Erfahrungen aus den ersten zwei Jahren Was ist neu am neuen PRINCE2?

Was ist neu am neuen PRINCE2?

Vor zwei Jahren stellte AXELOS die neue Version von PRINCE2 vor: Das neue Manual wurde als PRINCE2 2017 UPDATE in englischer Sprache veröffentlicht, ein Jahr darauf folgte die deutsche Version. Überarbeitet wurden auch die Zertifizierungsexamen und die Unterlagen zur Prüfungsvorbereitung. Nach einer Übergangsfrist muss das Examen nun nach PRINCE2 2017 Update erfolgen. Ein guter Zeitpunkt, um eine erste Bilanz zum neuen PRINCE2 zu ziehen.

Erfahrungen aus den ersten zwei Jahren Was ist neu am neuen PRINCE2?

Was ist neu am neuen PRINCE2?

Vor zwei Jahren stellte AXELOS die neue Version von PRINCE2 vor: Das neue Manual wurde als PRINCE2 2017 UPDATE in englischer Sprache veröffentlicht, ein Jahr darauf folgte die deutsche Version. Überarbeitet wurden auch die Zertifizierungsexamen und die Unterlagen zur Prüfungsvorbereitung. Nach einer Übergangsfrist muss das Examen nun nach PRINCE2 2017 Update erfolgen. Ein guter Zeitpunkt, um eine erste Bilanz zum neuen PRINCE2 zu ziehen.

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05.12.2024
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Die alte Version von PRINCE2 stammte von 2009, daher überrascht es nicht, dass es einige Änderungen und Erweiterungen gibt: Sowohl in der Methode selbst, als auch bei den Begriffen, bei der Gliederung und dem Layout des Manual. Nicht zu vergessen die neuen Zertifizierungsprüfungen und den neuen Service. All das kann zusammengenommen schon etwas verwirrend sein.

Damit wir den Überblick behalten und den Blick konzentriert auf das richten können, worum es genau geht, gliedere ich den Artikel in drei Teile: Zunächst sehen wir uns die Methode selbst an. Dann schauen wir auf das neue Manual. Und abschließend möchte ich noch ein paar Erfahrungen aus knapp zwei Jahren Zertifizierungsprüfungen (durchgeführt sowohl in englischer als auch in deutscher Sprache) mit Ihnen teilen.

Was sind die Änderungen in der Methode PRINCE2?

Bei der Einführung der neuen Version betonte AXELOS stets, dass es sich dabei um "eine organische Weiterentwicklung" handele. Das kann man so sagen. Die Methode selbst blieb praktisch unverändert, die vier Elemente "Grundprinzipien", "Themen", "Prozesse" und "Anpassen an die Projektumgebung" blieben erhalten.

Kleine Änderungen gibt es jedoch bei den einzelnen Prozessen, Themen, und bei einigen Begriffen. Mehr Raum und Aufmerksamkeit wird der Anpassung der Methode an die Projektumgebung gegeben. Das soll die Anpassung an agile Lieferansätze erleichtern. Nehmen wir uns die wichtigsten Punkte heraus:

  • Starten wir mit der Änderung, die bei allen Seminarteilnehmern helle Freude ausgelöst hat: Der Großteil des Konfigurationsmanagements ist weggefallen, einfach verschwunden! Eine gute Entscheidung, denn dies war in der alten Version überbetont und ist nicht wirklich ein Kernbereich von Projektmanagement. Nach meinem Geschmack hätte jedoch ein bisschen mehr Konfigurationsmanagement erhalten bleiben können, aber die Richtung stimmt.
  • Wird das neue PRINCE2 agiler? Nicht wirklich, denn PRINCE2 war auch vorher schon der einzige Projektmanagement-Standard, mit dem die Integration von agilen Liefer-Ansätzen wie Scrum produktiv funktioniert (siehe "Steuerbare Kraft: Die Integration von Prince2 und Scrum", Computerwelt 2013). Einzelne Änderungen in dem Prozess "Initiieren eines Projektes" und das Verschieben der Managementphasen ins Thema "Pläne" unterstützen das nur, und zeigen, wann ich als Projektmanager an die Gestaltung der Lieferansätze denken muss.
  • Nach AXELOS sollen nun die Vorprojekt- und Nachprojektphasen stärker betont werden. Das stimmt aber nur für die Nachprojektphase. Den Prozess "Vorbereiten eines Projektes" gab es in dieser Form schon. Die Nachprojektphasen werden methodisch insofern berücksichtigt, als dass sich ein Projekt nicht nur damit beschäftigt, wann der Nutzen durch wen zu messen ist, sondern auch der Organisation ein Statement hinterlässt, was genau nach Projektende zu tun ist, damit der Nutzen auch tatsächlich eintritt.
  • Es gibt eine Reihe neuer Begriffe, die im Wesentlichen Umbenennungen sind, so werden z.B. die "Management Strategien" nun zu "Management Ansätzen".

