Was kümmern Sie Ihre Projekte?!

Da laufen die Geschäfte zufriedenstellend, die Orderbücher sind gut gefüllt, und man könnte sich freuen und an der Zukunft arbeiten. Aber dann kommen da wieder Probleme in so einem lästigen Projekt hoch – muss man sich denn um alles selbst kümmern?!

Was kümmern Sie Ihre Projekte?!

Da laufen die Geschäfte zufriedenstellend, die Orderbücher sind gut gefüllt, und man könnte sich freuen und an der Zukunft arbeiten. Aber dann kommen da wieder Probleme in so einem lästigen Projekt hoch – muss man sich denn um alles selbst kümmern?!

Übereinstimmend berichten Untersuchungen seit Jahren, dass durchschnittlich immer noch mehr als 46% aller Projekte ihre Zeit-, Kosten- und/oder Inhalts-/ Qualitätsziele nicht erreichen, 19% werden vorzeitig beendet. 33% der Budgets werden für das "Reparieren" von Projekten ausgegeben. Rechnen Sie mal die Summen hoch, die hier verbrannt werden…

Schaut man auf die Ursachen, so rangieren weniger technische Probleme (6%) bzw. Ressourcenprobleme (9%) ganz oben, sondern mangelhaftes Projektmanagement (16%) sowie fehlende Unterstützung durch das Management und die Organisation (18%). Hinzu kommen in vielen Fällen noch unklare Anforderungen und Ziele der Auftraggeber (12%) sowie schlechte Kommunikation unter den Beteiligten einschließlich des Managements (15%).

Projekte sind doch nur Routine…

Das müsste eigentlich denen, die Investitionen zur Umsetzung in Projekten beauftragen, zu denken geben. 60% der verantwortlichen Executives wissen um die Opportunitätskosten schlechter Projekte, aber nur 20% unterstützen PM-Initiativen in ihren Unternehmen, um die Lage zu verbessern. Vielmehr wird Projektmanagement von vielen Managern als Commodity, also Routine, gesehen und Projekte entsprechend behandelt.

Die klassischen Lehrbücher der BWL und VWL (von Schumpeter über Keynes bis Drucker) beschränken sich auf das Management des laufenden Business der Unternehmen wie Produktion, Finanzen, Verkauf usw. Doch ist das Durchführen von Projekten zur Anpassung des Unternehmens an die Anforderungen und zur Gestaltung seiner Zukunft nicht ein überall ebenso notwendiges Tagesgeschäft und eine strategisch wichtige Aufgabe?

Projekte richtig und professionell zu managen, Prozesse und Ausstattung zu optimieren, ihnen die ihrer strategischen Bedeutung für das Erreichen der Unternehmensziele zukommende Aufmerksamkeit zu schenken – das sollte ein Imperativ für jeden Projektverantwortlichen in der Chefetage sein, genau wie es im Bereich Operations praktiziert wird. Im Business wird das Geld verdient, in Investitionen und daraus resultierenden Projekten wird Wachstum und Zukunft geschaffen! Das professionelle Managen von Projekten müsste demnach doch auch ein strategisches Asset sein, oder?

Wie man Geld richtig verbrennt!

Leider gibt es wenige "Vorher-Nachher"-Untersuchungen, aber ein Fall aus meiner Praxis mag verdeutlichen, wie viel Geld durch solche Ignoranz verschenkt wird:

Ein Systemhaus hatte ein Festpreisprojekt für die Implementierung eines Software-Systems verkauft und suchte nun mangels eigener, verfügbarer Kapazitäten einen Projektmanager für die "Auftragsabwicklung". Ich hatte auf die Anfrage hin die Anforderungen und Komplexität der Aufgabe aufgenommen (Projekt-Profiling) und aus meinem Netzwerk einen qualifizierten Kollegen angeboten. Das Vorstellungsgespräch ergab einen "Perfect Fit", nur beim Tagessatz konnte keine adäquate Übereinkunft erzielt werden, der für das Systemhaus "betriebswirtschaftlich darstellbar" gewesen wäre. Im Ergebnis wurde ein Projektleiter für 150 Euro pro Tag weniger engagiert, wohl wissend, dass dessen Qualifikation geringer war.

Ich gab dem Geschäftsführer zu Bedenken, dass er wohl den PM-Aufwand zu gering kalkuliert habe und bot ihm an, nach einem halben Jahr Projektlaufzeit kostenlos einen Projekt-Gesundheits-Check auf dieses Projekt durchzuführen.

