
Agile Teams durch Storytelling motivieren Die Heldenreise für Scrum adaptieren

Ein Entwickler, der in ein Software-Abenteuer aufbricht, Bugs meistert und mit einem Lösungselixier wiederkehrt – aber wo bleibt das Team? Beispiele aus Serien und Filmen zeigen, wie sich die Heldenreise auch auf Scrum-Teams anwenden lässt.
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Agile Teams durch Storytelling motivieren Die Heldenreise für Scrum adaptieren

Ein Entwickler, der in ein Software-Abenteuer aufbricht, Bugs meistert und mit einem Lösungselixier wiederkehrt – aber wo bleibt das Team? Beispiele aus Serien und Filmen zeigen, wie sich die Heldenreise auch auf Scrum-Teams anwenden lässt.
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Die Heldenreise ist eine Methode, um bewegende Geschichten zu erzählen, und wird nicht mehr nur im Kontext von Romanen und Filmen verwendet. Längst haben Politik und Unternehmen erkannt, dass sich Wählerschaft und Kundschaft locken lässt, indem man die eigene Werbung dem Erzählschema der Heldenreise folgen lässt. Auch in der Softwareentwicklung, u.a. nach Scrum, wird die Heldenreise verwendet, um Teams zu motivieren und Veränderungen auf den Weg zu bringen.
Allerdings bringt die Heldenreise einige Probleme mit sich. Sie kann beispielsweise manipulativ eingesetzt werden, wie der Einsatz in der Werbebranche zeigt, und sie fokussiert sich oft explizit auf Einzelpersonen, wobei das Team für den Erfolg des Individuums auf der Strecke bleibt. In diesem Artikel wollen wir zeigen, welche Teile der Heldenreise du als Scrum Master, Change Manager:in, Agile Coach oder Führungskraft in der agilen Softwareentwicklung verwenden kannst, welche du nicht brauchst, und welche Elemente erweitert werden können, um agile Teams voranzubringen.
Um es mit einem Zitat aus einem berühmten Vertreter der Erzählkunst nach Vorlage der Heldenreise zu sagen: Wir können die Heldenreise in der Softwareentwicklung für uns nutzen, aber "You will never find a more wretched hive of sc[r]um and villainy. We must be cautious!" (Obi-Wan Kenobi, "Krieg der Sterne", Star Wars: Episode IV, 1977)
Was ist die Heldenreise?
Die Heldenreise, auch Monomythos genannt, wurde vor allem durch Joseph Campbells Buch "Der Heros in tausend Gestalten" aus dem Jahr 1949 bekannt. Campbell identifizierte eine scheinbar fundamentale Erzählstruktur, die vielen großen Geschichten zu Grunde liegt. Diese folgt einer Reihe von Stationen: Der Held (meist männlich) lebt in seiner bekannten Welt und hört den Ruf zum Abenteuer. Er verweigert sich zunächst und tritt dann doch in die unbekannte, oft magische Welt ein, wo er Mentor:innen und Verbündete trifft und Gefahren übersteht. Diese kulminieren in einem Tiefpunkt, dem sogenannten "Bauch der Bestie", in den der Held hinabsteigen muss. Schließlich kehrt er daraus in seine Welt zurück, gewachsen an seinen Aufgaben, und hat auf seiner Reise essenzielles Wissen oder einen wichtigen Gegenstand erlangt, das sogenannte "Elixier". Damit kann er seine Welt retten oder sie auf andere Weise für sich zum Positiven zu wandeln.
Erzählstruktur für Epen, Comics und Filme
Die Stationen variieren von Erzählung zu Erzählung und von Genre zu Genre, sind aber bei vielen Geschichten erstaunlich ähnlich: vom Gilgamesch-Epos bis hin zu Marvel’s Iron Man. Disney erkannte die Vorteile für sich und sah die Möglichkeit, damit über Jahrzehnte hinweg Blockbuster zu produzieren. Die bekannteste Umsetzung entstand unter Beratung Campbells selbst: "Krieg der Sterne", Star Wars: Episode IV (1977). Die Heldenreise kann jedoch nicht nur Roman- und Drehbuchautor:innen als Werkzeug dienen.
Die Heldenreise in der Softwareentwicklung
Die Heldenreise berührt uns, weil sie unseren Alltag widerspiegelt: das ständige Überwinden von Hindernissen, das Erleben von Erfolgen und Rückschlägen. Wir gehen unserem täglichen Job als Scrum Master, Software-Entwickler:in, als Product Owner oder Data Scientist nach, als wir erfahren, dass wir ein neues Tool für unsere nächste Aufgabe benötigen, z.B. den Wechsel auf eine cloudbasierte Lösung für unser Reporting. Wir verweigern uns erst: Reichen nicht die Lösungen, die wir bereits beherrschen? Aber schließlich wagen wir uns in die neue Tool-Welt, verstehen intuitive Nutzeroberflächen dank der Unterstützung von Kolleg:innen, lernen, entwickeln uns weiter und kehren als Expert:in zurück in den geänderten Alltag, in dem wir das Tool a.k.a. Elixier zu unserem Vorteil meisterlich nutzen, bevor die nächste Veränderung vor der Tür steht und das Spiel von vorn beginnt.
Zahlreiche Blogs und Berater:innen haben die Heldenreise als Instrument entdeckt, um Storytelling in der Businesswelt als Werkzeug zu benutzen: in Strategie, Marketing und Vertrieb, um Kund:innen oder Stakeholder zu überzeugen, in Veränderungsprozessen oder Leadership-Kursen, um Mitarbeitende zu motivieren, oder als Retrospektionstechnik, um über Herausforderungen zu reflektieren.
In agilen Teams kannst du die Heldenreise aktiv nutzen, um Veränderungen zu bewerben und die Teammitglieder im Prozess eines Wandels zu unterstützen oder um ihnen die Veränderungen schmackhaft zu machen. Wer möchte nicht Held:in der eigenen Geschichte sein?
Grenzen der Heldenreise
Dabei gibt es aber Aspekte, bei denen die Heldenreise an ihre Grenze stößt:
- Ist die Veränderung wirklich nützlich für das gesamte Team? Oder nutzt du die Erzählung von Heldentum, um eine Veränderung zu erzwingen, die dir vor allem selbst nützt? Hörst du anderen Stimmen zu? Vermeidest du es, das Team zu manipulieren?
- Das Erzählschema ist repetitiv. Das ständige Auftauchen eines weisen Magiers mit weißem Bart und eines finsteren Herrschers ist irgendwann nicht mehr spannend. Genauso wie du einem Team nicht immer wieder aufs Neue verkaufen kannst, dass sie alle Held:innen sind, wenn sie sich schon wieder in einen neuen Prozess mit viel Overhead einarbeiten müssen, oder dass die neue Entlassungswelle auch eine Chance für das Team darstellt.
- Wie gesagt betrifft die Heldenreise ursprünglich vor allem den einzelnen männlichen Helden. Zwar haben heutzutage Frauen und nichtbinäre Menschen die Heldenreise für sich erschlossen, aber sie wird selten fürs Teamwork genutzt. Zudem geht es bei der Heldenreise oft um das Ergreifen von Macht. Der junge Held entthront eine Vaterfigur und herrscht an seiner Stelle (mit Luke Skywalker und Darth Vader ist auch hier Star Wars wieder ganz vorne mit von der Partie). Es ist also eine stark kapitalistische und patriarchalische Erzählung.
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