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von Cornelia Wüst
Während für so manchen Projektleiter eine hohe Belastung kein Problem darstellt und er sich nach einem Rückschlag schnell wieder motivieren kann, schlägt dem anderen Stress oder ein Rückschlag für lange Zeit aufs Gemüt. Um sich vor permanenter Überforderung bis hin zum körperlichen Zusammenbruch und Burnout zu schützen, benötigt der Projekteiter deshalb eine ausreichend hohe Resilienz. Denn diese hilft dabei, mit Unsicherheiten, Ängsten, Krisen und Konflikten adäquat umzugehen. Cornelia Wüst beschreibt in diesem Beitrag, was einen resilienten Projektleiter ausmacht und wie man seine eigene Resilienz stärken kann.
von Cornelia Wüst
Während für so manchen Projektleiter eine hohe Belastung kein Problem darstellt und er sich nach einem Rückschlag schnell wieder motivieren kann, schlägt dem anderen Stress oder ein Rückschlag für lange Zeit aufs Gemüt. Um sich vor permanenter Überforderung bis hin zum körperlichen Zusammenbruch und Burnout zu schützen, benötigt der Projekteiter deshalb eine ausreichend hohe Resilienz. Denn diese hilft dabei, mit Unsicherheiten, Ängsten, Krisen und Konflikten adäquat umzugehen. Cornelia Wüst beschreibt in diesem Beitrag, was einen resilienten Projektleiter ausmacht und wie man seine eigene Resilienz stärken kann.
Resilienz beschreibt die Widerstandskraft unserer Seele und die Fähigkeit, mit Unsicherheiten, Ängsten, Krisen und Konflikten umzugehen. Je höher die Resilienzfähigkeit ist, umso besser kann man Rückschläge verkraften und sich nach Enttäuschungen wieder selbst motivieren. Resilienzfähigkeiten zu entwickeln und zu fördern steht deshalb ganz oben auf der Agenda von Personalverantwortlichen. Zu hoch sind die Zahlen an langen Krankenständen bzw. Totalausfällen und den damit verbundenen Projektmanagement-Risiken. Die Fähigkeit, eine hohe Resilienz selbst auszubilden, um sich vor permanenter Überforderung bis hin zum körperlichen Zusammenbruch und Burnout zu schützen, liegen in der eigenen Persönlichkeit, lassen sich jedoch auch erlernen und coachen.
Welche Faktoren machen einen resilienten Projektleiter aus? Wie kann er seine eigene Resilienz einschätzen und beurteilen (Resilienzbilanz)? Und vor allem: Wie kann er seine eigene Resilienz auch in anspruchsvoller Projektumgebung stärken? Dieser Beitrag bietet Hilfe zur Selbsthilfe – für alle, die es gar nicht erst so weit kommen lassen möchten. Sie erfahren, was Resilienz ausmacht und warum diese gerade im Projektmanagement von großer Bedeutung ist. Machen Sie einen Selbsttest und erfahren Sie, an welchen Hebeln Sie ansetzen müssen, um die eigene Resilienz zu stärken.
Als Projektleiter Dietmar H. (48) vor 15 Jahren in einem internationalen Versicherungskonzern die Leitung seines ersten Projekts übernehmen durfte, war er stolz darauf, die ersten Früchte seiner zuvor sorgfältig geplanten Karriere ernten zu können. Schließlich verfügte er über herausragende fachliche sowie organisatorische Fähigkeiten, hatte bereits erste Führungserfahrung und wurde von seinen Vorgesetzten als kommunikationsstarker Teamplayer gesehen. Im Ausland verstand er es bestens, in Teilprojekten unterschiedlichste Stakeholder-Interessen zu managen und Change-Prozesse verantwortungsbewusst zu steuern. Die Übertragung der neuen Herausforderung war damit aus seiner Sicht mehr als gerechtfertigt. Es folgten viele weitere Einsätze als Projektleiter im In- und Ausland. Er brannte für seinen Job.
