Am Bedarf vorbei konzipiert Warum Projektleiter-Schulungen oft nutzlos sind

Das Angebot an Schulungen für Projektleiter ist vielfältig. Doch wie gut entsprechen sie den Bedürfnissen der Teilnehmer und wie sieht es mit der Nachhaltigkeit dieser Maßnahmen aus? Rechtfertigen diese Trainings die Zeit, die dafür aufzuwenden ist, und die entstehenden Kosten? Gero Lomnitz meint "Nein", wenn nicht bestimmte Voraussetzungen beachtet werden. Woran es am häufigsten krankt, beschreibt er in seinem Beitrag.

Am Bedarf vorbei konzipiert Warum Projektleiter-Schulungen oft nutzlos sind

Das Angebot an Schulungen für Projektleiter ist vielfältig. Doch wie gut entsprechen sie den Bedürfnissen der Teilnehmer und wie sieht es mit der Nachhaltigkeit dieser Maßnahmen aus? Rechtfertigen diese Trainings die Zeit, die dafür aufzuwenden ist, und die entstehenden Kosten? Gero Lomnitz meint "Nein", wenn nicht bestimmte Voraussetzungen beachtet werden. Woran es am häufigsten krankt, beschreibt er in seinem Beitrag.

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Es ist sicher sinnvoll und notwendig, dass Projektleiter an Fortbildungsveranstaltungen teilnehmen, und das gilt nicht nur für Anfänger, sondern auch für erfahrene Projektleiter. Doch in der Praxis rechtfertigt der Nutzen vieler Projektleiter-Seminare oft nicht den damit verbundenen Aufwand, egal ob es sich um interne oder externe Schulungsmaßnahmen handelt.

Damit will ich nicht den Eindruck erwecken, ich würde den Nutzen von Projektmanagement-Schulungen generell in Frage stellen – schließlich beschäftige ich mich seit über 25 Jahren als Trainer, Berater und Coach intensiv mit der Qualifikation von Projektleitern und lebe davon. Seminare und Trainings bieten einen wichtigen Beitrag zur Professionalisierung von Projektmanagern, denn Projektleiter benötigen neben Fachkenntnissen bekanntlich methodisches Know-how und Social Skills, um ihre Projekte erfolgreich zu leiten. Deshalb ist die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen sinnvoll und notwendig.

Diese Aussage gilt jedoch nur dann, wenn die richtigen Maßnahmen ausgewählt und diese gründlich geplant und professionell durchgeführt werden. In der Realität sieht es jedoch oft anders aus: Unternehmen verschwenden viel Geld und Zeit, weil sie zu wenig Augenmerk auf die Planung und Durchführung von Schulungsmaßnahmen richten und noch viel weniger auf wirksame Transfermaßnahmen, die mit schöner Regelmäßigkeit auf der Strecke bleiben. In einer Kosten-Nutzen-Analyse, wie sie in vielen Unternehmen im Rahmen eines Projektantrags aus gutem Grund vorgeschrieben ist, würde manche "Projektleiter-Schulung" schlicht und ergreifend durchfallen, weil der Nutzen nicht klar genug definiert wurde.

Woran liegt es, dass Projektleiter-Schulungen in der Praxis oft nicht den erwarteten Erfolg haben? Aus meiner Sicht gibt es hierfür zwei Kernursachen:

  1. Die Schulungsmaßnahme geht am Bedarf des Unternehmens und der Mitarbeiter vorbei.
  2. Die Schulung wird nicht professionell genug durchgeführt. Das kann den gesamten Prozess von der Planung über die Durchführung bis zur Nachbereitung umfassen.

Sehen wir uns im Folgenden einige Ursachen etwas genauer an.

Erfolgskriterien – nicht ausreichend definiert

Dem aufmerksamen Leser wird nicht entgangen sein, dass die Frage "Woran liegt es, dass Projektleiter-Schulungen nicht den erwarteten Erfolg bringen?" auf einer Annahme beruht, die einer Realitätsprüfung nicht immer standhält. Denn nur selten werden die Kriterien für den Erfolg einer Schulung gründlich ausgearbeitet. Zu häufig wird der erwartete Nutzen von Personalentwicklern zu pauschal beschrieben, z.B.: "Die Teilnehmer sollen etwas für ihre Praxis mitnehmen" oder "unsere Projektleiter sollen ihre Projekte besser planen". Auf solche Allgemeinplätze kann getrost verzichtet werden. So sollte kein Projektleiter den Nutzen seines Projekts definieren.

Weder interne Stellen noch Seminaranbieter hinterfragen in ausreichendem Maß, was Unternehmen zur Qualifikation ihrer Projektleiter wirklich benötigen. Deshalb braucht man sich nicht zu wundern, wenn die Schulung später an den Kernzielen vorbeigeht, die Planung, Steuerung und Führung von Projekten zu verbessern.

Inhaltliche Konzeption – am Bedarf vorbei

Personalentwickler treten aus meiner Erfahrung häufig nicht nur als Besteller von Qualifikationsmaßnahmen für Projektleiter auf, sondern sie entwickeln auch das inhaltliche und methodische Konzept. Das ist im Grunde völlig richtig, denn das gehört zu ihren Aufgaben. Leider verfügen sie längst nicht immer über die notwendigen Projektmanagement-Kenntnisse und über genügend Erfahrungen mit Projektarbeit. Das alleine wäre noch nicht problematisch, solange die Mitarbeiter aus dem Bereich "Human Resources" ihre fachlichen Grenzen kennen und akzeptieren und deshalb diejenigen, die die Schulung durchführen, sowie die Projektleiter und deren Linienvorgesetzte frühzeitig und intensiv in die Bedarfsklärung einbeziehen. Das ist nicht immer der Fall und so muss man sich nicht wundern, wenn Seminare in der täglichen Praxis zu wenig Wirkung zeigen.

