Was verbindet Weltmächte, die 68er und erfolgreiche Teams?

Es war einmal … in grauer Vorzeit, als es den eisernen Vorhang noch gab, dass in einem politischen Magazin die Frage ventiliert wurde, wie viele und welche Staaten als Weltmächte (in Abgrenzung zu Großmächten) angesehen werden müssten. Die USA und die UdSSR waren natürlich gesetzt, aber es gab nach Meinung des Artikelautors noch mindestens einen anderen Kandidaten.

Was verbindet Weltmächte, die 68er und erfolgreiche Teams?

Es war einmal … in grauer Vorzeit, als es den eisernen Vorhang noch gab, dass in einem politischen Magazin die Frage ventiliert wurde, wie viele und welche Staaten als Weltmächte (in Abgrenzung zu Großmächten) angesehen werden müssten. Die USA und die UdSSR waren natürlich gesetzt, aber es gab nach Meinung des Artikelautors noch mindestens einen anderen Kandidaten.

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Und dieser erlaubte es sich eines Tages, in einer Wettbewerbssituation seine politischen Rivalen überflügeln oder übertölpeln zu wollen. In dem daraus entstehenden Konflikt zog er den Kürzeren, und "daran konnte man erkennen, dass es sich bei diesem Staat doch nur um eine Großmacht handelte, denn eine Weltmacht hätte diesen Konflikt nie und nimmer verloren", so der Autor.

Nun stelle ich mir vor, ich sei der Staatschef einer solchen Macht und trüge mich mit keineswegs ehrenwerten Plänen gegenüber meinen Nachbarn. Dann wüsste ich doch ganz gern ex ante (d.h. vorher), ob ich jetzt der Oberbefehlshaber entweder einer Großmacht oder einer Weltmacht bin, damit ich mir vorher überlegen kann, was ich tue. Die Frage ex post (d.h. nachträglich, durch den Ausgang des zu erwartenden Konflikts) beantwortet zu bekommen, nützt mir überhaupt nichts, denn dann ist es zu spät. Und hinterher ist man bekanntlich immer schlauer (übrigens auch das Hauptproblem im Risikomanagement).

Team-Building auf Weltmacht-Niveau

Und damit bin ich beim Thema "Team-Building". Gebe ich in die Suchmaschine "Merkmale erfolgreicher Teams" ein, bekomme ich 486.000 Treffer. Gefühlte 10% davon sind mir schon begegnet in Form von Büchern, Artikeln, Vorträgen, Seminaren oder sonstigen Tipps. Fast alle fallen in zwei Kategorien.

Der kleinere Anteil findet sich in der Kategorie vom Typ "Weltmacht": "Erfolgreiche Teams vollbringen außerordentliche Leistungen auch unter schwierigen Bedingungen …" Schön, dass ich das ex post erfahre. Liegen die Ergebnisse vor, dann war mein Team wohl erfolgreich. Überraschung! …

Der weitaus größte Anteil fällt in eine Kategorie, die ich jetzt mal "Führungsqualität" nennen möchte: "Erfolgreiche Teams brauchen eine gemeinsame Vision, gegenseitige Unterstützung, effektive Kommunikation, Lob und Respekt, …" Alles richtig. Nur leider klingt das gern so, als wären das hinreichende Bedingungen, um ein Team erfolgreich zu machen.

Der Haken erscheint aber wieder ex post: Ist das Projekt und damit das Team nicht erfolgreich, dann habe ich wohl nicht gut genug geführt. In den einschlägigen Artikeln steht nämlich nie drin: scheitert das Projekt, dann waren vielleicht nicht ausreichende Qualifikationen im Team vertreten, oder die Randbedingungen waren zu schlecht, oder die eine oder andere im Team vertretene Person war nicht teamfähig oder hatte eine "hidden agenda", und in dem Fall, verehrte/r ProjektmanagerIn, hätten Sie sich "einen Wolf führen können" – es hätte nie geklappt.

Eine gemeinsame Vision?

Und mit der gemeinsamen Vision ist es auch so eine Sache. Da gab es mal in der Nachfolge-Generation der 68er einen großen Feldversuch. Denn in den 70er Jahren konnte man sich als StudentIn praktisch selbst nicht mehr achten, wenn man nicht einen wesentlichen Teil seiner Studienzeit in Wohngemeinschaften verbrachte. Natürlich gab es gute ökonomische Gründe dafür, weil der Mietanteil niedriger war, als wenn man allein gewohnt hätte.

Aber oft war auch eine gehörige Portion Ideologie im Spiel, denn man demonstrierte den Wunsch nach gesellschaftlichen Veränderungen gern auch im eigenen Lebensmodell, und häufig gab es auch Gleichgesinnte, die ähnlich der "Kommune I" ganz konkrete programmatische Vorstellungen hatten, die über einen gemeinsamen Kühlschrank weit hinausgingen.

