Für ein gemeinsames Verständnis Was ist ein agiles Mindset?

Was ist ein agiles Mindset?

Wenn Sie agil arbeiten, haben Sie mit Sicherheit schon vom "agilen Mindset" gehört: Die agile Denkweise beeinflusst Ihre Einstellung zu sich, gegenüber anderen und bestimmt Ihre Kommunikation und Handlungen. Doch was genau steckt hinter diesem abstrakten Begriff des "agilen Mindsets"? Katharina Maehrlein liefert eine Diskussionsgrundlage.

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Für ein gemeinsames Verständnis Was ist ein agiles Mindset?

Was ist ein agiles Mindset?

Wenn Sie agil arbeiten, haben Sie mit Sicherheit schon vom "agilen Mindset" gehört: Die agile Denkweise beeinflusst Ihre Einstellung zu sich, gegenüber anderen und bestimmt Ihre Kommunikation und Handlungen. Doch was genau steckt hinter diesem abstrakten Begriff des "agilen Mindsets"? Katharina Maehrlein liefert eine Diskussionsgrundlage.

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Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen,
durch die sie entstanden sind. (Albert Einstein)

Der Grund für die allermeisten Schwierigkeiten bei der Agilisierung ist, dass das agile Mindset häufig fehlt. Denn nur durch die entsprechende innere Einstellung kann Agilität wirklich zu einer adäquaten Antwort auf die aktuellen Herausforderungen werden. Nur sie kann dafür sorgen, dass dort, wo Unsicherheit, Überforderung und Demotivation herrschen, dennoch Agilität wächst.

Das Mindset steuert unser Denken, Fühlen und Verhalten und entscheidet folglich darüber, was wir als Problem und Herausforderung wahrnehmen und welche Möglichkeiten wir sehen, um ihnen zu begegnen. Die innere Einstellung prägt die Erfahrungen, die wir machen, und die Art, wie wir auf sie reagieren. Nur wer agil denkt, kann deshalb auch agil handeln. Ein agiles Mindset zu entwickeln ist die Lösung der allermeisten Probleme bei der agilen Transformation von Unternehmen.

Der Grund dafür, dass zahlreiche Agilisierungsversuche scheitern, ist also das fehlende agile Mindset. Zwar brauchen dieses sowohl die Organisation als auch die dort arbeitenden Menschen, ich beziehe mich im Folgenden aber nur noch auf die persönliche Agilität, die meiner Erfahrung nach eine der wichtigsten Einflussgrößen für die erfolgreiche Agilisierung einer Organisation ist.

Agil werden erfordert nicht nur neue Methoden, sondern ein neues Denken – und das lässt sich nicht verordnen. Aber es lässt sich entwickeln.

Ähnlich wie beim Begriff "agil" sprechen zwar alle vom dazugehörenden Mindset, aber für viele Menschen ist der Begriff doch noch sehr abstrakt. Und wie will ich ein agiles Mindset entwickeln, wenn ich nicht weiß, was das ist und wie es geht? Lassen Sie uns also etwas Licht in dieses Dunkel bringen.

Was ist ein "Mindset"?

Der Begriff "Mindset" lässt sich vielfältig übersetzen: als Denkweise, Einstellung, Gesinnung, Haltung, Lebensphilosophie, Mentalität, Orientierung, Weltanschauung oder Selbstbild.

Erst die Vielfalt der Begriffe zusammengenommen gibt eine gute Idee davon, worum es geht:

  • Das Mindset eines Menschen prägt seine Sichtweise der Welt.

  • Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, die Welt zu sehen.

Ein agiles Mindset ist beweglich und passt sich ständig an die jeweils aktuellen Bedingungen an, indem es aus Erfahrungen lernt. Menschen mit einem agilen Mindset stellen sich Herausforderungen, handeln von Moment zu Moment, überprüfen kleinschrittig die Folgen ihrer Handlungen, lernen daraus und verändern ihr Verhalten entsprechend.

Ein agiles Mindset ist also ein Bündel – ein Set – von Sichtweisen, das es uns ermöglicht, die Werte, Prinzipien und Praktiken der agilen Welt umzusetzen, mit den dabei notwendigerweise auftauchenden Unsicherheiten und Unschärfen produktiv umzugehen. Zugleich kann man damit der kontinuierlichen Anpassung an Dynamik und Komplexität gelassen und gesund begegnen. Denn es ist das agile Mindset, das uns dynamikrobust macht.

