Emotion Mapping macht emotionale Erlebnisse entlang eines Prozesses, einer Customer Journey oder eines Projekts sichtbar. Ziel ist es, zu verstehen, warum und wie sich Menschen in den einzelnen Phasen fühlen. Statt nur auf funktionale Abläufe zu achten, legt Emotion Mapping den Fokus auf die emotionale Qualität von Erfahrungen.
Ich setze Emotion Mapping häufig in Workshops ein, wenn Teams das diffuse "Bauchgefühl" ihrer Kunden und Kundinnen oder Mitarbeitenden greifbar machen wollen.
Auch bei Projekten, in denen es "eigentlich ganz gut läuft", aber das Bauchgefühl im Team sagt, dass irgendetwas trotzdem nicht passt, verwende ich gerne Emotion Mapping. Besonders in Change-Prozessen oder bei neuen Servicekonzepten hilft die Methode, Spannungen zu erkennen, bevor sie zu Wider-stand führen.
Das Vorgehen ist einfach, aber wirkungsvoll:
Das Team zeichnet eine Zeitachse oder Customer Journey auf. Das können etwa die Phasen eines Projekts, eines Kundenerlebnisses, eines Geschäftsprozesses oder einer internen Veränderung sein. Dann markieren die Teilnehmenden an jeder Station ihre emotionale Reaktion: Freude, Unsicherheit, Ärger, Stolz, Frustration. Das kann mit Symbolen, Farben oder Emotionskarten geschehen. Der:die Moderator:in achtet darauf, dass nicht bewertet, sondern zunächst nur gesammelt wird.
Besonders spannend wird es im anschließenden Gespräch: Warum war dieser Moment frustrierend? Was hat hier Vertrauen geschaffen? Oft zeigen sich emotionale Brüche an Stellen, die niemand erwartet hätte, etwa zwischen einer E-Mail-Kommunikation und einem persönlichen Gespräch, oder beim Übergang zwischen zwei Teams.
Ein Beispiel: In einem Projekt zur Einführung eines neuen internen Tools zeichnete das Team seine Erfahrungen der letzten Monate nach. Auf der Karte waren viele "Tiefs" rund um den Schulungsstart zu sehen. In der Diskussion wurde klar, dass nicht das Tool selbst das Problem war, sondern die Art, wie die Schulungen kommuniziert wurden. Es war zu technisch, zu spät, zu wenig auf Sorgen eingehend. Nach dem Workshop änderte das Team den Kommunikationsansatz. Danach gab es weniger Fakten und mehr Dialog in den Schulungen. Insbesondere wurden Feedbackrunden fest in das Programm aufgenommen. Durch diese Verbesserungen stieg auch die Akzeptanz für das Tool enorm.
Je nach Ziel und Gruppengröße dauert ein Emotion-Mapping-Workshop zwischen 60 und 120 Minuten. Ich führe ihn meist mit 5–10 Personen durch, da dadurch die Gruppe nicht zu groß und Diskussionen, die nicht zielführend sind, verhindert werden. Wichtig ist eine sichere Atmosphäre, in der Emotionen offen geteilt werden dürfen, ohne dass sie sofort "gelöst" werden müssen.
Schritt 1: Klären Sie Ziel und Rahmen Ihres Emotion Mappings!
Bevor Sie starten, braucht das Team ein gemeinsames Verständnis: Warum wollen wir Emotionen sichtbar machen?
Geht es um Kundenerlebnisse, um die Stimmung im Projektteam oder um die Akzeptanz einer Veränderung? Ohne eine klare Zielsetzung wird das Mapping schnell zu einer reinen Gefühlsrunde. Mit Ziel einem aber verwandelt es sich zu einem kraftvollen Erkenntnisprozess.
Vor Beginn des Workshops sollten dem Team außerdem grundlegende Informationen zur Verfügung stehen, etwa Rückmeldungen oder Erfahrungsberichte von Kunden und Kundinnen, Mitarbeitenden oder anderen Stakeholdern. Diese helfen, emotionale Muster im Mapping später besser einzuordnen.
Ebenso wichtig sind Kontextinformationen zu den Situationen, in denen Emotionen auftreten: Welcher Kontaktpunkt war betroffen? Wer war beteiligt? Solche Hinweise schaffen Verständnis für die Hintergründe der Emotionen und erleichtern die spätere Interpretation.
Formulieren Sie ein präzises Erkenntnisziel, z.B.: "Wir wollen verstehen, in welchen Phasen unseres Projekts Motivation verloren geht und was sie wiederbelebt."
Ich beginne meine Workshops oft mit einer einfachen, aber wirksamen Frage: "Wann in diesem Prozess hatten Sie ein gutes Gefühl – und wann nicht?" Das öffnet sofort den Raum. Selbst zurückhaltende Personen erzählen plötzlich von Momenten, die sonst nie zur Sprache kommen würden.
Beispiel: Zielklärung im Projektteam Kundenservice
Ein Projektteam eines Energieversorgers wollte herausfinden, warum Kunden und Kundinnen nach Einführung eines neuen Self-Service-Portals dieses seltener nutzten als erwartet.
Projektleiterin Nadine eröffnete den Workshop mit den Worten: "Wir wollen verstehen, an welchen Stellen in unserer Service-Journey Frustration oder Unsicherheit entstehen und wie wir das gesamte Erlebnis emotional verbessern können."
Das Team beschloss, die gesamte Customer Journey zu betrachten: vom ersten Login über die Dateneingabe und Buchung bis hin zur Bestätigungs-E-Mail.
Nadine ergänzte: "Heute messen wir keine Klicks, sondern Gefühle."
Damit war der Rahmen klar: offen, explorativ und empathisch. Der Fokus lag nicht auf einem technischen Detail, sondern auf der emotionalen Gesamtwirkung des Serviceerlebnisses.