Vertrauen im Bau-Projektmanagement – ein Erfolgsfaktor Die Projektkultur mit der Kommunikation von Puffern verbessern

Sie befürchten negative Konsequenzen, wenn Sie Projektpuffer offen kommunizieren? Hendrik Hilmer räumt mit diesen Bedenken auf und plädiert für einen offenen Umgang mit Puffern. Hierfür setzt er eine vertrauensvolle Teamarbeit voraus – auch im Bauprojektmanagement.

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Vertrauen im Bau-Projektmanagement – ein Erfolgsfaktor Die Projektkultur mit der Kommunikation von Puffern verbessern

Sie befürchten negative Konsequenzen, wenn Sie Projektpuffer offen kommunizieren? Hendrik Hilmer räumt mit diesen Bedenken auf und plädiert für einen offenen Umgang mit Puffern. Hierfür setzt er eine vertrauensvolle Teamarbeit voraus – auch im Bauprojektmanagement.

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Neulich gab ich einer Gruppe von Mitgliedern einer öffentlichen Verwaltung ein Grundlagenseminar zum Projektmanagement. Unvermeidlich kamen wir auf das Thema Terminplanung zu sprechen. Bei der Klärung grundsätzlicher Kernstücke der Terminplanung wurden auch Pufferzeiten thematisiert. Was drückt der Puffer aus? Wie ist er zu kalkulieren? Welche Rolle spielt dabei die Eintrittswahrscheinlichkeit von terminrelevanten Risiken? Wie errechnet sich der Gesamtpuffer und was passiert mit ihm im Projektverlauf?

Ich stellte die Frage, wie man diese Pufferzeiten im Projekt – also gegenüber den verschiedenen Projektbeteiligten – kommunizieren sollte. "Wieso kommunizieren?", war die erste spontane Reaktion. Einige Seminarteilnehmer argumentierten, sie würden dem Auftraggeber und der Steuergruppe (z.B. dem Verwaltungsausschuss) gegenüber offen kommunizieren, den Mitarbeitern und beauftragten Unternehmen jedoch einen "offiziellen" Terminplan vorstellen, der die Puffer unberücksichtigt lasse. Sollte es dann zu Verzögerungen kommen, könne man immer noch die Puffer ziehen, ohne gleich ins Rotieren zu kommen.

Einige aus der Gruppe hielten dagegen, dass – insbesondere in öffentlichen Projekten – niemals eine ausreichende "Geheimhaltung" gewährleistet werden könne (gemeint war wohl "Vertraulichkeit" – machen Sie sich den Unterschied der bei der Wortwahl klar). Es würde immer etwas durchsickern. Dann wäre der Projektleiter "verbrannt" und niemand würde ihm mehr trauen. Der logische Schluss: Wenn man als Projektmanager überhaupt Puffer einplane, dürfe niemand etwas davon erfahren – auch nicht Auftraggeber und Lenkungsausschuss.

Kommunikation der Puffer = Indikator für die Projektkultur

Ich stellte dagegen den offenen Umgang mit Pufferzeiten zur Diskussion. Diese Option stieß zunächst auf gemeinschaftliches Stirnrunzeln. Einige Teilnehmer schüttelten spontan den Kopf.

Warum wird die Kommunikation von Puffern von vielen (zu Recht) als problematisch angesehen? Was steckt hinter der Annahme, es sei besser, Puffer zu verschweigen? Bei dieser Einschätzung spielen einige mittlerweile gut erforschte Mechanismen eine Rolle. Einige von Ihnen möchte ich kurz aufgreifen, um die Ressentiments gegen die offene Kommunikation von Puffern zu würdigen. Anschließend werde ich jedoch darstellen, warum ich finde, dass Sie den Mut finden sollten, Puffer (in meinen Beispielen im Bauprojektmanagement) zu kommunizieren. Die Kommunikation von Puffern kann einerseits als Indikator, andererseits als Werkzeug zur Verbesserung der Projektkultur herangezogen werden.

Das Problem mit Puffern: Knappe Ressourcen

Bei Puffern handelt es sich um knappe Ressourcen, die Verteilungskämpfe und mikropolitisches Verhalten provozieren (Solga/Blickle, 2012). Unter Ressourcen stellen wir uns in der Regel Geld, Verbrauchsmaterialien oder Mitarbeiter vor. Also Dinge, die man in irgendeiner Weise "greifen" kann. Puffer in Form von Zeit bei der Terminplanung oder freiem Budget sind jedoch genauso als Ressourcen zu verstehen. Ebenso wie bei anderen Ressourcen wird man sie als Projektmanager sparsam einsetzen und nur gebrauchen, wenn es nicht anders geht.

