Autoritätsverlust Ist der Nikolaus noch zu retten?

Unter den Nikoläusen herrscht Unzufriedenheit, Enttäuschung und Ratlosigkeit. Mit Wehmut denken sie an frühere Zeiten zurück, in denen Kinder sie am Nikolausabend in freudiger Erwartung empfingen, extra einstudierte Gedichte und Lieder vortrugen und ihren Worten ehrfurchtsvoll lauschten. Damals hatten die Nikoläuse eben noch Autorität! Und heute? Heute ist nicht mehr viel davon übrig – geblieben ist vor allem die Rolle des Geschenkeüberbringers. Gero Lomnitz analysiert die Ursachen für den Autoritätsverlust des Nikolaus. Er stellt dem Leser dabei frei, die eine oder andere Parallele zum eigenen Projektalltag zu ziehen.

 

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Autoritätsverlust Ist der Nikolaus noch zu retten?

Unter den Nikoläusen herrscht Unzufriedenheit, Enttäuschung und Ratlosigkeit. Mit Wehmut denken sie an frühere Zeiten zurück, in denen Kinder sie am Nikolausabend in freudiger Erwartung empfingen, extra einstudierte Gedichte und Lieder vortrugen und ihren Worten ehrfurchtsvoll lauschten. Damals hatten die Nikoläuse eben noch Autorität! Und heute? Heute ist nicht mehr viel davon übrig – geblieben ist vor allem die Rolle des Geschenkeüberbringers. Gero Lomnitz analysiert die Ursachen für den Autoritätsverlust des Nikolaus. Er stellt dem Leser dabei frei, die eine oder andere Parallele zum eigenen Projektalltag zu ziehen.

 

Heute kommt der Nikolaus,
Glöckchen klingt von Haus zu Haus,
heute kommt St. Nikolaus!
Kommt durch Schnee, kommt durch Wind,
kommt zu jedem braven Kind.

Quelle: Volksgut

Das Nikolausfest liegt gerade hinter uns. Wehmütig denkt St. Nikolaus an die Zeit zurück, als die Kinder in freudiger Erwartung oder wenigstens aus vorweihnachtlichem Pflichtgefühl am Nikolausabend ihre Lieder sangen. Die kleinen und auch die großen Kinder trugen ihre Nikolausgedichte für ihn, den Nikolaus, vor. Im Kindergarten, in der Schule oder zu Hause hatten sie sich auf diesen besonderen Abend vorbereitet. Doch lang ist es her, heute werden die Lieder seltener für ihn gesungen und wenn, dann nur die erste Strophe und diese oft noch falsch. Die Gedichte für den heiligen Nikolaus scheinen völlig in Vergessenheit geraten zu sein.

Resignation ist weit verbreitet

Bereits in den letzten Jahren gärte es unter den Nikoläusen. Unzufriedenheit, Enttäuschung und Ratlosigkeit waren überall herauszuhören. Mittlerweile ist Resignation weit verbreitet. "Macht es überhaupt noch Sinn, Nikolaus zu sein?", diese Frage wird immer häufiger gestellt. Hat der Nikolaus seine Existenzberechtigung verloren? "Die Kinder nehmen uns nicht mehr ernst, wir werden nur noch als "Geschenkelieferanten" betrachtet", so lautet der Tenor. Zugegeben, es gibt regionale Unterschiede. In den bayrischen Dörfern genießt St. Nikolaus noch mehr Autorität als z.B. in Berlin oder Köln.

Diese Abwärtsentwicklung ist nicht neu, doch so niederschmetternd wie dieses Mal war es noch nie. Dabei bestand beim Nikolaus die Hoffnung, dass sich manche Eltern (die Kinder sind ja noch zu klein) als Gegenpol zur zunehmenden Hektik auf die alten, ehrwürdigen Werte besinnen. Doch weit gefehlt, in manchen Familien wurde der Nikolaus gar in Halloween-Klamotten empfangen – eine Demütigung schlechthin. Auf den Punkt gebracht: der Nikolaus befindet sich in einer tiefen Existenzkrise, mancher Nikolaus denkt laut darüber nach, aufzuhören. Eins steht fest, es muss etwas geschehen. Die Frage ist nur was? Eine nüchterne strategische Analyse ist dringend notwendig, um einige Kernfragen zu beantworten: Lässt sich der Niedergang der Institution Nikolaus überhaupt aufhalten? Wäre es nicht besser, nur noch die Kinder zu besuchen, die ein echtes Bedürfnis haben, das Nikolausfest würdig zu feiern? Klein, aber fein – wäre das eine Alternative?