Am meisten plagt ihn jedoch diese Angst, Projektziele nicht mehr oder nur ungenügend zu erreichen. Sein innerer Gemütszustand ist auch bereits seinem Vorgesetzten aufgefallen, der ihn nach einem Meeting auf eine gereizte Antwort gegenüber einem Kollegen angesprochen hat: "Na, wohl etwas dünnhäutig geworden. Ist bei Ihnen alles okay?", hat er ihn im Anschluss gefragt und prüfend angesehen.
"Nur noch vier Monate durchhalten, dann wird es besser", so das tägliche Mantra von Dietmar H. – innerlich bereits realisierend, wie selbsttrügerisch diese Gedanken sind. Ein Blick auf den Terminkalender: Zeit für das nächste Meeting und er weiß, dass das Teilprojekt … dringend seine Entscheidung braucht. Sein Magen meldet sich auch schon wieder. Unmutig macht er sich auf den Weg zum Konferenzraum, wissend, dass das Tagespensum, das er sich vorgenommen hat, ohnehin nicht zu bewältigen ist.
Jahrelange Wochenarbeitszeiten von 50 Stunden und mehr, eng getaktete Termine, viele Auslandsreisen, Erwartungsdruck von Vorgesetzten und seinem Team; der Balanceakt zwischen knappen Ressourcen und engen Zielvorgaben haben Dietmar H. zunehmend ausgebrannt. Der einst so hochmotivierte Jung-Projektleiter spürt nur noch selten etwas von seiner früheren Leistungskraft, Begeisterung und Energie.
Dietmar H. steht stellvertretend für viele Projektmanager, die chronisch überlastet bzw. überfordert sind.
Resilienz befähigt die Menschen, sich trotz großer Probleme selbst zu motivieren, auch dann, wenn es an persönlicher Identifikation mit der Aufgabe und dem Umfeld fehlt. Diese psychologische Widerstandskraft ist zum Teil angeboren, zum Teil Resultat der frühkindlichen Entwicklung. Sie kann aber auch erlernt und aktiv von uns beeinflusst werden. Beispielsweise in dem wir dazu bereit sind, unsere erfolgsverhindernden Denk- und Verhaltensmuster zu erkennen. Diese zu durchbrechen, Probleme aus neuen Perspektiven zu betrachten und zu einer neuen Einstellung zu kommen, ist das Ziel, um die eigene Resilienz zu stärken. Da viele dieser Denk- und Verhaltensmuster ein Leben lang erlernt wurden und damit tief in uns verwurzelt sind, nimmt ein solcher Veränderungsprozess mindestens sechs Monate in Anspruch. Erst dann ist eine nachhaltige Verbesserung der persönlichen Resilienz zu beobachten.
Dietmar H. hat sich beispielsweise als Kind immer wieder anhören dürfen, dass er zwar stets Glück hat, ihm aber jegliches Talent fehlt. Im Laufe der Jahre hat er diese Aussage als Tatsache hingenommen und sich selbst gesagt, dass er eigentlich nichts kann – und dieses Manko durch großen Ehrgeiz und viel Arbeit wettzumachen versucht. Nun sieht er, dass er das Tempo nicht mehr halten kann und hat Angst, dass seine – scheinbare – Unfähigkeit ans Tageslicht kommt. Die bisherigen Erfolge? Glück, nichts weiter. Und diese Glückssträhne scheint gerade zu reißen.
So wie Dietmar H. geht es vielen. Angesichts der steigenden Zahl an Burnout-Erkrankungen bekommt das Thema Resilienz deshalb einen neuen Stellenwert – gerade auch im Projektmanagement. Denn durch wechselnde Prioritäten der Stakeholder, unvorhersehbare oder fehlende disziplinarische Führungsverantwortung, Team-Motivation oder schwankenden Projektdruck wird die Projektleitung immer komplexer und dynamischer. Für diese komplexe und herausfordernde Arbeitswelt ist Resilienz die Antwort.
Denn Resilienz…
Bei genügend Disziplin und der persönlichen Fähigkeit, möglichst objektiv in der Analyse und Lösungsfindung zu sein, ist es möglich, die eigene Resilienz zu fördern. Dennoch sei darauf hingewiesen, dass dieser eigengeführte Prozess sehr viel Konsequenz, das Wissen um eigene psychologische Zusammenhänge und Wirkungen voraussetzt. Und vor allem: Durchhaltevermögen und schonungslose Ehrlichkeit zu sich selbst.
