Interview mit Nadine Zasadzin über das agile Mindset und den One Agile Way of Working Die agile Transformation der ING-DiBa

Nadine Zasadzin und ihre Coaches machen die Mitarbeiter der deutschen ING-DiBa fit in agilen Methoden und etablieren ein agiles Mindset. Im Interview spricht sie über den eingeschlagenen Weg und den Stand der agilen Transformation.

Interview mit Nadine Zasadzin über das agile Mindset und den One Agile Way of Working Die agile Transformation der ING-DiBa

Nadine Zasadzin und ihre Coaches machen die Mitarbeiter der deutschen ING-DiBa fit in agilen Methoden und etablieren ein agiles Mindset. Im Interview spricht sie über den eingeschlagenen Weg und den Stand der agilen Transformation.

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projektmagazin: Frau Zasadzin, Sie leiten das "Center of Expertise Way of Working" (CoE). Die Einheit mit ihren rund 50 Coaches soll die Mitarbeiter der ING Deutschland u.a. im agilem Mindset coachen. Was verbirgt sich hinter dem Namen und was ist der Auftrag bzw. ihr Zweck?

Zasadzin: Unser Zweck ist es, die Führungskräfte und Mitarbeiter der ING Deutschland bei der Transformation und ihrer stetigen Entwicklung in Richtung agiles Mindset und agile Methoden zu begleiten. Agile Coaches agieren dabei je nach Bedarf als Trainer, Mentor, Moderator oder Coach.

Nadine Zasadzin Nadine Zasadzin ist seit 2006 bei der ING und leitet seit 2018 das Center of Expertise Lead Way of Working ING Germany, eine Abteilung mit rund 60 Agile und PACE Coaches und drei Führungskräften. Die Einheit Way of Working ist für das Coaching in agilem Mindset und agilen Methoden der ING Deutschland verantwortlich. Sie hält auf der PM Welt @home die Keynote: "Transformation als Lernerfahrung – Wie die ING zur ersten agilen Bank Deutschlands wurde".

projektmagazin: Wie sieht Ihre Arbeit konkret aus und wodurch zeichnet sich Ihrer Meinung nach ein agiles Mindset aus bzw. welche Anforderungen stellt dieses an Mitarbeiter?

Zasadzin: Es hilft, zunächst die vier Prinzipien des von Joshua Kerievsky geprägten "Modern Agile" zu verstehen:

  • Make People awesome
  • Experiment & Learn
  • Make Safety a Prerequisite
  • Deliver Value Continuously

Um diesen Prinzipien zu folgen, braucht man vor allem Mut und die Bereitschaft, das eigene Ego hintanzustellen: Es gilt, Fehler zuzugeben und daraus zu lernen, andere um Hilfe zu bitten und in kleinen Schritten vorzugehen, statt in perfekt bis zum Ende geplanten Projekten. Auch muss man Dinge ausprobieren, um sich ständig verbessern zu können.

Wir übernehmen Verantwortung für unsere Handlungen und begründen diese. So versteht der Kollege, welche Denke der andere hat. Zur Offenheit gehört auch, klar anzusprechen, wo etwas hakt. Zudem priorisieren wir konsequent und sagen auch mal "nein".

Agile Arbeitstechniken wie Scrum, Kanban und PACE (von der ING zusammengestellter Methoden-Mix aus Design Thinking, Lean Startup und Agile Scrum, um innovative Produkte zu entwickeln, die Redaktion) geben dieser Philosophie des agilen Arbeitens den methodischen Rahmen. Die Agile Coaches in meiner Einheit unterstützen Führungskräfte und Mitarbeiter genau dabei.

