Projektmanagement für Einzelkämpfer

Kein Team, kaum Budget und trotzdem erfolgreich

Projektmanagement für Einzelkämpfer

Kein Team, kaum Budget und trotzdem erfolgreich

Auf einen Blick

Projektmanagement für Einzelkämpfer

Buchautor
Reiter, Wilfried
ISBN
3455094732
Verlag
Hoffmann und Campe Verlag
Seitenanzahl
256
Format
geb.
Preis
19,95 €
Jahr
2004

Zusammenfassung

Die bittere Wahrheit ist: Die gängigen, oft sogar DINnormierten Projektmanagement-Tools sind für über 80 Prozent der Projektverantwortlichen und Projekte völlig ungeeignet. Sie sind entweder viel zu aufwendig oder werden von Kollegen und Chefs schlichtweg abgelehnt.

In einer Zeit des permanenten Wandels wird die Fähigkeit, Projekte professionell zu managen, immer mehr zum Erfolgsfaktor, wie die steigende Zahl an Fachliteratur und Seminaren zu diesem Thema beweist. All denjenigen jedoch, die ein Projekt alleine am Hals oder lediglich ein kleines Team haben, nutzt das "normale" Projektmanagement nur wenig. Denn die meisten der dort üblicherweise vorgestellten Methoden und Techniken eignen sich ausschließlich für Großprojekte mit großem Team und Millionenbudget. Die Realität des Berufsalltags aber sieht völlig anders aus: kleine Projekte mit keinem oder einem sehr kleinen Team und kaum Budget, dafür aber mit großen Erwartungen, die der Verantwortliche dann quasi im Alleingang erfüllen muss.Wie dies trotzdem gelingt und welche Projektmanagement-Tools dafür tatsächlich geeignet sind, zeigt dieses Buch. Es hilft, die Projekte, die im wirklichen Leben am häufigsten vorkommen, richtig zu planen, sicher durchzuführen und erfolgreich zum Abschluss zu bringen - als Einzelkämpfer.

(Quelle: Hoffmann und Campe Verlag)

Rezension

Rezension von Dr. Georg Angermeier

Für eilige LeserInnen: Herzerfrischend, schön zu lesen, motivierend, mit Handlungsanleitungen für den grauen Projektalltag.

Die manchmal provozierende und manchmal schnoddrige Art Wilfried Reiters kennen wir ja schon von seinem Buch "Die nackte Wahrheit über Projektmanagement". Anscheinend liebt er es, auf der Tastatur der Knowhow-Verachtung herumzuklimpern. Zumindest bei mir als Mitglied der GPM-Fachgruppe "DIN 69901 Neu" hat er sich bereits im ersten Kapitel einen ziemlichen Schiefer eingezogen, indem er sich abfällig über die deutsche Norm für Projektmanagement auslässt. Dabei sollte ihm als Profi genau bewusst sein, dass eine Norm ein sehr abstraktes und universelles Gebilde ist, das man Einsteigern nicht als Abschreckung vorführen sollte. Vielmehr sollte ein Trainer für Projektmanagement seinen Kursteilnehmern an geeigneter Stelle den Sinn und Zweck von Normung auf diesem Gebiet erläutern und die Normen unterstützend für sein Curriculum benutzen.

Aber es macht halt den Pragmatikern Spaß über die "Eierköpfe" zu lästern.

Apropos Spaß. Reiter will mit seinem Buch erreichen, dass:

  • "Sie zeitlich stark entlastet werden
  • die Projektarbeit einfacher wird
  • Ihr Projekt schneller vorankommt
  • Ihre Teammitglieder begeistert sind
  • die Projektbeteiligten engagierter arbeiten
  • die Probleme im Projekt abnehmen
  • Sie weniger Stress und Ärger im Projekt erleben
  • Ihr Auftraggeber ganz zahm wird
  • Ihre Arbeitsüberlastung abnimmt
  • Sie wieder das gute Gefühl bekommen: Das schffen wir!
  • Sie Ihr Projekt erfolgreich zu Ende bringen
  • Sie tatsächlich Spaß dabei haben
  • Sie die verdiente Anerkennung für Ihren Erfolg ernten."

Mit einem Wort: Er verspricht das Projektmanagement-Paradies.

Kann er dieses Versprechen halten oder hat er sich da ein wenig versprochen?

Das hängt von zwei Faktoren ab: Können die Leser und Leserinnen seine ingesamt 64 "Einzelkämpfertipps" umsetzen und bewirken diese Tipps den richtigen Effekt?