Alles in Allem sind die Änderungen nicht dramatisch. Sie sollten überhaupt kein Problem damit haben, auf eine alte Foundation Zertifizierung ein neues Practitioner Zertifikat draufzusetzen, oder bei einer Rezertifizierung in den neuen Ansatz zu wechseln.

Was sind die Änderungen im Manual?

Deutliche Änderungen gibt es im offiziellen Manual "Managing Successful Projects with PRINCE2®" bzw. "Erfolgreiche Projekte managen mit PRINCE2®" – und damit meine ich nicht nur die vielen neuen Farben. Das alte Manual war straight forward (und einfarbig), mit der Anmutung einer alten Rezeptsammlung. Das neue Layout empfinde ich trotzdem nicht als Verbesserung – übersichtlich ist anders. Aber: don‘t judge a book by its lay-out.

Wie schon erwähnt, erhält nun das Thema "Anpassung an die Projektumgebung" deutlich mehr Gewicht: Es gibt jetzt zweieinhalb Kapitel zu den Themen "Anpassen" und "Integrieren" von PRINCE2, in denen unterschiedliche Projektszenarien diskutiert werden. Leider sind diese Beschreibungen sehr kurz. Hilfreich ist, dass sich in jedem der sieben Themen ein Abschnitt über die Minimalanforderungen (z.B. bei kleinen Projekten) an dieses Thema findet, und bei jedem Prozess Hinweise zur Anpassung dieses Prozesses.

Selbstverständnis als Management-Framework gestärkt

Generell orientiert sich das Manual stärker am Selbstverständnis von PRINCE2 als Management-Framework (aus Prozessen und Rollen) und gibt nicht jede Technik und Methode vor. Einige Beschreibungen konkreter Methoden – die sich im alten Manual im Fließtext befanden – werden nun bei jedem Thema unter dem Abschnitt "Techniken" zusammengefasst. Das ist konsequent, macht die Sache aber nicht unbedingt übersichtlicher.

Die größte Veränderung ist, dass die Grundlagen und Grundprinzipien ausführlicher beschrieben werden. Eingespart wird das bei den Prozessbeschreibungen, die weniger detailliert beschrieben werden. Das ist so gewollt, wie Nigel Bennet, einer der Autoren des neuen Manuals, mir in einem Gespräch bestätigt hat. Seine Argumentation: "Projektmanager schauen immer zu sehr auf die konkreten Anweisungen. Sie interessieren sich für das, was zu tun ist. Wir wollten, dass sie sich mehr mit dem Sinn und der prinzipiellen Arbeitsweise der Methode beschäftigen."

Pädagogischer Ansatz

Das klingt nach einem stark pädagogischen Ansatz. Ich verstehe, dass man wissen muss, warum man etwas tut, um den Schritt richtig setzen zu können. Möglicherweise ist hier aber die Kundenorientierung gegenüber der Pädagogik zu sehr in den Hintergrund geraten. Macht nichts, für mich als Berater ergeben sich dadurch mehr Einnahmequellen, denn als Nutzer werden Sie irgendwann auch die Details benötigen.

Bevor ich es vergesse: Die deutsche Übersetzung ist nach wie vor deutlich holpriger als das englische Original. Auch hier also keine wirkliche Veränderung. An einigen Stellen wäre das vielleicht vermeidbar gewesen: Ich denke, dass der Begriff "Baseline" auch im deutschen Sprachraum bekannt ist, man hätte ihn nicht durch das Wort "Vergleichswert" ersetzen müssen.

Was sind die Änderungen bei der Zertifizierung?