Faktoren einer gelungenen agilen Transformation

Projektmagazin: Wodurch zeichnet sich eine gelungene Transformation aus? Kann man das überhaupt messen bzw. gibt es KPIs im Sinne von "Agilitätsfaktoren"?
Zasadzin: Die Restrukturierung zur agilen Organisation ist ja erst seit wenigen Wochen vollständig für die komplette Bank abgeschlossen.  Wir haben durch die agile Transformation allerdings jetzt schon einige Erfolge erzielt:

  • Seitdem wir die agile Organisation kommunizieren, ist die Bewerberzahl im IT-Bereich um 50% gestiegen.
  • Über 60 Squads arbeiten heute eigenverantwortlich und damit end-to-end an einem Service oder Produkt für unsere Kunden.
  • "Banking to go App": Steigerung der Bewertungen im Android App Store von 2 auf 4,4 Sterne bzw. 4,7 Sterne im Apple Store.
  • Wir bringen aktuell im Schnitt einmal im Monat neue Features in die "Banking to go App". Früher gab es nur alle vier Monate ein Business Release. Seit Kurzem sendet die App z.B. Push-Nachrichten, erlaubt Einsicht in die Post-Box (Benachrichtigungen, Kontoauszug) und eine Vorschau von Abbuchungen

One Agile Way of Working

projektmagazin: Sie haben bei der ING weltweit den sogenannten One Agile Way of Working eingeführt. Haben Sie damit das Patentrezept für Agilität gefunden?

Zasadzin: Mit Sicherheit nicht. Unser Konzept und unsere Herangehensweise lassen sich auch nicht 1 zu 1 kopieren. Diese Lösung erlaubt uns, mit dem agilen Arbeiten zu starten. Sicher werden wir sie stetig anpassen – denn das gehört zum agilen Arbeiten.

projektmagazin: Können Sie den One Agile Way of Working (OAWOW) für unsere Leser kurz skizzieren?

Zasadzin: OAWOW basiert auf getesteten agilen Arbeitsmethoden und ist durch Best Practices und Learnings verschiedener ING Units und anderer Unternehmen inspiriert. Er basiert auf den Prinzipien "Eigenverantwortlichkeit der Mitarbeiter", "Einbeziehung der Kunden" und "Einheitliches Organisationsdesign und einheitliche Arbeitsweisen" und wird global angewendet.

Ergänzt wird der OAWOW, der ja in erster Linie die organisatorisch-strukturelle Ebene des agilen Wandels abdeckt, durch unseren "Orange Code": Er definiert die wichtigsten Verhaltensweisen der Mitarbeiter innerhalb der ING Group. Zentral sind eine offene Fehlerkultur und eine Mentalität, sich gegenseitig dabei zu helfen, erfolgreich zu sein und Initiative zu entwickeln. Agile Arbeitstechniken wie Scrum, Kanban und PACE geben dieser Philosophie des agilen Arbeitens den methodischen Rahmen.

projektmagazin: Nochmal zurück zu Ihrer Einheit. Welche wichtigen Meilensteine bzw. Ergebnisse haben Sie bereits erzielt?

Zasadzin: Wir haben die agile Transformation mit Bezug auf die Restrukturierung erfolgreich für die gesamte Bank abgeschlossen. Die Mitarbeiter wissen jetzt alle, was ihre Rolle ist, wobei sie durch mehr als 50 Agile Coaches unterstützt werden. Wir haben jetzt Strukturen, die unsere Strategie – eine führende Universalbank in Deutschland zu werden – maximal unterstützt. Nun konzentrieren wir uns auf die stetige Verbesserung.

projektmagazin: Wie geht es in den kommenden Monaten weiter mit Ihrem CoE?

Zasadzin: Auch wenn die Transformation abgeschlossen ist, entwickelt sich die Organisationsstruktur weiter. Die Aufgabe wird sein, die Veränderung über die Struktur hinaus nachhaltig zu gestalten. Teams werden weiterhin gecoacht und erarbeiten zusammen mit den Agile Coaches, welche Methoden sinnvoll für sie sind, wie Scrum oder Kanban.

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Alle Kommentare (1)

Guest

Das Interview und die Antworten sind aus meiner Sicht relevant und ungeschönt. Man muss sich gmeinsam aufmachen und erlauben, dass Fehler zu Lernchancen werden. So geht Disrutionsprofilaxe.
Schön, dass dies hier zutrifft und erstaunlich wieso eine Vielzahl von Unternehmen immer noch am verordneten Wandel festhält.
Ich wüßte gerne mehr über die lernkurve der Mitabeiter*innen, die schon länger dabei sind.
Das Konzept den einzelnen Coaches an die Seite zu stellen spricht mich besonders an.
So kann jede/r die eigene Geschwindigkeit nutzen. Ich würde gerne einen Nachschlag zur Ingdiba in 2 Jahren lesen. Danke.