Nikolaus-Tagung eilig einberufen

Auf einer eilig einberufenen Tagung zum Thema "die Situation des Nikolaus in der heutigen Zeit" werden sich zwischen Weihnachten und Neujahr Nikoläuse aus verschiedenen europäischen Ländern treffen, um über ihre Situation zu beraten. Die Ursachen für den dramatischen Autoritätsverfall sollen analysiert und mögliche Lösungsansätze herausgearbeitet werden. Eine Kommission von Nikoläusen hat bereits Vorüberlegungen dazu angestellt, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte. Ich verbinde damit die Hoffnung, dass Sie mit Ihren Ideen zur Wiederbelebung des Nikolaus beitragen werden. Bitte beachten Sie den letzten Abschnitt dieses Beitrages

Der Weihnachtsmann – Totengräber des Nikolaus?

Kleider machen Leute, das gilt auch für den Nikolaus. Der lange Bischofsmantel mit der dazugehörenden Kopfbedeckung (Mitra) sowie der Hirtenstab verschaffen ihm Würde und Respekt. Sein weißer Bart und die tiefe Stimme beeindrucken die Kinder seit alters her. Der Nikolaus mit Fistelstimme – undenkbar, einfach nicht standesgemäß.

Beim Thema Kopfbedeckung brach schlagartig Unruhe unter den Komissionsmitgliedern aus. Offenbar hatten alle die ordinären Mützen der Weihnachtsmänner vor Augen. Sie sind den Nikoläusen seit langem ein Stachel im Fleisch. Von Anfang November bis Weihnachten begegnet man dieser lächerlichen Kopfbedeckung in Stadt und Land. Auch in China rennen tausende und abertausende Männer und Frauen mit Weihnachtsmannmützen durch die Gegend. In Deutschland ist es nicht anders, Jung und Alt, Mann und Frau schämen sich nicht, mit diesen Mützen herum zu laufen. Das unwürdige Angebot reicht von kurzen bis zu ultralangen Weihnachtsmannmützen, die man mit einem oder zwei Bommeln kaufen kann. Teilweise sind sie mit LED Kerzen bestückt. Sie haben beleidigende Schriftzüge wie "Ich glaube an den Weihnachtsmann" oder "Lametta Luder".

Die überwiegende Mehrheit der Nikoläuse ist fest davon überzeugt, dass nur wenige Menschen den Nikolaus vom Weihnachtsmann unterscheiden können. Man fühlt sich vereinnahmt, missbraucht, der Nikolaus wird durch die Kommerzfigur "Weihnachtsmann" massiv entwertet. Überall stehen sie herum, sie werben für jeden Mist, verteilen wahllos Geschenke an Groß und Klein. Kinder haben keine Achtung vor dem Weihnachtsmann, sie erwarten ihn weder sehnsüchtig noch fürchten sie ihn. Der kleine Robert kann ihm in der Fußgängerzone die Zunge herausstrecken, ohne dass er Konsequenzen befürchten muss. Der Weihnachtsmann gehört zur Alltagserfahrung der Kinder, er ist nicht von einem Mysterium umgeben. Wenn die Kinder keinen Unterschied zwischen dem Weihnachtsmann und dem Nikolaus machen, dann ist die Autorität des Nikolaus dahin.

Schnell wurde der Schuldige gefunden: Coca Cola. Der Weihnachtsmann ist eine Erfindung dieses Unternehmens, das dadurch sein Geschäft ankurbeln wollte. Selbst die Information, dass der Weihnachtsmann keineswegs eine Erfindung von Coca Cola sei, sondern diese Figur nach amerikanischem Stil im Jahre 1931 für eine Werbekampagne benutzt wurde, änderte nichts an der Wut der Anwesenden auf Coca Cola. Das Bedrohungsgefühl und die Kränkungen sind zu groß, auch Nikoläuse brauchen einen Sündenbock. Einige Nikoläuse schlugen deshalb einen Boykott von Coca Cola vor.

Alle Kommentare (1)

Guest

Hier ein paar Anregungen zu den vier Kernthemen für den Nikolaus:
1. Stärkere Identität durch eindeutige Kleidung mit Mitra und Bischofsstab
2. Erzählung mit historischen Wurzeln und Herausstellen der Verdienste von Bischof Nikolaus wie bei St. Martin zur Begründung einer neuen Autorität auf Basis von Kompetenz
3. Das vorbildhafte Handeln kann neue Maßstäbe setzen
4. Lob hilft mehr als Tadel - Ablösung der Sanktionen durch Verstärkung von erwünschtem Verhalten