Ungelöste Konflikte im Team Schlichtungsgespräch mit Mitarbeitern

von Dr. Rolf Schulz

Ungelöste Konflikte zwischen Ihren Mitarbeitern sind hinderlich für den Projekterfolg. Als Projektleiter können Sie in einem Schlichtungsgespräch erreichen, dass die Beteiligten ihre Probleme wie auch die damit verbundenen Gefühle offenlegen und gemeinsam Lösungen entwickeln. Der Tipp von Dr. Rolf Schulz gibt konkrete Handlungsempfehlungen und liefert Formulierungen für das Schlichtungsgespräch.

Ungelöste Konflikte im Team Schlichtungsgespräch mit Mitarbeitern

von Dr. Rolf Schulz

Ungelöste Konflikte zwischen Ihren Mitarbeitern sind hinderlich für den Projekterfolg. Als Projektleiter können Sie in einem Schlichtungsgespräch erreichen, dass die Beteiligten ihre Probleme wie auch die damit verbundenen Gefühle offenlegen und gemeinsam Lösungen entwickeln. Der Tipp von Dr. Rolf Schulz gibt konkrete Handlungsempfehlungen und liefert Formulierungen für das Schlichtungsgespräch.

Konflikte zwischen einzelnen Mitarbeitern lassen sich häufig mit Hilfe eines Schlichtungsgespräch lösen. Damit ein solches Gespräch erfolgreich verläuft, ist die grundsätzliche Bereitschaft der Beteiligten erforderlich, sich auf dieses Gespräch einzulassen. Dies setzt voraus, dass ein gutes Vertrauensverhältnis zwischen Ihnen und diesen Mitarbeitern besteht.

Die Ausgangssituation ist häufig folgende: Sie bemerken, dass Diskussionen zwischen einzelnen Teammitgliedern immer wieder emotional geführt werden. Manchmal ist es so, dass einer der Beteiligten auf Sie zukommt und sich mehr oder weniger deutlich über seinen Kollegen beschwert. In andceren Fällen verneinen die Beteiligten die Existenz eines Konflikts selbst auf Nachfrage. Dann benötigen Sie eine Kombination aus Fingerspitzengefühl und Konsequenz, um den Konflikt aufzudecken.

Wenn Sie sich entschließen, in der Sache zu vermitteln und so diesen Konflikt zu klären, besteht die erste Hürde in der Auftragsklärung. Sprechen Sie dazu zuerst den Mitarbeiter an, der aus Ihrer Sicht den größeren Leidensdruck hat, und bitten ihn um ein Gespräch unter vier Augen.

Auftragsklärung

Während der Auftragsklärung geht es darum, wesentliche Hintergrundinformationen zu erhalten, ohne sich selbst in den Konflikt verwickeln zu lassen. Vermeiden Sie deshalb in dieser Phase, auf allzu detaillierte Schilderungen der Geschehnisse einzugehen.

Im Gespräch zur Auftragsklärung können Sie sich an folgenden Fragen orientieren:

Fragen zur Entstehung des Konflikts

  • Wie ist der Konflikt entstanden?
  • Wie sieht das wohl der Konfliktpartner?
  • Wie würde ein neutraler Beobachter die Entstehung beschreiben?
  • Ist der Konfliktpartner frustriert, enttäuscht, verärgert oder – wenn er keines davon ist – was ist er dann?

Fragen zur aktuellen Situation des Konflikts

  • Was ist der inhaltliche Knackpunkt des Konflikts?
  • Was ist der persönliche Knackpunkt des Konflikts?

Fragen zur zukünftigen Situation

  • Wie soll die Zusammenarbeit künftig gestaltet sein?

Sie können das Gespräch z.B. mit den Worten beginnen: "Bitte schildern Sie mir kurz, wie Sie den Konflikt sehen, weshalb es Ihrer Meinung nach dazu kam und wie Sie die aktuelle Situation einschätzen."