Die Praxisnähe und die unmittelbare Umsetzbarkeit ist zweifelsohne die größte Stärke von "Projektmanagement für Einzelkämpfer". Nehmen wir als Beispiel seine Empfehlungen, wie man sich gegen den berühmt-berüchtigten "Scope Creep" wehrt, d.h. das schleichende Anwachsen des Projektumfangs bei gleichem Budget verhindert. Sein verblüffender Tipp hierzu lautet: "Werfen Sie jede gute Idee raus, die keinen wesentlichen Zielbeitrag bringt!" Wer macht den so etwas, gute Ideen torpedieren? Aber Wilfried Reiter hat hier schon Recht. Ich nenne es die "Entwicklerkrankheit": Beim Arbeiten kommen einem immer Ideen, wie man es noch besser machen kann. Der Reitersche Filter lautet korrekt: Wenn eine Idee das ursprüngliche Projektziel schneller oder mit geringerem Aufwand erreichen lässt, dann wird sie umgesetzt. Wenn Sie aber "nur" ein besseres Projektergebnis mit "etwas mehr Aufwand" oder "etwas längerer Laufzeit" erreicht, dann wird sie für das nächste Projekt aufgeschrieben und nicht in diesem Projekt umgesetzt. Denn: Eine gute Idee kommt selten allein und Sie werden zwar das perfekte Ergebnis anstreben, nur leider nie erreichen. Da Sie aber mit Ihrem Projekt fertig werden müssen, werden die guten Ideen nur schlecht umgesetzt. Einziger realistischer Ausweg: Gute Verbesserungsideen für ein neues Projekt sammeln. Oder eben neben der "Scope Creeper Abwehrtechnik" zum qualifizierten Change Request übergehen.

Das will ich jetzt nicht näher erläutern, sonst bräuchten Sie ja das Buch nicht mehr kaufen. Aber lästern möchte ich an dieser Stelle doch: "Soso, Herr Reiter, Sie finden also professionelles Projektmanagement blöd. Aber Ihren LeserInnen verkaufen Sie traditionelles Änderungsmanagement, um das Projektbudget der Aufgabe angemessen zu erhöhen. Wo sind denn die guten, alten Projektmanager, die einfach so mal anpacken und halt das doppelte leisten als die anderen, weil sie keinen Verwaltungsoverhead betreiben? Glauben Sie, dass Auftraggeber das besondere Engagement des Auftragnehmers mit einer freiwilligen Provision entlohnen?" Dieses oder ähnliches könnte ich also sagen, wenn ich wollte. Will ich aber gar nicht.

Ich will an einem zweiten, etwas schwierigerem Beispiel untersuchen, ob seine Tipps das Potential haben, tatsächlich an den alltäglichen Projektkrankheiten etwas zu ändern. Die schwierigste aller Projektherausforderung ist sicherlich, ein heterogenes Team zu führen, womöglich noch ohne tatsächliche formelle Führungsbefugnis. Und davon wiederum die schwierigste Teilaufgabe ist zweifelsohne das Konfliktmanagement.

Auf immerhin 22 Seiten (fast 10% des Buchs) führt uns der Autor durch den Dschungel der Projektkonflikte und macht uns für den Kampf mit den berüchtigten Killerkonflikten fit. Die größte Schwierigkeit besteht darin, sie von den einfachen, sachlich motivierten Konflikten zu unterscheiden. Wo mehrere Menschen an etwas neuem zusammenarbeiten wird notwendigerweise immer heftig gestritten. Kritisch sind diese Streitpunkte aber nur dort, wo es nicht um fachliche Positionen, sondern um mehr oder weniger tief versteckte persönliche Interessen geht. Nur muss man eben bei diesen Konflikten so schnell als möglich intervenieren, sonst ist das Projekt in Gefahr. Zu meiner großen Erleichterung weiß Wilfried Reiter zwar die allgemein bekannte Lösung aber auch kein Patentrezept für ihre einfache Umsetzung. Reiter empfiehlt zur Konfliktlösung die von ihm so genannte "I-Technik": Nachfragen, welche Interessen sich hinter den geäußerten Positionen der Konfliktparteien verbergen. Dahinter stecken natürlich die berühmten "4 Seiten einer Nachricht", Wissen wir schon. Aber geholfen hat uns das im konkreten Fall bisher eigentlich nichts. Deshalb nimmt uns Wilfried Reiter auch bei der Hand und lehrt uns, wie wir den "I-Blick" schärfen, unsere Empörung zur Seite stellen und den Gesprächspartner nicht von vornherein verdammen, sondern wertschätzen. Das mit der Hand ist übrigens ganz wörtlich zu nehmen: Damit wir uns nicht andauernd in die alten, eingefahrenen Konfliktpfade verrennen, empfiehlt er uns die Fünf-Finger-Technik. Ein kleiner Merchandising-Tipp von mir: Wie wäre es mit dem Wilfried-Reiter-Fünf-Finger-Technik-Handschuh? Spaß beiseite: Mit Konflikten zu arbeiten ist ein lebenslanger Lernprozess, das weiß der Autor und macht den Lesern nichts vor. Aber er versteht es, Hilfestellungen und Mut für den nächsten Versuch zu geben - nur so kann man chronische Krankheiten besiegen.

