

Der Begriff "Agile Transformation" wird meist im Zuge der Digitalisierung verwendet und beschreibt die Nutzung agiler Methoden und des Agilen Mindsets bei der Durchführung der Organisationsentwicklung.
Der Begriff "Agile Transformation" wird meist im Zuge der Digitalisierung verwendet und beschreibt die Nutzung agiler Methoden und des Agilen Mindsets bei der Durchführung der Organisationsentwicklung.
Das Wort Begriff Transformation ist aktuell in aller Munde, aber dennoch nicht eindeutig definiert. Es gibt zahlreiche Disziplinen, in denen Transformation ein feststehender Begriff ist, z.B. in der Genetik, der Bodenkunde, der Mathematik, im Recht und der Linguistik.
Der Begriff stammt ab vom Lateinischen Verb "transformare", was umformen, verwandeln bedeutet. Es ist zusammengesetzt aus der Präposition "trans" (über, hinweg) und dem Verb "formare" (bilden, gestalten). Dieser Wortursprung deutet an, dass der Zustand vor und nach der Transformation grundlegend anders aussehen kann, sich aber das Ziel aus dem Ist-Zustand entwickelt.
Die Betriebswirtschaft (BWL) versteht darunter den Prozess einer wesentlichen Veränderung von einem aktuellen Stand hin zu einem erwünschten Ziel. Ein wichtiges Merkmal einer Transformation ist, dass es sich um eine grundlegende Richtungsänderung handelt, also tatsächlich eine wesentliche Veränderung ist.
In der BWL werden Transformationen oft mit großen, bahnbrechenden Entwicklungen verbunden, wie z.B. der Erfindung des Buchdrucks, der industriellen Revolution oder der aktuellen Phase der Digitalen Transformation, die maßgeblich durch die Erfindung des Internets und die verstärkte Nutzung digitaler Produkte vorangetrieben wird.
Der Begriff "Agile Transformation" bezieht sich in der Regel auf den Bereich der Digitalen Transformation und beschreibt die Nutzung agiler Methoden und des Agilen Mindsets (vgl. Glossareintrag Agiles Manifest) bei der Durchführung der Transformation. Der Begriff wird gerne verwendet, wenn es sich um eine Transformation in einem sich schnell verändernden Umfeld mit geringer Planbarkeit handelt. In einem solchen Umfeld haben agile Methoden einen deutlichen Vorteil gegenüber traditionellen Methoden. Oft fällt der Begriff im Zusammenhang mit Software- oder anderen Digitalisierungsprojekten in Unternehmen.
In der Managementliteratur, in Blogs und Whitepapers werden die Begriffe Transformation und Veränderung bzw. Change gerne synonym verwendet. Dabei haben sie eine unterschiedliche Bedeutung. Eine Transformation beinhaltet zwar Veränderung, allerdings betrifft diese Veränderung eine gesamte Organisation oder ein System, ist grundlegend, wird die Organisation daher tiefgehend verändern und ist ein Prozess von langer Dauer. Die Wandlung ist dauerhaft. Sie ist immerwährend, d.h. eine Transformation hat kein fest definiertes Ende (und oft auch keinen eindeutig definierten Anfang). Sie ist eine permanente Entwicklung. Allerdings wird ein Transformationsprojekt selbstverständlich mit einem Anfang und einem Ende versehen.
Eine Veränderung oder ein Change ist dagegen ein eng umschriebenes Projekt mit einem Ziel und einer festgelegten Dauer. Ein solches Change-Projekt setzt in der Regel an den Prozessen und Abläufen im Unternehmen an. Sein Ziel ist eine einmalige Veränderung, deren Zweck meist die Optimierung oder Anpassung bestehender Prozesse ist.
Der grundlegende Charakter einer agilen Transformation bringt es mit sich, dass verschiedene Dimensionen einer Organisation von der Transformation betroffen sind. Je nach Sichtweise werden vier bis acht Dimensionen genannt. Für agile Transformationen in der Digitalisierung gelten folgende Dimensionen als wichtig:
Zusätzlich werden folgende drei Dimensionen der Transformation häufig genannt:
Unabhängig davon, ob eine Transformation agil ist oder nicht, hat eine Transformation eine bestimmte Geschwindigkeit, die ggf. sogar vorgegeben bzw. gewünscht wird.
Rasche und Schmiedinger (2021) beschreiben, dass es von drei Fragen abhängt, welches Szenario geeignet ist:
Es kommen drei Szenarien zum Einsatz, die unterschiedlich radikal in die Aufbauorganisation eingreifen und eine unterschiedliche Geschwindigkeit haben. Jedes Szenario hat seine Vor- und Nachteile.
