Zielgerichtete Auftragsklärung durch Perspektivenwechsel Mit zirkulären Fragen festgefahrene Gespräche erfolgreich in Gang bringen

Mit zirkulären Fragen festgefahrene Gespräche erfolgreich in Gang bringen

Zirkuläre Fragen eignen sich dafür, verborgene Wünsche des Auftraggebers sowie die Interessen der übrigen Stakeholder aufzudecken, aber auch um in festgefahrenen Situationen Lösungen zu finden. Anhand der Klärung des Endtermins im Projekt zeigt Dr. Tomas Bohinc, wie Sie situativ unterschiedliche zirkuläre Fragen erfolgreich zur Gesprächsführung einsetzen. Eine umfangreiche Sammlung zirkulärer Fragen ergänzt den Beitrag.

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Zielgerichtete Auftragsklärung durch Perspektivenwechsel Mit zirkulären Fragen festgefahrene Gespräche erfolgreich in Gang bringen

Mit zirkulären Fragen festgefahrene Gespräche erfolgreich in Gang bringen

Zirkuläre Fragen eignen sich dafür, verborgene Wünsche des Auftraggebers sowie die Interessen der übrigen Stakeholder aufzudecken, aber auch um in festgefahrenen Situationen Lösungen zu finden. Anhand der Klärung des Endtermins im Projekt zeigt Dr. Tomas Bohinc, wie Sie situativ unterschiedliche zirkuläre Fragen erfolgreich zur Gesprächsführung einsetzen. Eine umfangreiche Sammlung zirkulärer Fragen ergänzt den Beitrag.

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Nicht immer reicht es aus, wenn Sie als Projektleiter für die Auftragsklärung den Auftraggeber direkt nach seinen Vorstellungen fragen. Insbesondere, wenn Sie Motive und Wünsche des Auftraggebers aufdecken und gemeinsam eine klare Vorstellung vom Projekt entwickeln wollen, kommen Sie mit direkten Fragen nicht weiter.

Hier kann es hilfreich sein, quasi "um die Ecke" zu fragen. Und wie geht das? Mit der Fragetechnik des zirkulären Fragens, die in der systemischen Beratung entwickelt wurde, um den Ratsuchenden anzuregen, seinen Blick zu weiten und seine Vorstellungen klarer zu formulieren.

Dieser Artikel stellt dar, was zirkuläre Fragen sind und welche Funktionen sie bei der Auftragsklärung erfüllen können. Und er zeigt abschließend an einem durchgängigen Beispiel, wie Projektleiter diese Fragetechnik bei der Auftragsklärung strategisch einsetzen können.

Was sind zirkuläre Fragen?

Die Anwendung zirkulärer Fragen ist eine Methode, den Auftraggeber zu motivieren, die Perspektive zu wechseln und die Interessen anderer Stakeholder des Projekts in den Blick zu nehmen. Sie verbreitern so seine eingeschränkte oder sogar eingefahrene Wahrnehmung und bringen ihn dazu, seine daraus resultierenden Auffassungen zu relativieren. Wie diese Art von zirkulären Fragen wirkt, zeigt Bild 1.

Bild 1: Visualisierung der Auswirkung einer zirkulären Frage, die darauf abzielt, dass der Befragte die Perspektive einer dritten Person einnimmt.
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Während die üblichen W-Fragen den Befragten direkt fragen, z.B.: "Was soll mit dem Projekt realisiert werden?", fragt eine zirkuläre Frage indirekt: "Was glauben Sie, dass Ihre Kunden mit dem Projekt realisiert sehen möchten?" oder "Wenn Sie Ihre Vorstellungen vom Produkt mit denen Ihrer Kunden vergleichen: Wie unterscheidet sich diese?" Beide zirkulären Fragen lenken den Blick auf die spezifischen Anforderungen der Kunden und führen dazu, dass der Auftraggeber seine Vorstellungen vom Projektergebnis präzisiert oder relativiert.

Funktionen des zirkulären Fragens

In diesen und ähnlichen Situationen können Sie zirkuläre Fragen nutzen, um:

  • mehr Informationen zum Projektauftrag zu erhalten.
  • festgefahrene Sichtweisen des Auftraggebers durch neue Perspektiven aufzuweichen.
  • Machtverhältnisse unter den Stakeholdern herauszufinden.
  • Lösungsalternativen zu entwickeln.
  • Hinderungsgründe sichtbar zu machen.
  • Szenarien durchzuspielen, um gedankliche Beschränkungen aufzuheben.

Mehr Informationen erhalten

Ihr Auftraggeber gibt Ihnen nur die Informationen, die ihm bewusst sind und die für ihn in der aktuellen Gesprächssituation im Vordergrund stehen. Oft verfügt er über weiteres, unbewusstes Wissen. Mit zirkulären Fragen können Sie von ihm die Meinungen und Einstellungen anderer Stakeholder erfahren und weitere Rahmenbedingungen des Projekts "abklopfen".

Beispiele

  • "Welche Risiken sieht der Datenschutz in dem Projekt?"
  • "Welche Leistungsmerkmale würden sich die Anwender wünschen?"

Festgefahrene Sichtweisen aufweichen

Der Auftraggeber sieht das Projekt "durch seine Brille". Er hat häufig festgefügte Erwartungen an das Projekt in Bezug auf die Leistungsmerkmale, die hierfür erforderlichen Ressourcen und den Endtermin. Es gibt jedoch Spielräume, wie z.B. dass ein Endtermin unter Voraussetzungen festgesetzt wurde, die sich inzwischen geändert haben. Wird dies deutlich, kann auch wieder über den Termin verhandelt werden.