Resilienzstärkung hat sich besonders innerhalb des Coachings als wichtiges Element bewährt. Coaching ist eine Begleitung auf Zeit und soll durch die "richtigen" Fragen wichtige Impulse geben zur Reflexion, zum Abgleich der Selbst- und Fremdwahrnehmung, zur Einstellungskorrektur, zur Stärkung der Kommunikationskompetenz und zur Optimierung des Verhaltens. Allerdings: es gibt nicht DIE alleingültige Coaching-Sitzung. Diese ist jedes Mal wieder neu und so individuell wie der Klient und sein Erlebens- und Erfahrungshintergrund.
Die Psychologen Dr. Karen Reivich und Dr. Andrew Shatté, zwei US-Forscher der Universität Pennsylvania, haben für das Thema "Resilienz" Pionierarbeit geleistet und auf Basis ihrer langjährigen Forschungstätigkeit sieben entscheidende Säulen identifiziert, die einen resilienten Menschen ausmachen:
Die Resilienz ist in den einzelnen Säulen individuell häufig unterschiedlich ausgeprägt und bietet Raum für persönliches Wachstum und Gesundheit. Finden Sie heraus, welche Säule bei Ihnen am besten ausgeprägt ist und welche Ihre Aufmerksamkeit und Ihr Handeln benötigt.
Das Wissen allein um die Existenz dieser sieben Säulen fördert noch nicht die individuelle Resilienz von Projektleitern. Die eigene Resilienz zu stärken benötigt den Mut, genau und ehrlich ohne Schönfärberei seinen aktuellen "Resilienzgrad" einzuschätzen sowie eine hohe Reflexionsfähigkeit und den festen Willen, nicht förderliche Denk-, Einstellungs- und Handlungsmuster dauerhaft ad acta zu legen.
Um eine erste Erkenntnis über die augenblickliche Resilienz zu erhalten, helfen folgende zwei Eigentests, die gleichzeitig schon eine erste Maßnahme enthalten, um die eigene Resilienz zu stärken: Innehalten, bewusst die Projektarbeit für einen kurzen Zeitraum unterbrechen und sich auf die eigene Wahrnehmung konzentrieren.
Beantworten Sie folgende Fragen auf einer Skala von 1 bis 10 (1 = trifft gar nicht zu, 10 = trifft voll zu):
Je höher die Ausprägung, desto wahrscheinlicher ist es, dass die persönliche niedrige Resilienz-Bilanz bereits erste psychische und physische Folgen zeigt. Diese reichen vom Zwang, sich zu beweisen bis hin zum Burnout, der völligen Erschöpfung. Dabei lassen sich aufgrund meiner langjährigen Erfahrung als Coach aus der Punktzahl folgende Schlüsse und Empfehlungen ziehen:
Punkte | Ausprägung | Empfehlung |
---|---|---|
15 Punkte | hohe Resilienz | Sie verfügen über eine hohe seelische Widerstandskraft. Weiter so! |
16-75 Punkte | Sie spüren den Druck, sich beweisen zu müssen, geben alles für Ihr Projekt und stellen die eigenen Bedürfnisse hinten an. | Achten Sie verstärkt auf Ihre eigenen Bedürfnisse und gehen Sie bewusster mit Ihrer Work-Life-Balance um. Planen Sie aktiv Freizeitaktivitäten wie Sport oder Ausgehen mit Freunden ein. |
76-90 Punkte | Sie verdrängen Ihre eigenen Bedürfnisse und ignorieren Konflikte. Auf Hinweise aus dem privaten Umfeld, dass Sie Ihre Familie und Freunde vernachlässigen, reagieren Sie gereizt. Schließlich muss das Projekt pünktlich abgeschlossen werden. Nur das zählt! | Systematisches Coaching kann Ihnen helfen, die Balance wiederzufinden und Ihre eigene Performance zu steigern – ohne dass Ihr Privatleben weiter leiden muss. |