Führen Sie anschließend ein solches Vier-Augen-Gespräch auch mit dem zweiten Konfliktbeteiligten durch.

Das Gespräch

Im Anschluss an die Gespräche zur Auftragsklärung laden Sie die Konfliktpartner zum Schlichtungsgespräch ein. Vereinbaren Sie dazu einen festen Termin mit "open end", an dem Sie ungestört bleiben – am besten am Ende eines Arbeitstages.

Start des Schlichtungsgesprächs

Für das Schlichtungsgespräch gelten folgende Regeln:

Ihre Rolle:

  • Sie sind nicht überparteilich und distanziert, sondern allparteilich, also für jeden von beiden.

Gesprächsrahmen:

  • Die Sitzanordnung entspricht einem gleichseitigen Dreieck, die beiden Konfliktpartner schauen Sie an.
  • Das Gespräch wird an diesem Termin bis zum Ende geführt, es kann nicht unterbrochen und an einem anderen Tag weitergeführt werden.

Kommunikationsregeln:

  • Im Unterschied zur normalen Kommunikationssituation sprechen die beiden nicht direkt miteinander, sondern ausschließlich mit Ihnen. Die Gefahr einer Eskalation des Gesprächs ist so geringer.
  • Wenn Sie mit einem der beiden sprechen, dann drehen Sie sich auf dem Stuhl so, dass Sie ihm genau gegenübersitzen. Der andere Konfliktbeteiligte ist in dieser Situation ein Stück "außen vor" und kann dem Gespräch zuhören.

Sie bestimmen, wer wann und wie lange spricht. Dies senkt ebenfalls die Gefahr der Eskalation. Erläutern Sie den Gesprächspartnern zu Beginn des Schlichtungsgesprächs kurz, warum das Treffen zustande gekommen ist, klären Sie die Rollen und legen Sie den Gesprächsrahmen sowie die Kommunikationsregeln fest.

Sichtweise verstehen

Die Phase "Sichtweise verstehen" kann 30 bis weit über 60 Minuten dauern. Jeder Konfliktpartner erläutert seine Sichtweise im Zwiegespräch mit Ihnen, während der andere dabei zuhört. Ihre Aufgabe ist es, die jeweiligen Sichtweisen zu verstehen. (Z.B. "Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie sich geärgert haben, als Herr Schwab Sie mehrfach nicht zu Wort kommen ließ.") Machen Sie durch diese Art des Zuhörens deutlich, dass die Äußerungen subjektive Sichtweisen darstellen. Es geht nicht darum, einverstanden zu sein oder einer Seite recht zu geben. Fragen Sie nach, bis Sie die Sichtweise verstanden haben.

Beispiel

Abteilungsleiter Herr Fink führt ein Schlichtungsgespräch mit den Mitarbeitern Herr Körner und Herr Schwab durch. Herr Körner sieht den Konflikt mit Herrn Schwab folgendermaßen: "Bei den Vorbereitungen zum Projekt tritt Herr Schwab auf, als sei er der künftige Projektleiter. Er ist erst seit Kurzem in der Abteilung, tut aber so, als wisse er bereits alles. Er fragt mich auch nie nach meiner Meinung, obwohl ich den Bereich, den er nun verantwortet, seit vielen Jahren sehr gut kenne. In gemeinsamen Meetings unterbricht er mich oft und geht in eine Gegenposition. Wenn ich zu einer Besprechung einlade, kommt Herr Schwab häufig zu spät."

Herr Schwab äußert folgende Sichtweise: "Wenn es um die Vorbereitungen des Projekts geht, werde ich von Herrn Körner häufig gar nicht oder zu spät zum Meeting eingeladen. Er weiß alles besser. Wenn ich ihn um Rat frage, ist er kurz angebunden. In gemeinsamen Meetings lässt er meine Meinung nicht gelten oder mich erst gar nicht zu Wort kommen."

