

Offener Punkt ist eine nicht abschließend behandelte Angelegenheit. Im allgemeinen Sprachgebrauch kann dies z.B. eine unerledigte Aufgabe, eine zu treffende Entscheidung oder eine bestehende Unsicherheit sein (s.u.). Bei PRINCE2® sind Offene Punkte definierte Managementprodukte zur Projektsteuerung, für deren Behandlung das standardisierte Änderungssteuerungsverfahren von PRINCE2® verwendet wird (s.u.).
Der Begriff "Offener Punkt" ist im allgemeinen Sprachgebrauch diffus und nicht genau abgegrenzt. Als offene Punkte werden in unterschiedlichen Zusammenhängen bezeichnet:
Diese diffuse Verwendung des Begriffs "Offener Punkt" führt bei den Normen und Richtlinien zu unterschiedlichen Reaktionen. Das Lehrwerk PM3 der GPM ignoriert diesen Begriff vollständig und verwendet direkt die Begrifflichkeiten für die einzelnen Ereignisse des Projektablaufs, wie z.B. "Änderungsantrag". Der PMBOK Guide definiert den Begriff "issue" (in der dt. Ausg. eingeschränkt als "Problem" übersetzt) ganz allgemein als eine Angelegenheit, über die Unstimmigkeit herrscht. PRINCE2 wiederum greift das Vorgehen in der Praxis auf und bietet einen vollständigen Formalismus mit Prozessen und Managementprodukten zur Behandlung der Offenen Punkte.
Der Begriff "Issue" ist zwar in der deutschen Ausgabe mit "Problem" übersetzt, diese Übersetzung entspricht aber nicht seiner Verwendung im PMBOK Guide. Der PMBOK Guide spezifiziert einen "issue" als eine Angelegenheit, über die noch nicht entschieden ist und über die Unklarheit oder Meinungsverschiedenheiten bestehen. Die Einbindung in die Prozesse des PMBOK Guides machen deutlich, dass hier "issues" in erster Linie als Konflikte zwischen Projektbeteiligten gesehen werden.
Das "Issue Log", d.h. die Liste Offener Punkte, wird im PMBOK Guide in den Prozessen "Manage Project Team" und "Manage Stakeholder Expectations" verwendet und dokumentiert dort den jeweiligen Entscheidungsbedarf. Als formale Kriterien fordert der PMBOK Guide die Beschreibung der Angelegenheit, die Benennung einer verantwortlichen Person zu Bearbeitung, die Priorität und das Setzen eines Termins, bis zu dem die Entscheidung gefällt sein soll.
Im britischen Projektmanagementsystem PRINCE2 sind offene Punkte (issues) ein zentrales Steuerungsmittel. Jeder Projektbeteiligte kann einen offenen Punkt vorbringen. Der Projektmanager nimmt die offenen Punkte entgegen und verwaltet sie im sog. Register der offenen Punkte (in früheren Versionen "Liste offener Punkte" genannt). PRINCE2 unterscheidet drei Arten von offenen Punkten:
Die Behandlung der offenen Punkte bildet bei PRINCE2 dadurch den wichtigsten Kanal für alle operativen Entscheidungen, insbesondere für die Änderungssteuerung. Eine enge Verbindung gibt es auch zum Risikoregister: Ein offener Punkt kann bei seiner Analyse auf ein Risiko hinweisen. Umgekehrt erzeugt ein Risiko, das sicher eintreten wird, einen offenen Punkt, z.B. in Form von Spezifikationsabweichungen.
Am sinnvollsten erscheint es für die Praxis von daher, den Begriff "offener Punkt" entweder überhaupt nicht zu verwenden und statt dessen die jeweils spezifischen Begriffe (Änderungsantrag, Problem, Anfrage usw.) einzusetzen oder das Instrumentarium von PRINCE2 für die Behandlung offener Punkte vollständig zu übernehmen.
In jedem Fall ist zu empfehlen, offene Punkte - wie immer sie auch definiert sind - zu dokumentieren. Da es sich hier in der einen oder anderen Form immer um Entscheidungen handeln wird, sollten sie auch nach Projektabschluss noch nachvollziehbar sein.