91-120 Punkte | Ihre Freunde haben Sie seit Monaten nicht mehr gesehen. Dem Mittagessen mit den Kollegen gehen Sie aus dem Weg. Sie wollen nur noch Ihre Ruhe, nichts sehen, nichts hören. Ihr Verhalten ändert sich langsam, aber merklich. Sie konzentrieren sich nur noch auf Ihr Projekt und hoffen, dass bald alles vorbei ist. Dann können Sie sich auch wieder mit der Frage beschäftigen, wer Sie eigentlich sind. Doch bis dahin sind Sie einfach nur Projektleiter. | Sie sollten sofort handeln! Ein psychologisches Coaching hilft Ihnen dabei, Denk- und Verhaltensmuster zu erkennen, die Ihrer Resilienz im Wege stehen – und diese aktiv zu verändern. |
ab 121 Punkte | Sie mögen morgens nicht mehr aufstehen, spüren eine innere Leere und sind einfach nur noch erschöpft. Sie schlafen schlecht und haben körperliche Beschwerden, für die Ihr Hausarzt keine organischen Ursachen findet. Freunde wenden sich von Ihnen ab, weil Sie auf den Wunsch nach einem Treffen aggressiv reagieren. | Sie brauchen dringend Hilfe! Suchen Sie sich Rat bei einem Arzt, der sich mit Depressionen und Burnout auskennt. Nehmen Sie eine Auszeit und machen Sie eine Therapie, je nach Ausprägung des Burnouts mit einem sechs- bis zwölfwöchigen Klinikaufenthalt. |
Die oben beschriebenen Phasen finden sich auch in dem 12-Phasen-Modell nach Freudenberger & North wieder, das zur weiteren Einschätzung der persönlichen Resilienz herangezogen werden kann (Bild 1). Es beschreibt die einzelnen Stadien, die eine Person typischerweise bis zum Burnout durchläuft, wobei die Betroffenen auch einzelne Phasen überspringen bzw. sich in mehreren Phasen gleichzeitig befinden können.
Dietmar H. hat das 12-Phasen-Modell nach Freudenberger & North kennengelernt und für sich erkannt, dass er sich im Stadium 8, der wahrnehmbaren Verhaltensveränderung, befindet. Er hat sich vorgenommen, aktiv etwas gegen den drohenden Burnout zu unternehmen. Da er ahnt, dass vor allem seine Einstellungen der Dreh- und Angelpunkt seiner aktuellen Situation sind, will er hier beginnen und entscheidet sich für ein psychologisches Coaching.
Dabei stößt er auf das Thema "Glaubenssätze". Diese spielen in verschiedenen Therapie- und Coaching-Formen eine zentrale Rolle. So spricht der österreichische Therapeut und Philosoph Victor Frankl neben der Selbstverantwortung, der Freiheit und dem Willen zur Selbstverantwortung auch von den sog. Einstellungsmodulationen. Damit werden mit Blick auf die Veränderungsziele, die in der eigenen Verantwortung liegen, Glaubenssätze auf den Prüfstand gestellt und zielführend modelliert.
Dr. Andrew Shatté antwortet in seiner Resilienzempfehlung für die sieben Säulen der Resilienz mit den "Sieben Schlüsseln zum Erreichen innerer Stärke". Sein Ansatz: Gefühle werden Gedanken, Gedanken werden Worte und Worte werden Taten. Deshalb setzt er ähnlich wie Victor Frankl auch auf die Macht der Gedanken. Die sieben Schlüssel der Resilienz sind nach Shatté:
Stellen Sie sich vor, die Rahmenbedingungen für Ihr aktuelles Projekt verändern sich wieder einmal. Und Sie wissen schon jetzt, dass sowohl die zusätzlich erforderlichen Dokumentationen als auch die starren Strukturen das Zeitbudget weiter strapazieren werden. Außerdem sind gerade jetzt im Winter die Krankenstände der Projektmanager ungewöhnlich hoch, und zwei Krisen-Teilprojekte warten ebenfalls auf Ihren Einsatz. Zwei Projektmanager-Stellen sind seit vier Wochen immer noch nicht besetzt, obwohl Sie schon mehrfach darauf hingewiesen haben, dass ohne diese beiden Projektmanager der Zeitplan nicht einzuhalten ist. Business as usual?
