

Das Cynefin-Framework teilt Systeme in die fünf Kategorien "einfach", "kompliziert", "komplex", "chaotisch" sowie "verwirrt" ein. Für jede dieser Kategorien empfiehlt es ein entsprechend abgestimmtes Vorgehensmuster, um das System zu steuern.
Autor des Cynefin-Frameworks ist der britische (walisische) Forscher und Berater für WissensmanagementWissensmanagementWissensmanagement ist die Identifikation, Aufbereitung, Sicherung, Pflege und Verteilung der erworbenen Erfahrungswerte einer Organisation mit dem Zweck, deren Nutzen für die Organisation zu maximieren. Innerhalb eines Projekts hat das Wissensmanagement die zusätzliche Aufgabe, die durch das Projekt bewirkte Veränderung zum einen mit bestehenden Erfahrungswerten zu begleiten und zum anderen die dabei entstehenden Erfahrungswerte für die Stakeholder unter Berücksichtigung ihrer Berechtigungen zu sichern. David John Snowden (Snowden, D.: Cynefin: a sense of time and space, the social ecology of knowledge management, in: Knowledge Horizons: The Present and the Promise of Knowledge Management, 2000). Das walisische Wort "Cynefin" bedeutet in etwa "Lebensraum", womit Snowden ausdrücken wollte, dass zwischen Individuen und ihrer Umwelt eine Vielfalt von Wechselwirkungen bestehen, die eine vollkommen analytische Beschreibung eines realen Systems unmöglich macht.
Einfache Systeme zeichnen sich dadurch aus, dass ihre Elemente geordnet sind und mit sofort erkennbaren Ursache-Wirkungs-Beziehungen verknüpft sind.
Das Cynefin-Framework empfiehlt hierfür das Handlungsmuster "beobachten - kategorisieren - reagieren".
Diese sind wie die einfachen Systeme geordnet. Allerdings sind die Ursache-Wirkungsbeziehungen zwischen den einzelnen Elementen so vielfältig und zahlreich, dass man spezielles Fachwissen benötigt und sie explizit untersuchen muss, um sie nachvollziehen zu können.
Das Handlungsmuster für komplizierte Systeme ist dementsprechend: "beobachten - analysieren - reagieren".
Komplexe Systeme sind im Gegensatz zu komplizierten Systemen ungeordnet, so dass die Ursache-Wirkungsbeziehungen nicht mehr vorausschauend, sondern nur im Rückblick erkannt werden können.
Da eine Analyse in komplexen Systemen nicht möglich ist, empfiehlt das Cynefin-Framework hier die Vorgehensweise "probieren - beobachten - reagieren". Dahinter steckt die Annahme, dass ein komplexes System reproduzierbare Antworten gibt, nach denen man seine Handlungen ausrichten kann.
In chaotischen Systemen können keine Ursache-Wirkungsbeziehungen identifiziert werden. Auf identischen Input kann das System mit unterschiedlichen Outputs reagieren, da es sich beständig verändert.
Ein gezieltes und gesteuertes Vorgehen ist in chaotischen Systemen nicht möglich, deshalb ist hier der empfohlene Lösungsansatz: "handeln - beobachten - reagieren“.
Der Zustand der Verwirrung besteht dann, wenn unklar ist, welche Art von System vorliegt. Entscheidungsträger ziehen sich dann in ihre Komfortzone zurück, d.h. sie treffen Entscheidungen dann nur aufgrund ihrer bestehenden Erfahrungen, ohne die tatsächliche Situation zu berücksichtigen.
Je nach Innovationsgrad können in Projekten einfache, komplizierte, komplexe und chaotische Systeme auftreten. Die Aufgabe des Projektleiters besteht darin, die Art des Systems zu erkennen, um auf geeignete Art und Weise steuern zu können. Der im Projektmanagement zur SteuerungSteuerungPlanen, Überwachen und Steuern sind die Haupttätigkeiten des/der Projektmanager(in). Überwachung und Steuerung sind eine untrennbare Einheit, "Controlling" integriert sie weitgehend zu einem einzigen Begriff. Dabei umfasst Controlling alle Aspekte der Überwachung. Steuerung kann jedoch deutlich über Controlling hinausgehen, insbesondere wenn man den in der HOAI definierten Begriff der Projektsteuerung (s.d.) betrachtet. verwendete PDCA-Zyklus (Plan - Do - Check - Act, PDCA) fasst im Prinzip die vier empfohlenen Vorgehensweisen des Cynefin-Frameworks zusammen (s. Tabelle 1). Mit Kenntnis der Systemkategorien ist es möglich, Steuerungsprozesse zu vereinfachen. Z.B. können für einfache Systeme vorgegebene Kategorien und definierte Prozesse eingesetzt werden, die entsprechend delegiert werden können. Dies kann z.B. das RisikomanagementRisikomanagementRisikomanagement umfasst das Identifizieren, Analysieren, Bewerten und Kommunizieren von zukünftigen, unsicheren Ereignissen, die Auswirkung auf eine Organisation oder ein Projekt haben können. Es umfasst zudem das Identifizieren, Planen und Umsetzen von Maßnahmen, mit denen Eintrittswahrscheinlichkeit und Auswirkung von Bedrohungen reduziert, von Chancen hingegen erhöht werden. stark vereinfachen.
Deming-Cyle | Plan | Do | Check | Act |
einfache Systeme | beobachten | kategorisieren | reagieren | |
komplizierte Systeme | beobachten | analysieren | reagieren | |
komplexe Systeme | probieren | beobachten | reagieren | |
chaotische Systeme | handeln | beobachten | reagieren |
Projektmanagementsysteme, wie z.B. der PMBOKPMBOKPMBOK ist eine Abkürzung von Project Management Body of Knowledge Guide®, PRINCE2® oder das V-ModellV-ModellDas V-Modell ist der bundesdeutsche Standard für IT-Projekte der öffentlichen Hand. Es wurde im Auftrag des Bundesministeriums für Verteidigung von der Industrieanlagen-Betriebsgesellschaft mbH (IABG) in Ottobrunn (www.iabg.de) erstellt und 1992 vom Bundesministerium des Inneren für den Bereich der Bundesverwaltung übernommen. Seit 1996 ist das V-Modell eine verbindlich einzusetzende Vorschrift., entspringen dem Bemühen, Projekte im Idealfall zu einfachen, bei Bedarf komplizierten und schlimmstenfalls komplexen Systemen zu machen. In einem Unternehmensumfeld ohne Projektmanagementsystem tendieren Projekte dazu, chaotische Systeme zu werden. Da dies in den Anfängen des Projektmanagements der Regelfall war, ist die Vorstellung, dass Projekte per se chaotisch seien, immer noch weit verbreitet. Je höher der Projektmanagementreifegrad einer Organisation jedoch ist, desto geordneter werden Projekte durchgeführt, insbesondere können auch Unsicherheiten besser gemanagt werden.
Basierend auf den Kategorisierungen des Cynefin-Frameworks wird häufig die Komplexität von Projekten, Organisationseinheiten oder Projektumfeldern betont oder allgemein von einer zunehmenden Komplexität des Sozial- und Wirtschaftssystems gesprochen. Oftmals ist damit implizit die Aussage verbunden, dass es nicht möglich ist, zielführende Steuerungsmaßnahmen zu ergreifen. Im Sinne des Cynefin-Frameworks ist in diesem Fall jedoch eher vom Zustand der Verwirrung zu sprechen, der überwunden werden sollte.