Inhaltsebene von Beziehungsebene trennen

Im nächsten Schritt sollten Sie dazu übergehen, in Ihren Fragen die Inhaltsebene von der Beziehungsebene zu trennen.

Beispiel

Herr Fink fragt Herrn Körner: "Wie ging es Ihnen, Herr Körner, als Herr Schwab mehrfach zu spät zum Meeting kam? Hat Sie das geärgert, frustriert, enttäuscht?" und Herrn Schwab: "Wie ging es Ihnen Herr Schwab, als Herr Körner Ihnen auf ihre Frage nur eine knappe Antwort gab?"

Die beiden Konfliktbeteiligten nennen – zuerst zögerlich – dann aber immer offener die Gefühle und die jeweiligen Bedürfnisse. Zusammengefasst geht es im Konflikt um Folgendes:

  • Herr Schwab hat den Eindruck, einen Konkurrenten zu haben, der ihm seinen Platz streitig machen will. Zusätzlich kommt es bei ihm so an, als würde seine Erfahrung nichts zählen.
  • Herr Körner hat das Gefühl, noch keinen Platz im Team zu haben und wie einen Anfänger in den Sachthemen behandelt zu werden.
  • Zusätzlich haben beide den Eindruck, dass sie bei der Auswahl des Projektleiters für das Projekt hinter dem jeweils anderen zurückstehen müssen.

Wenn Sie der Auffassung sind, die Konfliktbeteiligten haben ihre Sichtweisen und die damit verbundenen Gefühle offengelegt, können Sie mit der nächsten Gesprächsphase beginnen.

Annäherungsphase

Mit den Fragen "Was haben Sie Neues erfahren?" und "Was hat sich dadurch für Sie verändert?", die Sie nacheinander an beide Konfliktpartner stellen, leiten Sie die Annäherungsphase ein.

Beispiel

Herr Körner räumt ein: "Ja, ich kann Herrn Schwab schon verstehen, wenn er sich über mein Verhalten in den Sitzungen aufgeregt hat." Und auch Herr Schwab gesteht: "Stimmt, ich war manchmal schon etwas kurz angebunden, wenn Herr Körner auf mich zukam."

Diese Gesprächsphase läuft so lange, bis alle wesentlichen Themen und verletzten Gefühle besprochen wurden. In den meisten Fällen entsteht eine spürbare Entspannung und Entkrampfung. Falls sich die Konfliktpartner dabei sehr zögerlich verhalten, benennen Sie die zentralen Themen aus der Perspektive des jeweiligen Konfliktpartners, z.B. mit der Frage: "Wie würde es Ihnen gehen, wenn Ihnen das passierte?"

Lösungsphase

Wenn Sie den Eindruck haben, die Annäherung ist erfolgreich vollzogen, können Sie den ehemaligen Konfliktpartnern gestatten, wieder direkt miteinander zu sprechen. Diese Phase ist begleitet von der Veränderung Ihrer Rolle: Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, an dem Sie sich zurückhalten sollten. Geben Sie keine Lösungen vor. Es ist die Aufgabe der Konfliktpartner, gemeinsam einen Weg für die künftige Zusammenarbeit zu entwickeln.

Beispiel

Herr Fink kündigt an, die inhaltliche Frage nach der Projektleitung binnen einer Woche mit dem Produktionsleiter zu klären. Er fordert Herrn Körner und Herrn Schwab dazu auf, Vorschläge zu entwickeln, damit die Zusammenarbeit zukünftig wieder besser läuft. Herr Schwab und Herr Körner einigen sich auf verschiedene pragmatische Vorgehensweisen.

Falls nach dem Schlichtungsgespräch der Konflikt weiter besteht, sollten Sie kein zweites Gespräch initiieren, sondern müssen andere Lösungen finden, bevor das Team insgesamt und/oder die Resultate leiden.

Weitere Tipps zum Thema "Konfliktlösung" finden Sie in dem Buch "Toolbox zur Konfliktlösung" von Rolf Schulz, erschienen 2010 im Stark Verlag.
 

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