Und da konnte man nun eine interessante Beobachtung machen: Statistisch gesehen stand die Lebensdauer einer Wohngemeinschaft im reziproken Verhältnis zum gemeinsamen programmatisch-gesellschaftlichen Anspruch der Mitglieder. Manche WGs explodierten schon nach wenigen Wochen, weil die gesellschaftlichen Visionen an den alltäglichen Klippen von Putzdienst und Kühlschrank-Befüllung zerschellten. Wenn sich aber Leute zusammenfanden, die einfach nur billiger wohnen wollten und ein wenig Gesellschaft suchten, dann konnte eine solche WG über Jahre stabil existieren.

Ist nämlich eine Vision so stark, dass sie Menschen, die vielleicht ganz allgemein nicht besonders gut zueinander passen, über längere Zeit trägt, ohne dass die Hürden des Alltags eine große Rolle spielen, dann handelt es sich oft nicht mehr um ein Team, sondern um eine Sekte.

Nun hat man ja in der Regel gar keine Möglichkeit, sich ein passendes Projektteam zusammen zu stellen. Man muss vielmehr die Mitarbeiter nehmen, die man bekommt; und jetzt würde man doch gern die Erfolgsaussichten dieses neuen Teams ex ante beurteilen können, nämlich bevor man mit der Arbeit beginnt.

Das Modell der 5 i

Und da finde ich ein Modell hilfreich, das ich vor so langer Zeit kennengelernt habe, dass ich – zumindest auf die Schnelle – den Urheber nicht mehr feststellen kann; auf jeden Fall bedanke ich mich heute noch bei ihm. Falls der eine oder andere geneigte Leser dies Modell schon kennt und die Quelle weiß, freue ich mich über einen entsprechenden Hinweis!

Das Modell der "5 i" besagt, dass ein Team dann erfolgreich werden kann, wenn die künftigen Mitglieder als Individuen außer der nötigen fachlichen Qualifikation eine vernünftige Ausprägung folgender "iiiii" mitbringen: Identität, Identifikation, Interdependenz, Interaktion, Intimität. Und eine vernünftige Ausprägung heißt: nicht zu viel und nicht zu wenig.

  • Identität: das Selbstbewusstsein des/r Kandidaten/in sollte so groß sein, dass er/sie imstande ist, die eigene Meinung innerhalb des Teams nachdrücklich zu vertreten, aber nicht so groß, dass er/sie nicht mehr imstande ist, abweichende Meinungen anzuhören, geschweige denn zu akzeptieren.
  • Identifikation: Die Team-Ziele müssen vereinbar sein mit den individuellen Zielen (falls nicht, besteht die Gefahr einer hidden agenda); wenn sich die Individuen aber zu sehr mit den Team-Zielen identifizieren, kann es zum Phänomen des "group think" kommen: Die Realität wird ausgeblendet, und man ist auf dem Weg zur Sektenbildung.
  • Interdependenz: Die Rollenverteilung im Team, die ja durch das Team als Ganzes entsteht, wird von jedem akzeptiert. In einem Team bin ich vielleicht der Meinungsführer, in einem anderen aber das Arbeitstier; das Team kann dann erfolgreich werden, wenn jeder mit seiner temporären Rolle zumindest leben kann.
  • Interaktion: Alle gehen vernünftig auf der Arbeitsebene miteinander um. Ein ausgewogenes Verhältnis von Höflichkeit und Distanz einerseits und informeller Lockerheit und Vertrautheit andererseits ist hilfreich. Mit Königen ist Teamarbeit schwierig, aber auch mit besten Kumpels.
  • Intimität: Die Teammitglieder sollten sich einerseits so gut kennen und nahestehen, dass sich ein Klima des Vertrauens bilden kann; das würde andererseits aber zerstört, wenn die Intimsphäre Einzelner verletzt wird. Man muss Reviergrenzen beachten.

Ausgewogenheit als Schlüssel

Das Kernstück dieses Modells ist die Forderung nach Ausgewogenheit in allen fünf Charakteristiken. Mäßigung ist verlangt; im Lateinischen heißt Mäßigung sinnigerweise moderatio, und damit wird auch sprachlich eine wichtige Aufgabe bei Teambesprechungen vorweggenommen.

Was man als Projektmanager also machen kann, ist, vor Beginn der Projektarbeit die Mitglieder des neuen Teams kennenzulernen und die Persönlichkeiten anhand der genannten fünf Charakteristika einzuschätzen, z.B. indem man Einzelgespräche führt ("small talk beim Mittagessen"). Damit kann man ex ante ein Gefühl für die Erfolgsaussichten des Teams bekommen. Und wenn man dann noch die eigenen fantastischen Führungsqualitäten in die Teamarbeit einbringt, dann hindert einen nichts mehr, sich im Nachgang des Projekts all die Bestätigungen der Kategorie Weltmacht abzuholen.

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