In diesem Bereich gibt es einige Veränderungen. Prinzipiell bleibt es bei den beiden Qualifikationsstufen Foundation und Practioner. Das Foundation Zertifikat ist weiterhin unbegrenzt gültig, die Gültigkeit des Practitioner Zertifikats verkürzt sich auf drei Jahre. Die einfachere Möglichkeit der Re-Registrierung als Practitioner gibt es nicht mehr.

Verschärfte Rezertizierung

Nun hat man die Wahl, ob man nach spätestens drei Jahren die Practitioner Zertifizierung wieder absolviert. Oder ob man sich lieber beim neuen Service "My AXELOS" registriert und innerhalb dieser Online-Plattform durch bestimmte Aktivitäten Punkte sammelt, die dann die neuerliche Zertifizierung ersetzen. Aufgrund der Rückmeldungen meiner Seminarteilnehmer schätze ich, dass sich deutlich weniger als die Hälfte dort registriert haben. Vielleicht liegt es daran, dass diese Plattform nur in englischer Sprache betrieben wird.

Inhaltlich beschäftigen sich die Prüfungsfragen bei beiden Zertifizierungen stärker auf die Grundprinzipien. Bei den Prozessen geht es mehr um Ziel sowie Zweck und bei den Themen auf Ziele, Zwecke und Anforderungen (z.B. Minimalanforderungen) ausgerichtet. Die Prüfungsfragen sind bei der Foundation etwas schwieriger geworden, dafür muss man deutlich weniger beantworten.

Große Veränderungen gibt es bei der Prüfung zum Practitioner. Das Projektszenario, anhand dessen die Fragen zu beantworten sind, ist deutlich kürzer und einfacher. Und wie gesagt gibt es nun auch hier Fragen nach Grundprinzipien und Grundlagen. Zum Ausgleich gehen die Fragen bei Managementprodukten weniger ins Detail. Viele der wirklich lästigen und zeitaufwändigen Prüfungsfragen sind weggefallen, und es gibt nun beim Practitioner nur noch zwei Arten von Fragen.

Anspruchsvollere Prüfung

Die Vorbereitung auf die Prüfung wird wichtiger. Zwar sind weniger Fragen zu beantworten, dafür sind diese deutlich schwieriger: Zur Beantwortung der meisten Fragen muss man Querverbindungen zwischen mehreren Themen und Prozessen herstellen. Prüflinge sollten das Manual daher gut kennen (oder mit Post-Ists markiert haben), da man in der Prüfung nicht mehr einfach nur an ein bis zwei Stellen nachschauen muss, wenn man sich unsicher ist.

Habe ich mich eigentlich schon über die deutsche Übersetzung beschwert? Oder sagen wir es so: Gegenüber 2018 sind die deutschen Übersetzungen der Prüfungsunterlagen um Lichtjahre besser geworden.

Kritische Würdigung des PRINCE2 Update

Am Ende eines Artikels soll immer etwas Eindrückliches stehen, etwas, das man sich auch merken kann. Lassen Sie mich das mit fünf Punkten versuchen:

  1. Was Eingeweihte seit 2011, allerspätestens 2012, ohnehin wissen, ist nun an einigen Stellen sichtbar gemacht worden: Nur mit PRINCE2 kann man agilen Ansätzen wie SCRUM die fehlende Governance und Einbindung in die Organisation liefern.
  2. Ich schätze, dass das neue Manual der Anpassung der Methode an die jeweilige Projektsituation mehr Raum gibt. Allerdings sind die unterschiedlichen Möglichkeiten so knapp ausgeführt, dass man als Neuling wenig damit anfangen kann. Hier wünsche ich mir mehr Konkretheit.
  3. Gut gefällt mir auch der Ansatz des Manuals, sich stärker auf "die Idee" von PRINCE2 zu fokussieren. Für eine Neuauflage des Manuals wünsche ich mir eine Messerspitze weniger Pädagogik und eine Prise mehr konkrete Anleitung.
  4. Der deutschsprachige DACH-Raum ist nach Großbritannien der zweitgrößte europäische Markt für PRINCE2. Daher überrascht die holprige deutsche Übersetzung, die viel Luft nach oben lässt.
  5. Die neue Version hat PRINCE2 nicht ruiniert. PRINCE2 ist meines Erachtens nach wie vor der Abstand weltbeste Projektmanagement-Standard.

 

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