Der "Besitzer" von (Projekt-)Puffern ist anderen Projektteilnehmern ohne Puffer gegenüber im Vorteil, weil er mindestens im klassischen Dreieck der Projektmanagements (Zeit, Kosten, Qualität) über Spielräume verfügt. Zeitpuffer können z.B. eingesetzt werden, um die eigene Kostenstruktur zu entlasten. Dies spielt insbesondere in einem Umfeld wie dem öffentlichen Bau eine besondere Rolle, da die Teilnehmer im Projekt auch in anderen Projekten mit anderen Auftraggebern eingebunden sind.

Beispiel Terminziele

Sind beispielsweise auf der Baustelle B Terminziele einer Firma in Gefahr, können unter Nutzung von Puffern des Projekts A Kolonnen abgezogen werden, um die Terminziele des Projekts B zu garantieren. Auf der Baustelle A geht die Arbeit somit weniger schnell und unter Einsatz der dortigen Pufferzeiten voran. Die Abwägung, ob so verfahren wird, ist zwar ökonomischer Natur und soll den Nutzen optimieren – dies dient jedoch nur der ausführenden Firma, nicht dem jeweiligen Projekt. Analog gilt dies für die Planungs- und Überwachungsleistungen der beauftragten Ingenieur- und Architekturbüros sowie Fachplaner.

Projektinterne Puffer

Auch projektintern können Puffer dazu genutzt werden, um die Kostenstruktur des Projekts zu entlasten. Die Umverteilung findet dann intern statt, sodass der Verbrauch von Pufferzeiten in einer früheren Projektphase zu Lasten des Puffers in späteren Phasen geht. Ist z.B. ein vorgelagerter Projektteil auch nach Nutzung der Puffer unter Verzug, müssen die Puffer der nachgelagerten Prozesse/Gewerke neu berechnet werden, um das Terminziel des Gesamtprojekts nicht zu gefährden. Durch das nachträgliche Streichen von Puffern gehen den Besitzern dieser Puffer jedoch gewisse Sicherheiten verloren und der Druck hinsichtlich der eigenen Terminzielerreichung steigt.

Alle Kommentare (2)

Wolfram
Müller

Top Top Top ... ... mit Genuss gelesen. Wir arbeiten ja schon lange mit expliziten Puffern und machen diese Transparent. Wir sehen immer die positiven Effekte. Danke an der Stelle für die Hinweise und tiefe Verknüpfung mit den Psychologen und Systemtheoretikern. Schöne Grüße p.s.: in Japan werden Bauunternehmen bei öffentlichen Ausschreibungen bevorzugt, die eben die Puffer transparent machen und auch aktives Puffermanagement betreiben ... also Critical Chain Projektmanagement betreiben ... die Wirkungen sind nachweislich extrem positiv

 

Falk
Janotta

Sehr geehrter Herr Hilmer, Ihr Artikel ist sehr interessant und beleuchtet das Thema umfassend. Ich habe seit 38 Jahren Erfahrung in der IT und bin mit den von Ihnen beschriebenen Mechanismen bei IT-Projekten bestens vertraut. Da ich generell ein Anhänger transparenter Kommunikation und Information bin (nicht nur im Projektumfeld), halte ich es für absolut unprofessionell, die geplanten Puffer nicht offen zu legen. Ich möchte dies gerne begründen. Eine professionelle Projektplanung betrachtet auch immer die Risiken, bewertet sie und definiert Maßnahmen zur Vermeidung bzw. Behebung der sich daraus ergebenen Probleme. Und genau dafür brauche ich Puffer. Es ist Allgmeingut, dass Puffer eingeplant werden. Dann kann ich sie auch kommunizieren. Wichtig dabei ist, die Gründe für jeden Puffer zu nennen und die Kalkulation der Puffergröße darzulegen. Damit versteht jeder die Notwendigkeit und die Größe der Puffer. Es trägt aus meiner Erfahrung zur Motivation des Teams bei, wenn ihm die Puffer bekannt sind, da sie wissen, dass für unerwartete Ereignisse (Risiken) vorgesorgt ist. Die Befürchtung, das Team könnte die Puffer ausnutzen, ist dann unbegründet, wenn der Projektleiter entsprechend führt. Puffer geheim zu halten, ist für mich keine Option. Das zeugt von Misstrauen, führt zu Missverständnissen und am Ende zu schlechteren Projektergebnissen. Sie haben das wunderbar dargelegt. Wie sagte doch einst Christoph Kolumbus? Zuverlässige Informationen sind unbedingt nötig für das Gelingen eines Unternehmens. In diesem Sinne gutes Gelingen und beste Grüße Falk Janotta