Neues Vertragsrecht – Auftraggeber sollen zügiger zahlen!

Durch das "Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr" mit Wirkung vom 28.07.2014 haben sich für Zahlungsvereinbarungen zwischen Auftraggebern und Auftragnehmern neue Rahmenbedingungen ergeben. So gelten z.B. neue Höchstgrenzen bei der Vereinbarung von Zahlungsfristen und Verzugszinsen. RA Dr. Christoph Zahrnt erläutert, welche Konsequenzen sich daraus für Projektverträge und AGB ergeben, und gibt konkrete Handlungsempfehlungen für die Vertragspartner.

 

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Neues Vertragsrecht – Auftraggeber sollen zügiger zahlen!

Durch das "Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr" mit Wirkung vom 28.07.2014 haben sich für Zahlungsvereinbarungen zwischen Auftraggebern und Auftragnehmern neue Rahmenbedingungen ergeben. So gelten z.B. neue Höchstgrenzen bei der Vereinbarung von Zahlungsfristen und Verzugszinsen. RA Dr. Christoph Zahrnt erläutert, welche Konsequenzen sich daraus für Projektverträge und AGB ergeben, und gibt konkrete Handlungsempfehlungen für die Vertragspartner.

 

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Es gibt erschreckende Zahlen darüber, wie viele Unternehmen in Schieflage oder sogar in Insolvenz geraten, weil die Kunden nicht rechtzeitig zahlen. Die EU hat deswegen bereits im Februar 2011 eine Richtlinie (Amtsblatt der EU, 2011) zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr erlassen, um Auftraggeber zu veranlassen, rechtzeitig zu zahlen. In einer Pressemitteilung vom 05.10.2012 hat die EU darauf hingewiesen, dass "57% der Unternehmen in Europa mit Liquiditätsproblemen aufgrund von Zahlungsverzug zu kämpfen" hätten (Europ. Komm., 2012). Sie hat deswegen die Mitgliedsstaaten aufgefordert, die Richtlinie möglichst bald innerhalb des jeweiligen nationalen Vertragsrechts umzusetzen. Der deutsche Gesetzgeber hat das – verspätet – in einem "Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr" mit Wirkung vom 28.07.2014 getan (BGBl Teil 1, 2014, Seite 1218). Darin ändert er das BGB. Die neuen Vorschriften gelten für alle ab diesem Tag geschlossenen Projektverträge. Die folgenden Ausführungen entsprechen dem Stand 23.09.2014.

Zahlungen sind ohne vertragliche Regelung sofort fällig!

Die grundlegende Rechtslage für die Bezahlung einer erbrachten Leistung ist unverändert klar: Hat der Auftragnehmer alle Leistungen erbracht, kann er eine Rechnung stellen, bei einem Werkvertrag nach Abnahme der Leistungen durch den Auftraggeber, beim Kaufvertrag sofort. Die Rechnung ist sofort fällig, das heißt, der Auftraggeber als Schuldner muss sie sofort begleichen. Die Vertragspartner können allerdings Zahlungsfristen vereinbaren. Der Praktiker mag an eine Zahlungsfrist von 30 Tagen denken. Diese Vorstellung beruht allerdings auf einer weit verbreiteten Fehlinterpretation des § 286 Abs. 3 BGB. Dieser befasst sich mit einer Frist von 30 Tagen nicht als Zahlungsfrist, sondern als Frist, nach deren Ablauf der Auftraggeber automatisch in Verzug gerät. Die Konsequenz daraus ist, dass nach 30 Tagen der Auftragnehmer den Auftraggeber nicht mehr zu mahnen braucht, sondern direkt z.B. ein Inkasso-Verfahren anstrengen kann. Der Auftragnehmer kann auch schon früher mahnen, z.B. nach 14 Tagen, und dadurch den Auftraggeber in Verzug setzen.