Erinnern Sie sich an eine Herausforderung in einem Projekt und schreiben Sie diese auf: Was war Ihr erster Gedanke? Was waren die Folgegedanken? Wie verändern sich die Emotionen, wenn Sie jedem negativen Gedanken einen zuversichtlichen Gedanken entgegensetzen? Wie verändert sich dann Ihre Gefühlslage?
Ob das berühmte Glas halbvoll oder halbleer ist, liegt alleine an der persönlichen Einstellung und Gedankenwelt. Optimistische und zuversichtliche Projektleiter schätzen eine schwierige Situation realistisch ein, verlieren keine Zeit mit Selbstvorwürfen, die mit "Hätte ich doch lieber, …" beginnen, sondern wenden sich konzentriert der Lösung zu.
Schreiben Sie Ihre Liste der destruktiven Gedanken und eventuellen Selbstvorwürfen auf. In einem zweiten Schritt überlegen Sie, wie sich diese Herausforderung darstellt, wenn Sie an Ihre Stärken denken und wie Sie diese zur Lösung der Herausforderung einsetzen können. Was hat sich dadurch in Ihnen verändert?
Überzeugungen, wie ein Teammitglied sich zu verhalten hat, bestimmen nicht nur unsere eigene Gedankenwelt, sondern beeinflussen auch unser Handeln, Fühlen und unsere Reaktion – meist unbewusst. Dahinter stehen Werte und Muster, die selbst nach Jahren nicht auf Gültigkeit überprüft wurden. Ähnlich einer Formatvorlage sind diese starr und hindern uns daran, in Alternativen und Möglichkeiten zu denken – obwohl wir immer und immer wieder in das gleiche Reaktionsmuster fallen. Das Eisbergmodell unterscheidet im Wesentlichen die Sachebene und die emotionale, meist unbewusste oder unreflektierte Ebene.
Die Sachebene – die Spitze des Eisbergs – ist für alle gut sichtbar. Typische Sachthemen im Projektmanagement sind fehlender oder fehlerhafter Informationsfluss, destruktive Kommunikation, Meinungsverschiedenheiten, Erwartungsdruck oder auch Interessens- und Zielkonflikte. Die Konflikte auf der Sachebene werden (hoffentlich) meist bereitwillig angesprochen und offen diskutiert.
Die emotionale Ebene enthält die persönlichen Werte und Maßstäbe, Charaktereigenschaften, Erfahrungen, Erziehung und Glaubenssätze sowie Verhaltensmuster mit all ihren Stärken und Schwächen wie Versagensängste, Autoritätsängste, Unsicherheit oder übertriebenes Leistungsdenken, die eine adäquate Reaktion auf tägliche Herausforderungen unterbinden können.
Notieren Sie bitte, ohne lange nachzudenken, den ersten Gedanken, den Sie haben in Bezug auf
Wie sehr belasten diese Glaubenssätze Ihre Tagesarbeit, Ihren Kommunikationsstil, Ihr konstruktives Verhalten im Konflikt? Wie sehr stressen Sie diese Ergebnisse und machen Sie unzufrieden? Wenn Sie eine Bilanz der Ergebnisse ziehen, was muss sich in Ihrer Einstellungswelt verändern?
Die Aufgabenstellung ist klar, sie bedeutet zusätzliche Zeit, Energie und die Teammitglieder werden nicht gerade begeistert reagieren. Unerwartete Aufgabenstellungen verursachen schnell einen Tunnelblick, der das Denken in Optionen und Möglichkeiten verstellt. Der Entscheidungsdruck unter gewissen Prämissen verursacht zusätzlichen Stress. Nichts Neues; aber weniger resiliente Projektleiter finden genau diese Situation immer belastender.
