Bei Zeit oder Kosten verkalkuliert? – Bleiben Sie selbstbewusst und aktiv!

Wenn ein Projektleiter sich verkalkuliert, muss er sich gegenüber dem Auftraggeber verantworten. Zudem muss er eine Lösung finden, die der Auftraggeber mitträgt. Gaby S. Graupner gibt Ihnen in diesem Tipp wertvolle Hinweise, wie Sie als Projektleiter in dieser Stresssituation souverän agieren, um das Projekt zu retten. Auf diese Weise wahren Sie Ihren guten Ruf und haben bessere Chancen, Ihren Auftraggeber als Kunden zu halten.

 

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Bei Zeit oder Kosten verkalkuliert? – Bleiben Sie selbstbewusst und aktiv!

Wenn ein Projektleiter sich verkalkuliert, muss er sich gegenüber dem Auftraggeber verantworten. Zudem muss er eine Lösung finden, die der Auftraggeber mitträgt. Gaby S. Graupner gibt Ihnen in diesem Tipp wertvolle Hinweise, wie Sie als Projektleiter in dieser Stresssituation souverän agieren, um das Projekt zu retten. Auf diese Weise wahren Sie Ihren guten Ruf und haben bessere Chancen, Ihren Auftraggeber als Kunden zu halten.

 

Nichts ist so unvorhersehbar wie ein Projekt. Hauptsächlich deshalb, weil die meisten Projekte etwas mit Menschen zu tun haben. Und Menschen irren sich. Was geschieht, wenn Sie als Verantwortlicher einen Fehler gemacht haben, der den Zeit- und/oder Kostenplan Ihres Projektes bedroht? Wenn Sie z.B. den Aufwand für die Entwicklung einer Software zu niedrig geschätzt haben? Dann geraten Sie gegenüber dem Auftraggeber in eine echte Stresssituation! Was ist jetzt zu tun? In der Steinzeit haben Menschen auf Stress bekanntlich mit Flucht reagiert. Daran hat sich bis heute nichts geändert, nur dass die "Flucht" anders aussieht: Wir rennen nicht weg, wir lügen! Eine zutiefst menschliche Reaktion, aber für die Kommunikation mit unserem Auftraggeber trotzdem falsch. Eine solche "Notlüge" kann sich zu einem Gespinst auswachsen, das aufrechtzuerhalten viel Energie, ein unglaubliches Gedächtnis und aufwendige Planung kostet. Was hätte man mit dieser Energie, dieser Kreativität und diesem Einsatz für seinen Kunden an sinnvoller Unterstützung leisten können!

Was können Sie tun, statt in Ausreden und Lügen zu flüchten, wenn Sie als Auftragnehmer zum Beispiel:

  • die benötigte Zeit zur Lieferung zu kurz geschätzt haben?
  • den Preis zu niedrig angesetzt haben?

Im Folgenden erhalten Sie Tipps für die Kommunikation mit Ihrem Auftraggeber, wenn Sie aus einer schwächeren Position heraus mit ihm Zugeständnisse aushandeln müssen.

Aktives Informieren bei Verzögerungen

In den meisten Fällen erkennen Sie als Auftragnehmer um einiges früher als Ihr Auftraggeber, dass Ihre Planung nicht aufgeht. Wenn Sie in einer solchen Situation passiv bleiben, wird der Kunde Ihren Fehler spätestens zum nächsten Liefer- oder Meilensteintermin bemerken. Dann wird es jedoch zu spät sein, das Projekt noch wenigstens halbwegs erfolgreich abzuschließen. Gehen Sie das Thema deshalb von sich aus und frühzeitig an, noch bevor der Kunde sich bei Ihnen beschwert: Die erfolgreichste Reklamationsbearbeitung findet statt, bevor der Kunde reklamiert hat. Ein großer Vorteil dieser aktiven Herangehensweise liegt darin, dass unser Auftraggeber nicht die Zeit hat, sich so richtig in Wut und Ärger hineinzusteigern, wenn Sie ihm als erster vom Problem erzählen. Wenn er es dagegen selbst bemerkt, hat er genügend Zeit, seine Wutmotoren zu starten und im entsprechend explosiven Zustand bei Ihnen anrufen. Menschen sind keine Maschinen und deshalb, im Gegensatz zu Autos, auch nicht in wenigen Sekunden von 0 auf 100 km/h.