Fristen für Abnahmeprüfung nur bei Werkvertrag

Der Gesetzgeber hat Projektverträge dem Recht des Kaufvertrags unterstellt; das Werkvertragsrecht greift nur ein, wenn es um die Erstellung von Gebäuden, Anlagen oder anderen nicht beweglichen Sachen geht. Ein wesentlicher Unterschied zwischen den Vertragstypen besteht darin, dass nur das Werkvertragsrecht die Abnahmeprüfung und -erklärung vorsieht. Die Vertragspartner können diese dank der Vertragsfreiheit auch beim Kaufvertrag vereinbaren, hierfür genügt ein einfacher Passus im Vertrag. Die Vertragsfreiheit erlaubt sogar generell, dass die Vertragsparteien mit ihren individuellen Vereinbarungen weitgehend von den Vorschriften im BGB und HGB abweichen, z.B. indem sie eine Zahlungsfrist vereinbaren.

Wenn ein Vertragspartner (rechtlich: "Verwender", d.h. die Vertragspartei, die ihre AGB als Vertragsbestandteil durchsetzt) in seinen AGB von den gesetzlichen Vorschriften abweicht, darf er darin zu Lasten des anderen Vertragspartners allerdings nicht grob bzw. nicht unfair von den gesetzlichen Vorschriften abweichen.

Achtung: Für den Juristen ist alles Standard, was für die mehrfache Verwendung vorformuliert ist! Die gesetzlichen Vorschriften lassen sich keineswegs dadurch umgehen, dass man unbillige Bedingungen nicht in die AGB, sondern in die Vertragsvorlage oder Auftragsbestätigung übernimmt. Eine Bedingung, die ein Auftraggeber routinemäßig in seiner sonst individuellen Auftragsbestätigung aufnimmt, ist damit gleichbedeutend mit einer AGB-Klausel und darf den Auftragnehmer nicht grob benachteiligen. Tut sie das, ist sie unwirksam und wird in der Regel durch die gesetzlichen Vorschriften ersetzt.

Bei Projektverträgen, die eine Realisierungszeit von einem Vierteljahr oder länger haben, spielt die Liquidität für die Auftragnehmer eine erhebliche Rolle, auch wenn sie nicht gleich an Insolvenz zu denken brauchen. Die neuen Vorschriften dürften für Auftragnehmer schon deswegen nützlich sein, weil Auftraggeber mit vielen Projekten das Thema Zahlungsbedingungen meist standardmäßig abhandeln. Dann liegen AGB vor, unabhängig davon, ob die Auftraggeber ihre Standardformulierungen in einem gesonderten Dokument "AGB" oder in einem Auftragsschreiben zu einem Vertragsbestandteil machen. Die Vertragsfreiheit der Auftraggeber ist auf jeden Fall durch die gesetzlichen Regelungen eingeschränkt.

Frühe Fälligkeit des Zahlungsanspruchs nicht verbessert

Wie dargestellt kann der Auftragnehmer nach vollständiger Leistungserbringung eine Rechnung stellen, aber eben erst dann. Bei Projekten würde dies bedeuten, dass der Auftragnehmer eine lange finanzielle Durststrecke bis zum Projektende überwinden müsste. Im Werkvertragsrecht sieht § 632a BGB eine Vergünstigung für ihn vor: Wenn er eine Leistung erbringt, die für den Auftraggeber einen "Wertzuwachs" beinhaltet, kann er eine Rechnung in entsprechender Höhe stellen. Ein Auftragnehmer könnte also mit jedem abgeschlossenen Arbeitspaket eine Rechnung stellen, wobei er allerdings nachweisen müsste, dass der Auftraggeber dadurch einen Wertzuwachs erhalten hat. Diese Vorschrift greift jedoch nicht ein, wenn die Vertragspartner einen Zahlungsplan vereinbaren und damit die Vorschrift überschreiben. Diese übt also indirekt einen gewissen Druck auf den Auftraggeber aus, lieber einen Zahlungsplan zu vereinbaren, als sich mit dem Auftragnehmer über die Höhe des Wertzuwachses zu streiten.