Wie realistisch schätzen Sie wirklich die Herausforderung ein? Ist das Glas noch halb voll? Versuchen Sie mit gewohnten Entscheidungsmustern neue Situationen zu lösen? Welche Optionen gibt es außer der ersten gedanklichen Lösung noch? Wer kann Sie in der neuen Herausforderung am besten unterstützen? Wie steht es um Ihre Gelassenheit in der aktuellen Situation? Haben Sie noch Zugriff auf Ihre persönlichen Stärken in der Lösungskompetenz?
Ein japanisches Sprichwort sagt: Eine Stunde nachzudenken ist oft wertvoller als eine Woche zu handeln ohne nachzudenken.
Je geringer der Zugriff auf die eigenen Stärken – und das ist im subjektiv erlebten Stress keine Seltenheit –, desto destruktiver ist die Reaktion auf diese neue Herausforderung. Unwillkürlich tauchen die einschränkenden Prämissen des Projekts auf – manchmal größer, als es der Realität entspricht. Befürchtungen und unrealistische Ängste lassen die Herausforderungen größer erscheinen. Handlungsunfähigkeit und Ohnmacht sind Charakteristika des nicht resilienten Projektleiters. Kausalanalyse nennen es die Coaches. Es ist die Fähigkeit, ein Problem realistisch zu analysieren. Das schont Ressourcen und lenkt den Blick auf das Ziel und die möglichen Lösungen.
Was ist Ihre typische Reaktion auf Herausforderungen? Wie reagieren Sie im Stress? Wie begegnen Sie neuen Herausforderungen? Gab es für Sie Probleme im Projektmanagement, die Sie einmal wirklich nicht lösen konnten? Was könnte im schlimmsten Fall geschehen, wenn Sie keine Lösung fänden? Welche Alternativen gäbe es dann für Sie?
Dale Carnegy, ein amerikanischer Buch-Autor, schrieb in seinem Bestseller "Sorge dich nicht – lebe" einen empfehlenswerten Satz: "90 Prozent unserer Sorgen treffen gar nicht wirklich ein." Dennoch muss es gerade im Projektmanagement Präventionsszenarien für wirkliche Katastrophenfälle geben. Katastrophendenken benötigt jedoch keine Präventivszenarien, sondern eine bewusste Einstellungsveränderung, die eine furchterregende "Wenn-dann"-Denke durch ein konstruktives "Wie?" ersetzen.
Entspannung ist für nicht-resiliente Projektleiter geradezu ein Reizwort. Im Coaching entsteht bei Klienten der Eindruck, dass alleine schon der Gedanke an Entspannung zusätzlichen Stress verursacht. Wer sehr aufgeregt und angestrengt ist, hat oftmals nicht die nötige Kraft und Ruhe, um in einer Krisensituation die notwendige Gedanken- und Impulskontrolle vorzunehmen. Es gilt daher, eine gute und wirkungsvolle Entspannungstechnik für sich zu finden.
Diese Art der Emotionssteuerung beschreibt die Fähigkeit, auch unter Leistungsdruck den Fokus zu bewahren – selbst unter großen persönlichen Herausforderungen und Rückschlägen im Projekt. Resiliente Projektleiter reagieren selbst dann noch gelassen und mit Übersicht. Sie wissen um die Negativwirkungen unkontrollierter Kommunikation und unangemessener emotionaler Reaktionen.
Welche Reaktionen zeigen Sie in unerwarteten Situationen? Wie sehr sorgen Sie für einen Ausgleich zwischen Anspannung und Entspannung? Wie schnell können Sie nach einer akuten Stresssituation wieder auf "Normal-Modus" schalten? Welche Konsequenzen hätte es auf Ihre Projektleitungskompetenz, wenn Sie in Stresssituationen jederzeit Zugang hätten auf die Ressourcen "Gelassenheit", "Distanz gewinnen", "Meta-Ebene einnehmen" oder "Lösungen finden"? Was tun Sie dafür, diese Ressourcen zu stabilisieren?