Geschwindigkeit | Szenario | Vorteile | Nachteile |
---|---|---|---|
Langsam, vorsichtig, Fokus auf lernen | Einzel- bzw. Leuchtturmprojekte |
Neue Arbeitsweisen und Techniken können ausprobiert werden Raum für Experimente und Fehler |
Begrenzte Wirkung Transformation breitet sich nur langsam aus Transformation breitet sich nur langsam aus |
Mittlere Geschwindigkeit, angelehnt an Start-ups |
Spin offs, Digital Labs |
Eigene Einheit, die neue, innovative Lösungen entwickelt, unabhängig und autonom Begrenzter Raum zum Experimentieren und Lernen Fokussierte Mitarbeitende |
Gefahr der "Parallelorganisation" im Verhältnis zur Mutterorganisation Werte- und Kommunikationskonflikte Fehlende Strategie zur Zusammenführung von Spin Off und Mutter erschwert Transformation
|
Schnell, extrem, radikal | Radikale Transformation | Klares Statement Chance, die gesamte Organisation rasch nach vorne zu bringen Big Chance in einem Schritt Nutzung des Momentums (falls vorhanden) |
Stress und Druck in der gesamten Organisation Gefahr von überdurchschnittlichem Verlust von Mitgliedern bzw. Personal Gut funktionierende Strukturen können zerstört werden |
Das Entwickeln einer fluiden Organisationen ist die hohe Kunst der agilen und flexiblen Unternehmenskultur. Eine solche Organisation folgt dem Leitbild der Agilität und generiert Wert über kleine, autonome und lose gekoppelte Einheiten, die sich konsequent am Markt und dessen Bedürfnissen ausrichten. Eine fluide Organisation ist – wie ihr Name schon andeutet – eine fließende Organisation, in der es wenig feststehende Strukturen gibt, dafür aber viel Agilität und projektbezogenes Arbeiten. Da-mit ist nicht führungsloses Chaos und Durcheinander gemeint, sondern Führung und Management mit einer besonderen Haltung, wie sie im Agilen Manifest beschrieben ist (siehe dazu "Was ist ein agiles Mindset?").
Es gibt eindeutig formulierte Visionen und Strategien, die allen ein klares Bild vom Ziel der Organisation vermitteln, eine klar kommunizierte Beschreibung der Daseinsberechtigung, des Purpose. Diese sind stark am Kunden und seinen Bedürfnissen orientiert. Sie dienen als Leitplanken für die notwendige Orientierung und sorgen für Bindung (siehe dazu "Eine Roadmap für die digitale Transformation").
Die Organisationskultur ist geprägt durch einen ständigen Wechsel von Stabilität und Labilität, mit permanenter Ausrichtung auf das Ziel und den Nutzen, den die Organisation stiften will bzw. den ihre Kunden brauchen. Die Kultur ist geprägt von Transparenz und Vertrauen. Dass diese Einstellung eine mitarbeiterzentrierte Führung verlangt, versteht sich fast von selbst. Die persönliche Weiterentwicklung der Mitarbeitenden steht im Mittelpunkt der Führung, denn fluide Unternehmen benötigen eine bestimmte Anzahl an reifen und reflektierten Persönlichkeiten. Führungskräfte moderieren daher eher, ermöglichen, coachen und geben den Takt vor, als dass sie Dinge managen und Ansagen machen (siehe dazu ebenfalls "Mit hybrider Führung die 'Neue Normalität' meistern").
Die Mitglieder der Organisation sind in wechselnden Teams organisiert, die sich der unterschiedlichen Aufgaben im Rahmen von Projekten annehmen. Es gibt eine ausgeprägte Fehler- und Feedback-Kultur. Diese dient dem dauernden Justieren der Prozesse, die iterativ gestaltet sind. Die netzwerkartige, sich ändernde Struktur, die in fluiden Unternehmen entsteht, braucht wenige, dafür aber klare Grundstrukturen und Schnittstellen. Innerhalb dieses Rahmens bewegen sich die verschiedenen Projektteams (siehe dazu "Schluss mit 'Lipstick Agile' - hin zur nachhaltigen Organisationsentwicklung!, Teil 2: Holokratische Meetingkultur und ein zweites Betriebssystem").
Eine fluide Organisation nutzt die Vorteile der Agilität, sodass sie auf etwas Neues (eine Marktveränderung oder die Änderung der Rahmenbedingungen) schnell und auch unkonventionell reagieren kann. Diese Zusammenarbeit über Abteilungs- und Silogrenzen hinweg braucht Mitarbeitende, die eigeninitiativ und freiwillig Verantwortung übernehmen, und sich dabei auch selbst organisieren. Von allen Seiten, sowohl von Mitarbeitenden als auch von Führungskräften, ist dabei eine offene Kommunikation notwendig, d.h. hierarchieübergreifend transparent und aktiv Informationen bereitstellen und einholen.
Durch die konsequente Ausrichtung einer Organisation auf den Kundennutzen entstehen sowohl Teams, die ein bestehendes Geschäft mit existierenden Kunden weiterentwickeln (sogenannte exploitive Teams) als auch Teams, die Innovationen entwickeln (explorative Teams). Beide Arten von Teams haben eine Existenzberechtigung innerhalb einer Organisation. Eine fluide Organisation ist dazu besonders gut.