Mein Audit nach sechs Monaten ergab deutliche Verzögerungen des geplanten Projektfortschritts durch Unterschätzen des Arbeitsaufwands bei der Programmierung, Brüche in der Planung der Ressourcen und Beistellungen, unvorhergesehene Probleme bei den Schnittstellen, und latenten, schlecht gelenkten Disput über die vereinbarten Lieferungen und Leistungen. Die Stimmung im Projekt war bereits dabei, sich auf Positionen zurückzuziehen und diese zu sichern. Weiterer Ärger stand mit dem näher kommenden Termin für einen ersten Testlauf des Gesamtsystems ins Haus, weil dieses noch nicht so weit fertiggestellt war.

In nackten Zahlen stellte sich das so dar:

  • Einsparung Projektleiter 6 Monate x 20 Arbeitstage x 150 Euro = 18.000 Euro
  • Verzug des Projekts ca. 6 Wochen x 6 Mitarbeiter-FTE à 600 Euro/Tag = 108.000 Euro
  • Vertragsstrafe bei Verpassen des Integrationstest-Meilensteins 100.000 Euro (Wahrscheinlichkeit ohne Sanierung ca. 80%) = Risikowert 80.000 Euro
  • Kalkulation Mehraufwand für Sanierung ca. 4 Wochen zusätzliche 4 FTE = 48.000 Euro plus mein Honorar 24.000 Euro = 72.000 Euro.

Die Entscheidung, einen billigeren, aber nicht ausreichend qualifizierten Projektleiter zu engagieren, hat das Unternehmen nach einem halben Jahr also bereits 90.000 Euro gekostet. Hinzu kommen 72.000 Euro, um den harten Meilenstein halten zu können und die Vertragsstrafe von weiteren 100.000 Euro zu vermeiden – angesichts eines Risikowerts von 80.000 Euro, und dass man ohne Sanierung weitere Verzögerungen erwarten konnte, eine betriebswirtschaftlich vertretbare Option. Insgesamt lagen also die Mehrkosten bzw. der Margenverlust durch unangebrachte "Sparsamkeit" am falschen Ende zu Projektbeginn bei ca. 162.000 Euro! Ich habe nicht nachgefragt, wie viel Marge sich das Systemhaus ursprünglich bei diesem Projekt erhofft hatte...

Selten bekommt man die Gelegenheit, so ein Audit "mit Ansage" durchführen zu dürfen, denn nur wenige Executives wollen sich die Blöße geben, einen Fehler transparent zu machen. Aber das Beispiel zeigt – nach meiner Erfahrung repräsentativ – wie wenig gutes Projektmanagement im Management immer noch wertgeschätzt wird, und dass ein guter Projektmanager gar nicht so viel kosten kann, wie ohne ihn an Geld verbrannt wird.

Worin liegt nun der Business Value guten Projektmanagements?

An operativem Nutzen ist hier vor allem eine deutliche Verbesserung der PM-Prozessqualität zu nennen, oft sogar kostenneutral:

  • Effektive Überwachung und Steuerung der Projektsituation
  • Schnellere und effizientere Reaktion
  • Prozess-Performanz- und -Effizienzkontrolle
  • Konsistenz und Replizierbarkeit von Ergebnissen

Hinzu kommen noch eine deutliche qualitative Verbesserung der Projekt-Ergebnisse, steigende Plan- und Zieltreue (CPI/SPI mind. +20%) und Kosteneinsparungen, z.B. durch die Vermeidung von ungeplanten Überstunden, teuren Nachbesserungen usw.

Das Management erhält dafür Planungssicherheit durch "saubere" Prozesse, z.B. indem es von realistischeren Schätzungen zu realistischen Planungen und somit letztlich zu einer Kalkulationssicherheit gelangt. Eine verbesserte Projektsteuerung / Governance führt zudem über bessere Entscheidungsgrundlagen und pro-aktiv gesteuerte Risiken zu weniger Verlusten und damit höheren Deckungsbeiträgen.

Und schließlich sind da noch die strategischen Vorteile: am Business-Nutzen priorisierter Aufwand bringt bessere Ressourcen-Effizienz, höhere Effizienz wiederum ermöglicht mehr Durchsatz bzw. Kapazität und dadurch Mehrumsatz und/oder Flexibilität. Zuverlässige Leistungen erhöhen die Kundenzufriedenheit und -bindung und bringen dadurch Image- und Wettbewerbsvorteile, und und und…

Es lohnt sich also, sein Projektmanagement im Unternehmen ernst und wichtig zu nehmen, und sich um seine Projekte zu kümmern. Betrachten Sie Projektmanagement doch mal als strategisches Asset – ich liefere Ihnen gerne noch viele gute Argumente dafür!

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Alle Kommentare (2)

Guest

Gute und sehr klare Darstellung der Probleme bzw. Versäumnisse zu Projektbeginn. Dies ist leider nicht nur im IT-Bereich so, es ist symptomatisch für alle Bereiche. Die Aussage von Hr. Zeumer ist nicht neu, ich habe aber selten eine so klare Darstellung der Probleme gelesen.