Growth versus Fixed Mindset: die eigene Einstellung

Für eben dieses agile Mindset ist es sinnvoll, sich weitere Mindsets genauer anzusehen, die unmittelbar mit dem agilen Mindset zusammenhängen. Die amerikanische Psychologie-Professorin der Stanford University Carol Dweck, eine der weltweit führenden Forscherinnen auf dem Gebiet der Motivations- und Entwicklungspsychologie, forschte jahrzehntelang zum Thema Mindset. Daraus entwickelte sie die Theorie des Growth Mindsets, also des Wachstumsdenkens oder des dynamischen Selbstbilds, versus des Fixed Mindsets oder des starren, statischen Denkens bzw. des unflexiblen Selbstbilds.

Das dynamische Selbstbild (Growth Mindset) führt zur Sichtweise, auch in Misserfolgen Chancen zu sehen und Fehler als Möglichkeit zu betrachten, etwas Neues auszuprobieren und sich weiterzuentwickeln. Herausforderungen und Veränderungen lösen Neugier oder sogar Vorfreude aus.

Das statische Selbstbild (Fixed Mindset) lässt jeden Misserfolg wie eine Katastrophe aussehen, verursacht häufig ein diffuses Gefühl der Bedrohung und der Angst vor Herausforderungen, und jede Veränderung hat teils dramatische Auswirkungen auf das persönliche Befinden.

Menschen mit einem Growth Mindset trauen sich mehr zu und entwickeln sich stetig weiter, da sie daran glauben, dass sie jedes realistische Ziel erreichen können, das sie erreichen wollen. Sie sind fest davon überzeugt, dass sie es selbst in der Hand haben, ob sie eine Herausforderung bewältigen können.

Menschen mit einem Fixed Mindset schrecken vor Herausforderungen eher zurück und entwickeln sich i.d.R. in den Bereichen weiter, in denen sie ohnehin schon ganz gut sind und so wenig Fehler wie möglich machen werden. Häufig sind sie der Meinung, für einen Aufgabenbereich kein Talent zu haben, und glauben, ohne Talent sei es nicht möglich, sich weiterzuentwickeln.

Ein Mindset entsteht also aus unserer jeweils eigenen Sicht auf die Welt und auf uns selbst. Unser Mindset steuert unser Denken, Fühlen und Verhalten und entscheidet darüber, wie wir mit Problemen, Herausforderungen und der Bewältigung von Aufgaben umgehen. Es ist geprägt von unseren Erfahrungen aus der Vergangenheit, unserem Umfeld sowie unserer Erziehung.

Alle Kommentare (9)

Martin
Kellerhals
Dipl. oec.

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Wie lautet das Passwort?

Es ist gut, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Aber es hört wohl nie auf, dass Konzepte menschliche Eigenschaften in Rastern verdinglichen und davon sprechen, das jemand diese "hat". Das ist absolut unagil.
Ich habe noch jemanden getroffen der entweder growth oder fixed ist.

Danke für Ihren Kommentar lieber Michael Thiel, ja, Konzepte oder Modelle vereinfachen immer sehr stark, um Komplexität handhabbarer zu machen. Und genau darin liegt meiner Meinung nach auch der Nutzen: ich kann -wenn ich mag -solche Konzepte als Reflexionshilfe nutzen. Das "Raster" kann mich dabei unterstützen, mich nicht komplett in einem Urwald an Möglichkeiten zu verlaufen sondern statt dessen einen "Anpacken" zu finden, mit dem ich als Experiment für meine persönliche Weiterentwicklung starten kann. Und mich dann -ganz agil- mit inspect und adapt weiter vortasten kann. Zur klaren Zuschreibung von Eigenschaften taugen diese Modelle alle nicht, das sehe ich wie Sie:-) Niemand ist entweder Growth oder fixed! Aber sicher kennen auch Sie Menschen, die in ihrem Verhalten eine stärkere Tendenz in die eine oder andere Richtung zeigen? Ich wünsche Ihnen frohes Schaffen und eine gute Zeit, herzlichst Katharina Maehrlein

Maike
Trenkel-Lenz
Dr.

Halbernste Anmerkung zum 11.11.: Der "Agile Mindset" ist immer das, was nach Ansicht der betrauten Berater / Agilisten angeblich fehlte, wenn sie eine agile Transformation an die Wand gefahren haben ;-) Am "Handwerklichen" oder an der mangelnden Adaption an die konkrete Organisation und deren Umfeld kann es ja nicht gelegen haben ...

