

"Ist es sinnvoll, eine Stelle einzurichten, die sich übergeordnet um Projekte kümmert?" Diese Frage haben viele Unternehmen schon mit "Ja" beantwortet und ein Project Management Office (PMO) etabliert, manche sogar mehrere in verschiedenen Unternehmenssparten. Wie aber gelingt die Einführung eines PMO und wie bewähren sich PMOs im Projektalltag? Dazu haben wir mit fünf PMO-Leitern gesprochen – Marc-Oliver Pehlke von der VR-Leasing AG, Markus Berghofer von der OMV Refining & Marketing GmbH, Dr. Oliver Mack von der Borealis AG, Dr. Torsten Nandzik von der BASF IT Services GmbH und Michael Esser von der Grünenthal Pharma GmbH & Co. KG – sowie einem in dieser Thematik erfahrenen Berater, Prof. Dr. Eric Schott von der Campana & Schott Unternehmensgruppe.
Definition "PMO"
Die diesem Artikel zugrunde liegende Definition von PMO bezieht sich auf die DIN-Norm 69901. Demnach stellt ein PMO eine "projektübergreifende Unterstützungsfunktion zur Einführung und Optimierung von Projektmanagementsystemen sowie der operativen Unterstützung von Projekten und Projektbeteiligten" dar. Im Unterschied dazu erbringt ein Projektoffice (PO) Leistungen für ein ganz konkretes Projekt. (Siehe hierzu auch "Leitstand für das Projektportfolio. Das Project Management Office – Eine Einführung" von Dr. Wolfram von Schneyder, Projekt Magazin 17/2010.)
Warum entschließt sich ein Unternehmen, ein PMO einzuführen? Die Gründe sind vielfältig, der Impuls kann aus zwei Richtungen kommen: von oben, aus dem Top-Management, oder von unten, der Ebene des operativen Projektmanagements.Doch auch, wenn letzteres überwiegt – alle Interviewpartner sind sich einig, dass ohne ausdrückliche Unterstützung von oben gar nichts geht: Management-Commitment ist unverzichtbar für ein gutes Gelingen.
Die Wünsche der Unternehmensleitung an die PMOs lassen sich nach der Erfahrung von Prof. Dr. Eric Schott, geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensberatung Campana & Schott und Honorarprofessor für Wirtschaftswissenschaften mit Schwerpunkt "Strategisches Projektmanagement" an der TU Berlin, in zwei typische Aussagen zusammenfassen:
In der unteren und mittleren Unternehmensebene ist es oft der Wunsch nach Orientierung, der den entscheidenden Impuls für die Einrichtung eines PMO gibt. "Gerade Projektleiter mit weniger Erfahrung", so Schott, "haben ein großes Interesse an konkreten Vorgaben. Eine allgemeine Schulung, z.B. über Ziel und Aufbau eines Meilensteinplans, reicht ihnen nicht. Sie wollen wissen, was konkret von ihnen erwartet wird, wie Projektziele in ihrem Unternehmen formuliert werden müssen und welche Prozesse im Einzelnen zu bearbeiten sind. Neben solchen Standards und einheitlichen Tools wünschen sie sich eine Anlaufstelle, die sie in wichtigen Projektphasen unterstützt. Konkrete Fragen sind u.a.: Wer gibt mir Tipps für die Gestaltung des Kick-off? Wer erarbeitet gemeinsam mit mir den ersten Projektplan oder schaut mal kritisch über die Planung?"
Bei VR-Leasing in Eschborn kam der Impuls zur Einrichtung eines PMO für den Teilkonzern "Inland" mit rund 1.800 Mitarbeitern klar von oben. Anfang 2008 wurde Marc-Oliver Pehlke vom Vorstand mit dem Aufbau einer Konzernprojektsteuerung betraut. Der Wirtschaftsinformatiker war bei einem der großen vier Energieversorger zum Leiter des IT-Servicecenters aufgestiegen, danach in einer renommierten Unternehmensberatung vor allem mit Organisationsprojekten und Unternehmensfusionen beschäftigt. 2004 wechselte er zur VR-Leasing und leitete dort als Mitglied des Vorstandstabs diverse Projekte. Die Einführung des PMO war eingebettet in eine große Restrukturierung, mit der sich das Unternehmen für die Zukunft wappnete. Redundante Funktionen wurden gebündelt, die Zahl der Standorte von 15 auf fünf reduziert. Das PMO hatte zunächst den Auftrag, einen bereits erkannten Missstand zu beheben, so Marc-Oliver Pehlke: "Durch stetiges Wachstum war das Gesamtbudget für alle Projekte auf einen zweistelligen Millionenbetrag gestiegen – und wurde damals regelmäßig eklatant überschritten. Das hat richtig weh getan!"
Um Abhilfe zu schaffen, etablierte VR-Leasing ein sog. "Project Board", in dem einmal monatlich zehn Personen aus der Führungsebene gleich unterhalb des Vorstands und aus allen Bereichen, die Projekte durchführen, Projekte genehmigen und die Ressourcen für sämtliche Projekte priorisieren. "Dabei kann es schon mal hitzige Diskussionen geben", so Pehlke, "doch dafür hat sich das Board schnell zum wichtigsten Entscheidungsgremium neben der Vorstandssitzung entwickelt". Der Vorstand wurde bisher nur zweimal als Eskalationsinstanz eingeschaltet. Das Board hat den Auftrag, so lange zu diskutieren, "bis weißer Rauch aufsteigt", d.h. eine einheitliche Entscheidung getroffen wurde. Ob es um die Initiierung von neuen Projekten geht, um die Durchführung von Change Requests, die Einstellung eines Projektes oder zusätzliche Ressourcen – solche Entscheidungen fallen ausschließlich in diesem Gremium. Dem Project Management Office kommt dabei die Aufgabe zu, für diese Entscheidungen alle Informationen entscheidungsfähig aufzubereiten und möglichst schon im Vorfeld einen Konsens zwischen allen Beteiligten…
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