.): Groups, Leadership, and Men, Carnegie Press, Pittsburgh (PA) 1951, S. 222–236
- Frey, Dieter; Bierhoff, Hans-Werner: Sozialpsychologie - Interaktion und Gruppe, Hogrefe, Göttingen 2011
- Schmitt, Eugenia: Virtuelle Meetings leiten. Effiziente Gestaltung und Durchführung von virtuellen Meetings. Wie die professionelle virtuelle Zusammenarbeit der Teilnehmer gelingt, managerSeminare, Bonn 2020
- Ingham, Alan G.; Levinger, George; Graves, James; Peckham, Vaughn: The Ringelmann Effect: Studies of Group Size and Group Performance, Journal of Experimental Social Psychology, Nr. 10, 1974, S. 371–384
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