Virtuelle Projekträume im Bauwesen - What's new?

Dr. Georg Angermeier erläutert in seinem Artikel, warum sich die amerikanischen Anbieter aus Deutschland zurückgezogen haben und welche der deutschen und europäischen Firmen sich etablieren konnten.

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Virtuelle Projekträume im Bauwesen - What's new?

Dr. Georg Angermeier erläutert in seinem Artikel, warum sich die amerikanischen Anbieter aus Deutschland zurückgezogen haben und welche der deutschen und europäischen Firmen sich etablieren konnten.

Seit dem letzten Artikel (Planen und Bauen im Cyberspace, PM 3/2001) über das internetbasierte Bauprojektmanagement hat sich eine Menge getan: Pleiten, Pech und Pannen lehren, dass solides Projektmanagement auch den Internetfirmen gut zu Gesicht steht, die mit virtuellen Bauportalen das Bauwesen von Grund auf revolutionieren und der dahinsiechenden Branche neuen Aufschwung geben wollen.

In einem kurzen Überblick werde ich neben den aktuellen Entwicklungen vor allem auf die jeweiligen Hintergründe des Projektmanagements eingehen.

Rückzug der amerikanischen Anbieter aus Deutschland

Nach der Insolvenz des mit großem Marketingaufwands international expandierenden Anbieters von internetbasiertem Projektmanagment i-scraper (der Risikokapitalgeber war zu keiner weiteren Finanzierungsrunde bereit) sowie dem Rückzug der amerikanischen Bauportale Citadon und buzzsaw aus dem europäischen Markt scheint sich mal wieder zu bewahrheiten, dass die deutsche Bauwirtschaft gegen Innovationen aus dem Ausland vollständig immun ist.

Trotz der intensiven Vermarktungsbemühungen dieser Anbieter, insbesondere auf den letzten beiden ACS-Messen (die jedes Jahr in Frankfurt statt findende Messe "Architektur Computer Systeme" ist Treffpunkt und Branchenindikator für IT im Bauwesen) ist es ihnen nicht gelungen, genügend Nutzer für ihre virtuellen Projekträume zu gewinnen.

Auf den ersten Blick könnte man deshalb durchaus auf den Gedanken kommen, dass das internetbasierte Projektmanagement für den Baubereich doch nicht geeignet sei. Bei genauerer Betrachtung lässt sich aber leicht erkennen, dass es nicht widrige Umstände, sondern wohlbekannte Fehler im Projektmanagement der Internetfirmen waren, die zwangsläufig zum Scheitern führen mussten:

  • Zu viel Innovation in einem Schritt: Die Umstellung von Geschäftsprozessen ist aufwändig und benötigt Zeit. Um mit neuen Techniken und Medien optimierend wirken zu können, müssen Stufenkonzepte angeboten werden, die ein schrittweises Heranführen der Kunden ermöglichen. Die gesamte datentechnische Abwicklung eines Bauprojekts (Kommunikation, Baupläne, Leistungsverzeichnisse usw.) über einen zentralen Server im Internet entspricht weder den eingespielten Prozessen (z.B. Planläufe zwischen Architekt und Fachplanern) noch dem subjektiven Sicherheitsbedürfnis der Projektbeteiligten (die "ihre" Daten auf "ihren" Rechnern haben wollen).
  • Unverhältnismäßig hohe Marketingaufwände für Pilotprodukte: Anstatt durch Direktansprache einzelne Premiumkunden zu gewinnen, wurde ein Markt umworben, der noch gar nicht existiert. Noch sind die über virtuelle Projekträume organisierten Bauprojekte singuläre Einzelfälle, die in den News der Bauportalen stolz präsentiert werden.
  • Mangelnde Prioritätensetzung: Anstatt kleine, überschaubare Produkte mit nachweisbarem Kundennutzen zu erstellen, wurden anspruchsvolle Komplettlösungen am Reißbrett entworfen. Dies führt dazu, dass real betriebene Projekträume teilweise nur als Dateiablage oder als Konverter zwischen Fax und E-Mail verwendet werden, da dies gerade dem Kundenbedürfnis entspricht. Die restlichen Funktionen müssen trotzdem bezahlt werden, so dass die Anbieter des Projektraums im Falle einer kritischen Preis-Leistungsprüfung in Erklärungsnöte geraten.
  • Agieren ohne detaillierte Kenntnis des Markts: Schwerwiegendster Fehler ist aber zweifelsohne, ein Produkt nicht auf die speziellen Bedürfnisse und Rahmenbedingungen des jeweiligen regionalen Markts auszurichten. Die vielfältigen Interessenslagen der am Bau beteiligten Personen und Organisationen müssen berücksichtigt und abgebildet werden, wenn Zusammenarbeit über das Internet funktionieren soll. Genauso muss auch ein internationales Bauportal an die jeweiligen Landesspezifika adaptiert werden. Eine Ausschreibungsdatenbank muss für öffentliche deutsche Projekte eben der Verdingungsordnung Bau (VOB) genügen.

Chance Europa?

Während die genannten Anbieter sich in Deutschland eine blutige Nase holten, scheinen sich die internationalen Anbieter europäischer Provenienz etabliert zu haben.

BRICS|NET

Die Wurzeln von BRICS|NET liegen in Belgien, wo zunächst CAD-Software für die Architektur die Geschäftsbasis bildete. Das Bauportal BRICS|NET (www.bricsnet.com) mit den Schwerpunkten Project|Center, Product|Center und Building|Center fokussiert sich zunehmend auf den Facility Management-Bereich. Unter anderem wegen der Schwäche der amerikanischen Anbieter agiert BRICS|NET mittlerweile auch sehr erfolgreich auf dem internationalen Markt.

Neueste Entwicklung ist die Fusion mit der französischen Firma Constructeo.com (constructeo.com), die neben einem neuen Projektraum (Projecteo) vor allem eine Beteiligung des internationalen Baukonzerns VINCI mit sich bringt. Beabsichtigt ist die Integration des bisherigen Project|Centers in das Building|Center (Facility Management) und der Einsatz von Projecteo als reines internetbasiertes Projektmanagement-System. Mit der Akquisition der Produktinformations-Datenbank AIS (jetzt Product|Center) und der Fusion mit Constructeo beginnt bei BRICS|NET eine neue strategische Ausrichtung hin zum Provider von Technologien und Informationen für andere Portale.

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