

Die Antreiber, falsche Motivatoren, wirken nicht nur in jedem einzelnen von uns, sondern prägen auch so manche Unternehmenskultur – der Begriff "betriebsblind" bekommt da eine ganz neue Dimension. Ralf-Rüdiger Faßbender erläutert, wie Sie herausfinden, ob Ihr Unternehmen von einem oder mehreren Antreibern befallen ist und zeigt Wege auf, um diese zurückzudrängen.
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Die Antreiber, falsche Motivatoren, wirken nicht nur in jedem einzelnen von uns, sondern prägen auch so manche Unternehmenskultur – der Begriff "betriebsblind" bekommt da eine ganz neue Dimension. Ralf-Rüdiger Faßbender erläutert, wie Sie herausfinden, ob Ihr Unternehmen von einem oder mehreren Antreibern befallen ist und zeigt Wege auf, um diese zurückzudrängen.
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Das Projekt nähert sich dem Ende. Zumindest ist das Datenbanksystem umgestellt und wird im Unternehmen eingesetzt. Als Projektleiter planen Sie nun den letzten Schritt: Den Projektabschluss. Rückschau und Feedback auf das Geleistete und die Dokumentation des Wissens und der gewonnenen Erkenntnisse.
Ich weiß nicht, liebe Leserinnen und Leser, wie es Ihnen geht, wenn Sie diese letzte Phase Ihres Projekts starten wollen; ich jedenfalls höre oder lese in 80% aller Fälle die immer gleich begründeten Absagen, wenn ich Auftraggeber, Projektteam und -beteiligte einlade, ihr Wissen und ihre Erkenntnisse schriftlich niederzulegen oder in Abschlusstreffen – inkl. Feiern – auszutauschen (siehe Kasten).
Wenn mich solche Absagen nicht nur von einem der Eingeladenen erreichen, sondern gleich von mehreren, und ich auf persönliches Nachfragen dann wieder von mehreren Kollegen zu hören bekomme: "Das ist bei uns halt so, das wird sich auch nicht ändern", "das ist die Realität in der Arbeitswelt", "Projektmanagement ist halt auch viel Theorie. Willkommen im Leben", dann bestätigt sich mir mein Eindruck, dass hier Antreiber im System stecken.
Antreiber begegnen uns in Projekten auf drei Ebenen:
Im meinem vorangegangenen Beitrag (siehe "Erlaubnis zum Projekterfolg – falsche Motivatoren erkennen und ausbremsen", Projekt Magazin 24/2017) befasse ich mich mit den Antreibern bei Auftraggebern, Projektleitung und Teammitgliedern. Auf den folgenden Seiten stelle ich Ihnen vor, wie Antreiber in der Kultur eines Projektteams oder einer ganzen Organisation wirken. Die Antreiber bedingen und verstärken sich gegenseitig. Und in dem Maße, in dem sie das tun, behindern sie das Projekt und bringen es schließlich zum Scheitern.
Die besondere Tücke der Antreiber: Sie entfalten ihre größte Wirkung im Stress. In diesem Zustand befindet sich das Gehirn im Überlebens- oder Fluchtmodus. Denken oder gar reflektiertes Handeln sind in diesem Modus so gut wie unmöglich. Stattdessen bedient man sich automatisch der üblichen Muster, die oft mit den in der eigenen Organisation wirkenden Verhaltensweisen übereinstimmen. Da Projekte häufig in Stress ausarten, sind sie besonders gefährdet, Opfer von Antreibern zu werden.
Forschungsergebnisse aus der Organisationspsychologie belegen zunehmend, dass es eine "kollektive Emotion" gibt, d.h. ein "Phänomen ähnlicher oder identischer emotionaler Reaktionen in Gruppen und Unternehmen. […] Derartige kollektive Emotionen sind wegen ihres Ausmaß an Aktivierung und Antrieb (!) bei vielen Beteiligten ein wesentliches Moment von Energie im Unternehmen." (Bruch, Vogel; S. 178f.).
Beispiel: Verliert ein Unternehmen deutlich an Marktanteilen oder strukturiert zu häufig um – möglicherweise ohne wahrnehmbaren Erfolg – ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass eine kollektive Verunsicherung entsteht. In meiner Vergangenheit bei diversen Rundfunkunternehmen konnte ich z.B. beobachten, wie ein ganzer Sender – vom Topmanagement bis zur Redaktionsassistentin – völlig entmutigt auf die großen Erfolge der Konkurrenz starrte.
Immer wieder hatten wir versucht, deren Erfolg etwas entgegenzusetzen, es wollte nicht funktionieren. Dem Selbstzweifel folgten kollektive Selbstvorwürfe und in der letzten Stufe wütende Anklagen gegen die "arroganten Blender" der Konkurrenz mit ihrem "niveaulosen Programm". Solcher Stress in der gesamten Organisation löst deren vorherrschenden Antreiber aus: In unserem Fall noch mehr Anbiederung an das Publikum, bis hin zum Aufgeben der eigenen Identität. Wir taten alles, um es dem Publikum recht zu machen.
Insofern kann es ein Projekt retten, die "kollektive Emotion" zu erkennen, die dem ebenso kollektiven Antreiber des Teams und der Organisation zu Grunde liegt. Zunächst, um ihm angemessen zu begegnen, und drauf aufbauend durch Erlaubnisse zum konstruktives Arbeiten zurückzukehren.
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