Dietmar H. hat die Übungen dieser ersten sechs Schlüssel für sich gemacht. Er erinnerte sich an ein großes, internationales Projekt mit engem Zeitplan, bei dem es um viel Geld ging. Das Fatale: Er hat es mittendrin übernommen, weil der bisherige Projektleiter krank wurde. Trotz der bisherigen Erfolge hatte er auf einmal Angst. Richtige Angst. Denn das Überleben der Firma hing von diesem Projekt ab. In dieser Zeit hörte er die Kommentare aus seiner Kindheit wieder deutlich: Dass er nur Glück hätte, nichts könne. Da half es auch nicht, dass er dieses Projekt aufgrund seiner bisherigen Erfolge bekommen hatte.
Aus Sorge, dass andere seine vermeintliche Unfähigkeit bemerken könnten, hat er nur sehr eingeschränkt kommuniziert. So wollte er vermeiden, dass andere einen Überblick bekommen und eventuelle Fehlentscheidungen oder Verzögerungen im Projekt bemerken. Gleichzeitig erhöhte das den Druck auf ihn. Und schließlich hatte er durch seine eingeschränkte Kommunikation das "Frühwarnsystem Team" auf Eis gelegt; denn die Rückmeldungen aus dem Team sind häufig wichtige Indikatoren, dass etwas im Projekt nicht rund läuft. Er musste selber alles im Blick haben und konnte sich nicht mit jemandem austauschen.
Obwohl Dietmar H. das Projekt erfolgreich abgeschlossen hatte, behielt er Verhaltensweisen aus dieser Zeit bei, die ihm bis heute sein Leben erschweren. Auch der Gedanke, dass er wieder einmal nur Glück gehabt hat, lässt ihn bis heute nicht los. Aber war es wirklich so?
Er ruft sich Entscheidungen in konkreten Situationen in Erinnerung und sieht: Das war nicht immer Glück. Er hatte vorausschauend gedacht, sich Risikoszenarien überlegt und diese berücksichtigt. Auch wenn er den Eindruck hatte, spontan zu handeln, beruhten die Entscheidungen auf seiner Erfahrung aus vielen verschiedenen Projekten. Beispielsweise für bestimmte Teile zwei Lieferanten einzubinden statt nur einen, obwohl es zu höheren Kosten führte. Ohne diese Entscheidung hätte das erste Fahrzeug nicht wie geplant vom Band laufen können, da zwischen Entwicklung und Produktionsstart ein zu knapper Zeitraum lag.
Er erkennt aber auch, dass eine offenere Kommunikation, dass mehr Teamarbeit seine Situation deutlich entspannt hätte. Damit hat er zwei konkrete Ansätze, um sich aus seiner Situation zu befreien: Er will den destruktiven Denk- und Verhaltensmustern weiter auf den Grund gehen und Eisberg-Überzeugungen ablegen. Dazu nimmt er sich fest vor, seine Erkenntnisse fest in den "Projektalltag" zu integrieren, um nicht wieder in alte Verhaltensmuster zu verfallen.
Dieser Ansatz ist wichtig und Basis für eine langfristige Verhaltensänderung. Doch wie kann dies konkret gelingen? Statt einer abschließenden Übung einige Empfehlungen:
Dietmar H. hatte zwar anfangs die Notwendigkeit der Veränderung erkannt, fiel jedoch immer wieder in alte Verhaltensmuster zurück, sobald der Leistungsdruck zu stark wurde. Eine erneute Eskalation im Team und ein "emotionaler Ausraster" während eines Teamkonflikts brachten die Wendung. Mit der Unterstützung seines Vorgesetzten hat er sich für ein psychologisches Coaching entschlossen, das auf ihn ausgerichtet wurde. So begann er seine Resilienz zu stärken, wie er seine Karriere vor vielen Jahren "gebaut" hatte: systematisch, zielorientiert und konsequent.
Nach anfänglichen Rückschlägen wurde ihm seine Projektleiterrolle klarer, er konnte adäquat Teamkonflikten begegnen sowie mit Termin- und Erwartungsdruck umgehen. Sein persönliches Fazit: mehr Gelassenheit und mehr leisten, ohne auszubrennen. Sein zweites Fazit: Nicht nur er selbst hat durch eine bessere Work-Life-Balance davon profitiert, sondern auch seine Arbeitsbeziehungen und sein soziales Umfeld.