Daher lautet die erste Regel: Informieren Sie Ihren Kunden aktiv über eine entstehende Verzögerung! Wenn wir den Vergleich mit den Autos weiterspinnen, schaffen es Menschen während des für sie überraschenden Anrufes maximal auf 30 km/h. Wenn dabei der Auftragnehmer die schlechten Nachrichten professionell rüberbringt und zugleich vermittelt, dass das Projekt noch gerettet werden kann, wird ihn der Auftraggeber im eigenen Interesse vielleicht sogar mit pragmatischen Ideen und Ansätzen unterstützen. Er stellt z.B. die Frage "Welche Features sind mit dem vorhandenen Zeitbudget möglich und welche nicht?" Vielleicht wird er sich dann entscheiden, die Software zunächst mit reduzierter Funktionalität auf den Markt zu bringen und das eine oder andere Feature erst in einem späteren Release umzusetzen. Oder gibt die Linie vor: "Lieber etwas später, aber dann richtig!"

Eigene Fehler frühzeitig adressieren

Wenn sich klar abzeichnet, dass Sie das Versprochene nicht liefern können, werden Sie proaktiv! Bitten Sie Ihren Kunden per Mail um ein persönliches Gespräch oder greifen Sie direkt zum Telefon. Und dann schildern Sie die Lage und stellen klar, dass Sie sich verrechnet haben.

Dabei sollten Sie vermeiden, sich zu rechtfertigen

  • "Ich konnte ja nicht wissen, dass ..."
  • "Es kamen so viele Sonderwünsche von anderen Kunden rein, da sollten Sie schon Verständnis haben!"
  • "Zurzeit ist gerade überall die Grippewelle ausgebrochen, das hat auch mich in Verzug gebracht."

Mit solchen "Entschuldigungen" werten Sie sich vor Ihrem Kunden ab, weil Sie keine Verantwortung übernehmen, sondern die Verantwortung auf die Umstände schieben. Als erfolgreicher Projektleiter sollten Sie zeigen, dass Sie mit solch typischen Herausforderungen für Unternehmer bzw. Projektleiter zurechtkommen und rechtzeitig Maßnahmen ergreifen, die den unvorhergesehenen Umständen entsprechen. Auch wenn Sie an den Umständen keine unmittelbare Verantwortung tragen – z.B. wenn zwei Ihrer vier Entwickler einen Unfall hatten – wird Ihr Kunde das in der Regel nicht hören wollen. Schließlich bezahlt er dafür, dass er sich um solche Dinge nicht kümmern muss.

Verzichten Sie auf abwehrende oder abwertende Worte, wie z.B.:

  • "Ich hatte ja gleich gesagt, dass ..."
  • "Wir hätten es doch andersherum machen sollen ..."
  • "Sie haben mir nicht gesagt, dass ..."
  • "Sie wissen aber schon, dass Ihre Mitarbeiter auch nicht alles pünktlich abgeliefert haben ..."

Wohlgemerkt: Wenn Ihr Kunde tatsächlich seinen Zulieferpflichten nicht nachgekommen ist oder falsche Angaben gemacht hat, können und sollten Sie natürlich im Rahmen Ihres Claim Managements reagieren. Hier gehen wir aber davon aus, dass Sie das Problem zum damaligen Zeitpunkt nicht mittels Claim Management in eine Lösungsoption gewandelt haben, sondern es nur angesprochen oder "angemeckert" haben, ohne auf eine Lösung zu bestehen. Damit tragen Sie für die sich daraus ergebenden Folgen die Verantwortung und nicht Ihr Auftraggeber.


Beschreiben Sie die Situation sachlich und in kurzen Sätzen!