Ich habe in Unternehmen Seminarausschreibungen mit dem Titel "Führung außerhalb der Linie" gelesen, deren Inhalte sich ausschließlich auf die Themen "gute Zusammenarbeit im Team" und "erfolgreiche Motivation von Projektmitarbeitern" beschränkten. Dies spricht nicht für ein tieferes Verständnis für die Probleme der Projektleiter, die sich oft mehr mit unklaren Entscheidungen des Managements, Ziel- und Prioritätenkonflikten oder mit Druck und Machtprozessen auseinandersetzen müssen als mit unmotivierten Projektmitarbeitern. Eine Schulungsmaßnahme, die sich nur auf die Zusammenarbeit im Team bezieht, während die Probleme des Projektleiters vorrangig in der Kommunikation und Zusammenarbeit mit den Entscheidungsträgern begründet sind, geht meines Erachtens deutlich am Bedarf vorbei. Von einer nahezu fahrlässigen Fehlinvestition kann gesprochen werden, wenn Projektleiter ein externes Seminar "Methoden und Tools erfolgreich anwenden" besuchen und sie das gewonnene Wissen in ihrem Unternehmen gar nicht einsetzen können, weil dort die strukturellen Grundlagen fehlen.

Warum Projektleiter-Schulungen oft nutzlos sind


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Alle Kommentare (3)

Volker
Pauling

Dies trifft auch meine Erfahrung: die Übernahme des erlernten Seminarwissens in den 'Projektalltag' wird durch die Unternehmenskultur und das "Tagesgeschäft" erschwert bzw. verhindert. Da ich selber Trainer für PM bin, setze ich nach dem Seminar eine zweite Stufe der 'Transition' an, die das Erlernte im Alltag etabliert. Damit werden die PL nachhaltig weiterqualifiziert und der ROI (in die Schulungsmaßnahme) gesteigert. Noch effektiver geschieht dies in inhouse-Schulungen, da dabei schon die Schulungsinhalte auf das Unternehmen abgestimmt sind.

 

Guest

Ihrer Überschrift für das Fazit möchte ich mich gern anschließen: Seminare sind auf keinen Fall ein Allheilmittel. Mit einem 2tägigen Seminar lässt sich längst kein perfektes Projektmanagement im Unternehmen etablieren.Dennoch scheint mir, dass Sie viele Ihrer Thesen aus einem sehr einseitigen Blickwinkel betrachten. Ich habe da durchaus andere Erfahrungen gemacht.Warum soll ein PM-Seminar als Schwerpunkt die oft unfertigen Prozesse des Unternehmens behandeln? Ist es nicht auch Sinn eines Seminars die Unterschiede zwischen einer erfolgreichen Methode und dem bisherigen Vorgehen zu reflektieren? Wollen wir die Teilnehmer nicht gerade auch in solchen Veranstaltungen motivieren, trotz schwieriger Umgebung ihre eigenen Spielräume erfolgreich zu gestalten? Ein Warten auf definierte und perfekt funktionierende PM-Prozesse und kooperative Arbeitskultur bevor man ausbildet, ist nach meiner Ansicht fatal. Sollten Seminare nicht auch Anregungen geben für bisher noch nicht eingesetzte Methoden und Vorgehensweisen? Wie will sich eine Organisation entwickeln, wenn ich ihre Mitglieder nicht mit ausreichend Know-how - gern auch von verschiedenen Anbietern - ausstatte? Noch ein Wort zu den Trainern. Hier ist es wie mit den Ärzten. Suchen Sie sich den Trainer Ihres Vertrauens. Ich habe viele gute Anbieter kennen gelernt. Leider gibt es aber auch immer wieder Anbieter, die nutzlose, überdimensionierte oder wenig engagierte Seminare anbieten. Hochglanzbroschüren, Powerpointfolien mit Business-Chinesisch und hochtrabende Versprechungen machen mich da meist skeptisch.

 

Karsten
Hoffmann
Dr.

Guter Artikel, der viele Problempunkte und Stolpersteine benennt, die einer Integrierten PM-Kompetenz-Entwicklung und Verbesserung der gelebten Projektmanagement-Praxis im Wege stehen. Bei Auftragsprojekten ist zusätzlich eine zweite Seite (ein anderes Unternehmen) beteiligt. Hier ist bei Bedarf eine gut angewendete Eskalation ein Hilfsmittel, um früh im Projekt für Klärung oder Klarheit zu sorgen. In diesen Fällen bedarf es neben der fachlichen PM-Kompetenz auch der Person / Persönlichkeit des Projektleiters, dafür zu streiten, dem "neuen Vorhaben" auch die entsprechenden Mittel, Aufmerksamkeit, Regeln etc. zur Verfügung zu stellen. Nach meiner Erfahrung ein gutes Mittel, die oft große Lücke zwischen Theorie und gelebter Praxis zu verkleinern und so der richtigen "Projekt-Denke" mehr Raum zu verschaffen. Denn nur so wird die täglich gelebte Projektmanagement-Praxis tatsächlich professioneller.