Diese Erwartungen können Sie aufweichen, indem Sie

  • nach der Meinung Dritter fragen: "Welche Meinung hat der Geschäftsführer in diesem Punkt?" (Dadurch machen Sie sichtbar, dass es neben der Position des Auftraggebers auch noch andere mögliche Positionen gibt, die eingenommen werden können.)
  • nach qualitativen Unterschieden fragen: "Angenommen, nicht alle Anforderungen könnten realisiert werden, und wir müssen uns entscheiden, welche realisiert werden sollen: Welche wäre die erste, auf die Sie verzichten könnten? Welche die Zweite?" (Mit Hilfe dieser Fragen kann der Auftraggeber reflektieren, welche Anforderungen ihm wirklich wichtig und unverzichtbar sind. Auf diese Weise lässt sich bei knappen Ressourcen oder einem engen Terminrahmen der Umfang und Inhalt des Projekts reduzieren.)
  • nach quantitativen Bewertungen fragen: "Auf einer Skala von 0 bis 10: Wie hoch schätzen Sie das Risiko ein, dass der Endtermin nicht eingehalten wird?" oder "Zu wie viel Prozent könnte ein Scheitern des Projekts von fehlenden Ressourcen abhängen?"

Machtverhältnisse herausfinden

Alle Kommentare (4)

Konstantin
Malakhanov

Ich finde solche Fragen fast schon manipulativ - statt seine Sicht der Dinge darzustellen und sie mit der Sicht des Kundenprojektleiter abzugleichen, versucht der Projektleiter den Kundenprojektleiter durch die Fragen auf die richtige Gedanken zu bringen. Die meisten Menschen riechen so etwas und reagieren allergisch. Auch die Antworten auf die Fragen zu Wahrscheinlichkeiten in % und zu Risiken auf der Skala von 1 bis 10 sind m.E. utopisch. Da wäre "wahrscheinlich", "weniger wahrscheinlich" realistischer. Insgesamt lassen sich solche Fragen genauso blocken wie direkte Fragen: "Was sollten wir aus Ihrer Sicht am Ende dieses Gesprächs erreicht haben?" - keine Ahnung, das Gespräch ist für mich ergebnis-offen. "Was müsste dann im heutigen Gespräch passieren, damit ich den Endtermin akzeptieren kann?" - Sagen Sie es mir, Sie sind derjenige, der den Termin verschieben möchte. "Aus meiner Sicht gibt es die Risiken. Gibt es bei Ihren Kollegen in der Geschäftsführung Mitglieder, die ebenfalls Risiken in dem Termin sehen?" - Da müssen Sie sie selbst fragen. "Sie sehen keine Risiken, aber Herr Meier sieht diese. Zu wie viel Prozent ist der Geschäftsführer Ihrer Meinung?" - Erwarten Sie jetzt eine Zahl von mir? "Auf einer Skala von 1 bis 10. Wie hoch schätzen Sie die Wahrscheinlichkeit ein, dass dieses Risiko eintritt?" - Das ist Ihre Aufgabe. usw.

 

Guest

Ein sehr interessanter Ansatz, der in der Tat sehr hilfreich sein kann. Allerdings muß ich Herrn Malakanov zustimmen: ein kluges Gegenüber macht daraus ein Tänzchen und der Frager kommt aus deinem selbstgebauten Zirkel nicht mehr raus - zumindest nicht ohne Gesichtsverlust. Daher: Man sollte unbedingt das Vorgehen erläutern, damit die Beteiligten nicht das Gefühl haben, manipuliert bzw. zur Lösung von Aufgaben/Problemen anderer mißbraucht zu werden. Wenn das klar ist, dann kann die Methode gut funktionieren. Wenn nicht, dann sollte der Frager eine gute Ausstiegsmethode kennen, diese von vorne herein transparent machen und dann auch diese Ausstiegskarte "ziehen", wenn es nicht mehr anders geht (auch transparent machen).

 

Tomas
Schiffbauer

Zirkuläre Fragen sind seit vielen Jahren in verschiedenen Bereichen ein erfolgsversprechender Ansatz. Wenn es Menschen nicht möglich ist, ihre aktuelle Position und den damit verbundenen Blickwinkel/Perspektive zu verlassen, kann dies durch zirkuläres Fragen ermöglicht werden. Vorausgesetzt ist, dass der Gesprächspartner dazu bereit ist und eine konstruktive Lösung finden will. Wenn jemand, aus welchen Motiven auch immer, einen unrealistischen Termin durchdrücken möchte und auch nicht offen ist, über Argumente zu sprechen, die helfen eine Verschiebung zu vertreten, dann muss ich mich als selbstbewusster und souveräner Projektleiter fragen, ob ich die Leitung dieses Projektes nicht ablehne bzw. niederlege. Denn, wenn ich mich auf ein Projekt einlasse, von dem ich faktisch nachweisen kann, dass die Erfolgsaussichten gegen Null gehen, dann ist die einzige Frage, die ich mir beantworten muss, stehe ich jetzt und heute dazu und "gehe" oder versuche ich es irgendwie hinzubekommen und bin in x Monaten derjenige, der "geht", weil das Projekt gescheitert ist. Beide Wege haben ihre Konsequenzen.

 

Uwe
Sieß

Schöne Beispiel zum Context der systemischen Fragen. Mir hat diese fragetechnik oft geholfen, den Auftrag besser zu verstehen und dem Auftraggber eine differnziertere Sicht auf seine (spontane) Forderungen zugeben. Falls sich das gegenüber aber in der Position des "Stärkeren" sieht, der einem Auftragnehmer das Pflichtenheft und den favorisierten Weg dahin diktieren kann, wird eine Frage nach dem "Warum rufen Sie mich hier und jetzt, ihnen diese Aufgabe zu leisten?" notwendig. Mit der möglichen Option,den Auftrag dann besser auch an dieser Stelle abzulehnen.