lieber Andreas Reichmuth, ich kann mir gut vorstellen, dass genau das öfter vorkommt, als mir lieb ist:-) Es ist eben recht einfach, schief gelaufene Transformationen mit einem fehlenden Mindset zu entschuldigen. Allerdings ist es mindestens genau so häufig tatsächlich der Grund, warum eine agile Transformation nicht gelingt! Viel zu oft wird ja doch lediglich eine neue "Methode" eingeführt- dieses Mal eben eine "agile" und der Versuch unternommen, diese handwerklich gut umzusetzen. (Stichwort "Scrum-Nazi") Dabei ist es eben nicht die gewählte Praktik, die für mehr Agilität sorgt, sondern die Art und Weise, wie Menschen das jeweilige Rahmenwerk mit Leben füllen, und das ist nicht möglich ohne eine agile Denke:-) Allerdings finde ich es nicht ausreichend, wenn ein Berater nur von dem fehlenden Mindset spricht und das war's dann. Er oder sie sollte dann eben auch in der Lage sein, konkrete Möglichkeiten zur (Weiter)Entwicklung des agilen Mindset aufzuzeigen! Zu Ihrem Punkt "mangelnden Adaption an die konkrete Organisation und deren Umfeld ": kommt sicher vor. Aber noch öfter versuchen Organisationen, agile Praktiken "passend zu machen", indem sie sich nur die "Rosinen" rauspicken und alles weglassen, was anstrengend aber leider erfolgsentscheidend ist und dann den ausbleibenden Erfolg auf den angeblich schlechten Berater schieben, der in vielen Fällen fast schon verzweifelt darauf hingewiesen hat, dass es so nicht funktionieren wird...Beispiele dafür, was ich immer und immer wieder erlebe ist, das Weglassen von Retrospektiven, die Erarbeitung von Werten, das Hineinfuhrwerken in angeblich selbstorganisierte Teams etc. etc. Oder auch sehr beliebt: "Unsere Kultur gibt das nicht her"...Ei, dann muss man sich eben auch mal mit der Weiterentwicklung der Kultur beschäftigen, ein wichtiger Teil des Mindsets. Na ja, Sie merken schon, ich habe da schon einiges auf der Beraterseite erlebt: Immer muss es schnell gehen, darf nichts kosten, soll deshalb von internen umgesetzt werden, die damit überfordert sind und darf eigentlich nicht wirklich zu Veränderungen führen...Ich wünsche Ihnen von Herzen, dass Sie an einen guten Berater geraten und Ihre Organisation dem -und vor allem den Menschen im Unternehmen, die agiles Arbeiten umsetzen sollen- dann auch Spielraum und Rückendeckung gibt. Beste Grüße und einen frohen Tag, Katharina Maehrlein

Martina
Baehr

"Aber wir alle können lernen und wachsen. Denn es sind weder unsere Talente noch unsere derzeitigen Fähigkeiten, die bestimmen, was für uns möglich ist. Entscheidend ist unsere innere Haltung. Aber wir alle können lernen und wachsen. Denn es sind weder unsere Talente noch unsere derzeitigen Fähigkeiten, die bestimmen, was für uns möglich ist. Entscheidend ist unsere innere Haltung."

Genau so sehe ich es auch. "Mindset-Arbeit" ist deshalb so wichtig und wirkungsvoll weil wir alle nicht förderliche Überzeugungen, Denkmuster und Bilder in uns tragen, die uns daran hindern unsere gewünschten Ziele zu erreichen. Diese aufzudecken und zu verändern, das ist sehr wirkungsvoll und geht verhältnismäßig schnell. Wenn man weiß wo man ansetzen muss.

Ich finde es sehr gut, dass der Artikel mehr Bewusstsein zu diesem wichtigen Thema schafft.
Das wichtigste überhaupt: Jede/r entscheidet selbst ob er etwas verändern möchte oder nicht.

Tomas
Bohinc
Dr.

Frau Maehrlein,
in diesem Artikel ist es Ihnen gut gelungen, die unterschiede eines agilen Mindset zu anderen Mindsets hervorzuheben und in den Kontext mit anderen Theorien zu stellen. Tatsächlich sind die Ideen des Agilen Mindsets nicht so neu. Denn die X-Z-Theorie ging vor 60 Jahren in eine ähnliche Richtung.
Die Schwierigkeit vor der viele Teams heute stehen ist, dass in den 70iger Jahren bis zur Jahrtausendwende die Projektleiter und Projektmitarbeiter im klassischen Projektmanagement geschult wurden. Und diese Paradigma steht konträr zu Agilen Welt. Gerade älteren Mitarbeitern, die in der traditionellen Welt aufgewachsen sind und damit viele Jahre ihrer beruflichen Laufbahn erfolgreich waren, sich auf das agile Paradigma einzustellen.
In der gegenwärtigen Welt ist das agile Paradigma nützlich, um den sich sehr schnell ändernden Rahmenbedingungen gerecht zu werden. Zudem ist in ihm das Element der ständigen Änderung und Anpassung enthalten, dass es ermöglicht sich auch künftig auf neue Managementparadigmen einzustellen.
Leider sehe ich im Moment die Tendenz, dass es zu sehr idealisiert und zu wenig kritisch reflektiert wird.