Und damit ich Sie jetzt richtig neugierig auf das Buch machen kann, verrate ich nicht, was sich hinter der Fünf-Finger-Technik verbirgt, was Reiter für die Meeting-Misere empfiehlt, oder was er gegen die Einsamkeit des Einzelkämpfers auf Lager hat.

Ich hoffe bloß, dass Sie Reiters Ratschläge nicht mit den von ihm vorgeblich so geschmähten Normen und Richtlinien vergleichen. Dann würden Sie nämlich feststellen, dass alles in wunderbarem Einklang mit dem Projektmanagement Fachmann der GPM, dem PMBOK® Guide des PMI und der DIN 69900 bis 69905 ist. Man könnte also Reiters Buch auf einen Satz reduzieren: "Halten Sie sich an Standards im Projektmanagement!"

Aber es macht halt mehr Spaß, wenn man "Ordnung mit gesundem Menschenverstand" hält und die "Einzelkämpfertipps" Nr. 25 bis 27 beachtet anstatt die darin enthaltenen Projektmanagementprozesse "Scope Definition", "Activity Definition", "Activity Sequencing" und "Activity Duration Estimating" zu erledigen, so wie sie im PMBOK® Guide stehen.

In diesem Sinne lege ich allen, die keine Lust auf dicke Wälzer, sondern auf erfrischend pragmatische Herangehensweisen haben, dieses Buch ans Herz. Aber bitte: Glauben Sie dem Autor hinsichtlich seiner Kritik an den "Lehrbuch-Instrumenten" kein Wort, er schiebt sie Ihnen nämlich bereits im jeweils nächsten Absatz unverblümt unter. Recht hat er.

Falls Sie hingegen geordnete Verhältnisse in Ihrem projektorientierten Unternehmen schaffen wollen, dann sollten Sie sich mit dem Kontrastprogramm auseinandersetzen: In "Leben in Projekten" von Lang und Rattay lernen Sie, wie Projekt- und Unternehmensorganisation miteinander verschmelzen.



Kommentar Wilfried Reiters zu dieser Rezension

Ich habe mich über Ihre Zeilen sehr gefreut, weil ich den Eindruck habe, dass ich mich in Absicht und Nutzen des Buches verstanden fühlen darf.

Der Unterschied zwischen unseren Betrachtungsweisen liegt wahrscheinlich in der Betrachtung unterschiedlicher Zielgruppen.

Ein Beispiel: Wenn ich in Beratung, Coaching oder Training die Kunden mit der Definition von Projekt und Projektmanagement konfrontiere, ernte ich meist verdutzte Blicke und viele sagen so etwas wie: "Wenn wir diese Kriterien anwenden, dann haben wir im ganzen Unternehmen kein Vorhaben, das wir Projekt nennen könnten."

Ich habe in vielen Jahren kontinuierlich sogar beobachtet, dass die "keine Zeit, kein Team und kein Budget - Projekte", also Projekte, die definitionsgemäß keine sein dürften, in der Praxis viel häufiger vorkommen, als normungskonforme Projekte.

Hier ist guter Rat teuer, meine ich.

Sie schreiben: "Ich hoffe blos, dass Sie Reiters Ratschläge nicht mit den von ihm vorgeblich so geschmähten Normen und Richtlinien vergleichen. Dann würden Sie nämlich feststellen, dass alles in wunderbarem Einklang mit dem Projektmanagement Fachmann der GPM, dem PMBOK® Guide des PMI und der DIN 69900 bis 69905 ist. Man könnte also Reiters Buch auf einen Satz reduzieren: "Halten Sie sich an Standards im Projektmanagement!"

Weil ich den Nutzen der Projektstandards durchaus schätze, hierzu: Ich hoffe, daß möglichst viele genau diese Vergleiche anstellen und Übereinstimmungen und Unterschiede feststellen. Warum? Weil ich glaube, dass Sie und ich das gleiche Anliegen haben: Dass Projekte erfolgreicher werden!

(gekürzte und leicht redigierte Mail des Autors an den Rezensenten)

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