Dimension |
Exploitive Teams |
Explorative Teams |
---|---|---|
Ziel |
Ausnutzen des Bestehenden |
Erkunden des Neuen |
Ähnlichkeit mit |
Etablierte Organisation |
Start-up |
Handlungsfelder |
Effizientes und effektives Abwickeln bestehender Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle |
Kreatives und wandlungsfreudiges Entwickeln neuer Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle |
Innovationsart |
Inkrementelle Innovation |
Radikale Innovation |
Maßstäbe |
Kosten, Profit, Margen, Produktivität |
Innovation, Wachstum, Meilensteine |
Organisationsstrukturen |
Formal, Routine, mechanisch |
Anpassungsfähig, agil, keine Routine, organisch |
Kultur und Verhalten |
Effizient, stabil, qualitativ hochwertig |
Risiko- und experimentierfreudig, schnell, flexibel |
Führungsstil |
Autoritär, top-down |
Visionär, involvierend |
Persönlichkeitstyp der Mitarbeitenden |
Umsetzend, spezialisiert |
Unternehmerisch, generalistisch |
Tabelle 2: Vergleich Exploitation und Exploration (Quelle: Wikipedia, 2021 und eigene Ergänzungen)
Was auf den ersten Blick unvereinbar aussieht, kann in der unternehmerischen Praxis durchaus verbunden werden. Dazu benötigen Organisationen die Fähigkeit zur Ambidextrie (Beidhändigkeit). Ambidextrie ist die Fähigkeit, die Flexibilität explorativer Teams mit der Effizienz exploitiver Teams zu verbinden (siehe dazu "Super selbstorganisiert! Nur die Arbeit bleibt liegen"). Es mag paradox klingen, aber Ambidextrie integriert sowohl kurz- als auch langfristiges Handeln und treibt eine Transformation voran.
Organisationen, die Ambidextrie beherrschen, können sich besonders gut transformieren. Das trifft in der Praxis paradoxerweise oft auf ältere Organisationen zu, die als eher träge und wenig wandlungs-fähig angesehen werden. Solch etablierte Unternehmen und Institutionen besitzen bei der Transformation den Vorteil, dass sie viel Erfahrung haben im Verfolgen langfristiger Ziele (siehe auch "Agile Verwaltung – wie Sie die Transformation erfolgreich gestalten").
Die Ausbildung dieser Fähigkeit kann in einer Organisation trainiert werden. Viel Verantwortung liegt dabei bei der Führungsetage. Dazu gehört eine selbstkritische Haltung dem eigenen Unternehmen gegenüber, die in Sachen Zukunftsfähigkeit und Innovationskraft Dinge weder beschönigt noch schlecht redet. Führungskräfte müssen die Spannung zwischen Exploration und Exploitation aushalten können und für sich und ihre Belegschaft Freiräume einplanen und eine optimale Balance zwischen beiden Formen finden.
Chancen, die sich durch die Transformation für eine Organisation eröffnen, sind u.a.:
Auf der anderen Seite bilden sich auch Risiken heraus, u.a.:
Der Begriff "Agile Transformation" wird meist im Zuge der Digitalisierung verwendet und beschreibt die Nutzung agiler Methoden und des Agilen Mindsets bei der Durchführung der Organisationsentwicklung.
Eine agile Transformation betrifft vorrangig die Dimensionen IT, Kultur, Organisation und Strate-gie/Vision. Zusätzlich gehören zu den wichtigen Dimensionen einer Transformation noch Personal/Menschen, Führung und Fehlerkultur.
Je nach Geschwindigkeit der Transformationen bieten sich Pionier-, bzw. Leuchtturmprojekte, Spin offs oder Digital Labs sowie radikale Transformationen an.
Fluide Organisationen vertreten das Leitbild einer agilen Organisation mit eigenverantwortlichen Teams. Sie verfügen über kleine, autonome und lose gekoppelte Einheiten, die sich konsequent am Markt und dessen Bedürfnissen ausrichten. Es gibt klar formulierte Visionen und Strategien, die stark am Kunden und seinen Bedürfnissen orientiert und als Leitplanken für die notwendige Orientierung dienen und für Bindung sorgen.
Durch eine konsequente Ausrichtung auf den Kundennutzen entstehen sowohl Teams, die ein bestehendes Geschäft mit existierenden Kunden weiterentwickeln (sogenannte exploitive Teams) als auch Teams, die Innovationen entwickeln (explorative Teams). Ambidextrie ist die Fähigkeit von Organisationen, die Flexibilität explorativer Teams mit der Effizienz exploitiver Teams zu verbinden.
Chancen einer Transformation sind u.a. eine gestärkte Marktposition, eine bessere Bindung von Kun-den und Belegschaft sowie das Sichern der Zukunftsfähigkeit. Zu den Risiken zählen der Verlust von Kunden und Teilen der Belegschaft und ggf. der Verlust der aktuellen Marktposition.