

Witze sind ein aussagekräftiger Indikator für die bestehende Projektkultur, meint Dr. Carsten Knaut. Projektleiter und andere Führungskräfte sollten daher einerseits bewusst auf die Witze achten, die Teammitglieder über ihr Projekt und dessen Stakeholder machen. Auf diese Weise erfahren sie über die Motivation ihres Teams mehr als wenn Sie eine Mitarbeiterbefragung durchführen würden. Andererseits können Projektleiter auch den Humor im Team fördern und so zur Verbesserung des Teamklimas beitragen. Aber auch hier gibt es Stolperfallen – Witze dürfen z.B. niemals auf Kosten anderer gemacht werden, denn sonst vergiften sie das Miteinander.
Witze sind ein aussagekräftiger Indikator für die bestehende Projektkultur, meint Dr. Carsten Knaut. Projektleiter und andere Führungskräfte sollten daher einerseits bewusst auf die Witze achten, die Teammitglieder über ihr Projekt und dessen Stakeholder machen. Auf diese Weise erfahren sie über die Motivation ihres Teams mehr als wenn Sie eine Mitarbeiterbefragung durchführen würden. Andererseits können Projektleiter auch den Humor im Team fördern und so zur Verbesserung des Teamklimas beitragen. Aber auch hier gibt es Stolperfallen – Witze dürfen z.B. niemals auf Kosten anderer gemacht werden, denn sonst vergiften sie das Miteinander.
"Ärger ist wie ein Blumentopf. Von je höher er kommt, desto eher tut er dem weh, der ihn auf dem Kopf kriegt" – Sie reflektieren bei dieser Bemerkung von Bernd Stromberg, dem Zerrbild eines Vorgesetzten aus der bekannten Fernsehserie (s.u.) nicht sofort die Eskalationskultur in ihrem Projekt? Sollten Sie aber. Derartig humorvolle Bemerkungen und die Reaktionen darauf liefern eine Fülle unausgesprochener Informationen über den Erzähler, den Adressaten, das Publikum und vor allem über die Projektkultur. Vielleicht könnten Sie als Projektleiter den Blumentopf sicher auffangen, bevor er jemandem unvorbereitet auf den Kopf fällt.
Dieser Artikel ist kein Witz sondern ein Artikel über Witze, der das Wahrnehmen und Verstehen von Witzen und Sprüchen als wichtige Fähigkeit von Projektverantwortlichen und Führungskräften begründet. Denn Witze sind eine sehr ernste Sache, wie der Satiriker Charles Churchill bereits 1763 feststellte.
Projektmanagement ist Kommunikation (Lechler, 1997). Diese Feststellung hat denselben praktischen Mehrwert, wie die Aussage, dass für die Reparatur eines Autos Werkzeug von zentraler Bedeutung ist. Diese Erkenntnis hilft mir herzlich wenig, wenn ich mit einem Schraubenzieher versuche, die Radmuttern zu lösen. Für jede Reparatur gibt es zweckdienliches Werkzeug. Genauso gibt es für jedes Projekt eine zweckdienliche Kommunikationskultur. Was der Schraubenschlüssel für den Radbolzen ist, sind die Teeküchen-Gespräche für das Innovationsprojekt. Kommunikation ist ein Teilaspekt der Organisations- und damit auch der Projektkultur (Semling, 2009). Die Kommunikation zwischen den Projektbeteiligten ist ein sichtbarer Teil der vorherrschenden Projektkultur: Siezen oder Duzen sich die Teammitglieder? Werden wichtige Entscheidungen per E-Mail oder in einem persönlichen Gespräch kommuniziert? Werden in Besprechungen Witze über die Projektziele oder den Projekterfolg gemacht?
Jedes Projektteam hat eine Kultur. Ebenso wie in jeder Fußballmannschaft eine spezifische Kultur des Miteinanders vorherrscht. Durch das Miteinander entsteht Emergenz: Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Es gewinnt nicht immer die Fußballmannschaft mit den besten individuellen Spielern. Griechenland ist 2006 Europameister geworden, weil sie ausgezeichnet zusammengespielt haben (… und sie vielleicht auch ein wenig Glück hatten). Genauso zählt bei Projekten nicht nur, welche Einzelqualifikationen die Teammitglieder haben sondern auch, wie gut sie als Team harmonieren. Der Projektkultur fallen bei der Schaffung von Emergenz vier zentrale Funktionen zu (Schreyoegg, 1989):
Leider gestaltet sich die Wahrnehmung und Änderung der Projektkultur alles andere als einfach. Zwar zeigt sie sich in sichtbaren Artefakten wie E-Mails oder Dokumenten, in Ritualen oder auch im vorherrschenden Kleidungsstil; dabei sind diese Artefakte jedoch nur die Spitze des Eisbergs "Projektkultur". Der Großteil dieses Eisbergs, ein riesiges Gebilde von Werten und unsichtbaren Grundannahmen (Schein, 1995) liegt unter Wasser. Während einige Werte noch schemenhaft durch die Wasseroberfläche zu erahnen sind, bleiben die Grundannahmen in der Tiefe des Meeres völlig verborgen.
Doch genau diese Werte und Grundannahmen sind der Teil des Eisberges, den der Kapitän kennen muss, wenn er eine Kollision mit ihm verhindern will. Hierzu benötigt er ein Radar der Projektkultur – ein Instrument, mit dem sich der Teil des Eisbergs unter der Wasseroberfläche erkennen lässt. Ein solches Instrument ist der Witz. Da im Rahmen dieses Artikels gar nicht erst der Versuch unternommen werden soll, den Begriff "Witz" zu definieren, bezeichnen Witze im weiteren Verlauf der Einfachheit halber jede Form humorvoller Aussagen. Hierzu gehören neben Anekdoten und witzigen Geschichten ebenso Sprüche und Wortspiele.
Witze stellen Mängel auf geistreiche Art bloß. Ein Witz holt Verborgenes und Versteckes hervor (Freud, 1968). Seit Jahrhunderten wird daher Gesellschafts- und Systemkritik in Witzen wie dem Folgenden verpackt:
Stasi-Beamter auf der Straße: "Wie beurteilen Sie die politische Lage?"
Passant: "Ich denke ..."
Stasi-Beamter: "Das genügt - Sie sind verhaftet!"
Solche Witze werden als tendenziös bezeichnet, da der Standpunkt des Erzählenden zu erahnen ist, ohne dass offene Kritik geübt wird. Diesen Witz hätte sowohl ein systemkritischer Bürger erzählen können, als auch ein Stasi-Beamter, der sich spöttisch über die Machtlosigkeit des Volkes lustig macht. In diesem Beispiel hängt die Tendenz des Witzes demnach vom Erzähler ab. Unabhängig seiner Tendenz verrät dieser Witz viel über die damals vorherrschende Kultur in der ehemaligen DDR. Analog sind Witze und Sprüche in Organisationen wie "Sprechblasen" der Organisationskultur (Müller, 1999). Witze befriedigen eine exhibitionistische und voyeuristische Lust, über Dinge zu sprechen, die eigentlich tabu sind (Neuberger, 1988). Auf diesem Wege machen Witze und Sprüche die verstecken Werte und Grundannahmen (Schein, 1995) einer Kultur sichtbar. Nicht zuletzt aus diesem Grund werden Sprüche und Witze auch in der Organisationspsychologie als Instrument zur Erfassung der Organisationskultur eingesetzt.
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Dr. Carsten Kettner
19.09.2012
Ercüment Aytac
19.09.2012
Dipl.-Ing. Heinrich Unger
01.10.2012